



BALDRIAN
Valeriana officinalis L.
WESEN: Erdung, Ableitung, Mutter Erde
Wesen und Signatur
Signatur
«Die Blüten des Baldrians entwickeln einen betörenden Duft. In einem blühenden Baldrianfeld mit seiner Spannungsgeladenheit durch Duft, Farbe und Form ist es kaum längere Zeit auszuhalten. Der Blütenstand ist eine Trugdolde, das heisst, er ist äusserlich ähnlich wie der Blütenstand von Doldengewächsen, obwohl er nicht so geordnet strukturiert ist wie dieser. Die Blütenfarbe ist weiss bis rosa und wirkt durchsichtig und leicht phosphoreszierend.
Nachdem der Baldrian verblüht ist, entstehen zur Fruchtzeit aus dem Kelch fedrig behaarte Borsten, die mit ihren filigranen, grauen Mustern das Bild der Pflanze prägen. Die Blätter sind gefiedert und haben tief schräg eingesägte Teilblätter. Das ganze Blatt vermittelt einen spannungsgeladenen, zerrissenen Eindruck wie von einem hochfrequenten, unregelmässigen Schwingungsmuster. Obwohl die Pflanze dekorativ ist, stellt sie wohl kaum jemand in einer Vase ins Wohnzimmer; dies nicht nur wegen des Dufts. Beim Pflücken knickt meistens der Stengel ab. Eigenartig, denn an seinem Standort ist der Baldrian recht standhaft. Aber offensichtlich verliert er seine Stabilität, wenn er abgeschnitten ist. Bei der Wurzel verändert sich der Charakter der Pflanze tiefgreifend. An einem daumendicken Rhizom hängen unzählige lange, dünne Wurzeln. Ausgegraben und gewaschen sieht die Wurzel wie ein langer, weisslicher Bart mit beinahe geraden Haaren aus. Die Wurzel beeindruckt durch ihre Fülle und ihren einfachen, parallelen Aufbau; Wurzel schmiegt sich an Wurzel. Der gesamte Wurzelstock ist – obwohl aus einer Vielzahl von Einzelwurzeln bestehend – ruhig und harmonisch. Man kann sich leicht vorstellen, wie fest der Baldrian mit seinen vielen Einzelwurzeln im Boden verankert ist und wie er diejenigen Energien zu erden und abzuleiten vermag, die in der Feingliedrigkeit und Spannungsgeladenheit der oberirdischen Pflanzenteile zum Ausdruck kommen. Am Geruch der Baldrianwurzeln, der noch intensiver als der Blütenduft, doch von ganz anderem Charakter ist, scheiden sich die Geister: Viele mögen ihn nicht leiden, doch dies ändert nichts daran, dass er meistens sehr tragend und beruhigend wirkt.
Eine Abhandlung über Baldrian wäre unvollständig, erwähnte man die grosse Vorliebe der Katzen für diese Pflanze nicht. Eine Baldrianpflanze, ins Freie gestellt, wird zum rege besuchten Anziehungspunkt für alle Katzen des Quartiers. Sie suhlen sich darin, versuchen ihn mit dem Kopf zu durchdringen, legen sich mit dem Rücken darauf und fressen davon (obwohl sie ansonsten alles Vegetarische verabscheuen). Katzen suchen bekannterweise im Gegensatz zu Hunden gerade diejenigen Orte auf, die durch Störfelder belastet und für den Menschen nicht zuträglich sind. Wir können ebenfalls feststellen, dass Katzen sich gerne zu Kranken ins Bett legen. Offensichtlich haben diese geschätzten Haustiere eine wichtige Funktion für den Menschen. Sie können Energien, die für den Menschen krank machend sind, assimilieren und ableiten. So haben wir eine energetische Symbiose zwischen Mensch und Katze, indem beide voneinander profitieren. Diese Beobachtungen bestätigen die bisherigen Erkenntnisse, dass Baldrianwurzeln einen energetisch ableitenden und abbauenden Charakter haben. Sie ziehen ein Übermass an Energie, die für die Sinnes- und Gedankentätigkeit benötigt wird, ab und bewirken so eine Besänftigung der nicht aufzuhaltenden, zehrenden Nerventätigkeit.»
Wesen
«Baldrian hat eine vermittelnde und ableitende Wesenskraft. Er leitet einen Überschuss an Nerven-Sinnes-Energie ab und erdet sie, er neutralisiert eine Überspannung an «Nervenelektrizität». Damit hilft Baldrian dem Menschentyp, der Gefahr läuft, den Boden unter den Füßen zu verlieren und zu schweben, der eine übersteigerte Gedankenaktivität mit Neigung zur Gedankenflucht entfaltet und eine Überempfindlichkeit der Sinne entwickelt. Solche Menschen haben oft etwas Durchsichtiges, Ätherisches. Durch seine erdende Wirkung stellt Baldrian das Gleichgewicht zwischen der Denk- und Sinnesaktivität und der Stoffwechselaktivität wieder her.
Die Schwierigkeit bei der Anwendung von Baldrian liegt darin, dass er eine ausgeprägte Polarität besitzt und bei gegensätzlichen Wesenszügen eingesetzt werden kann.
Grundsätzlich müssen Denken und Fühlen im richtigen Verhältnis zueinander, im Gleichgewicht stehen. Sind die Gefühle beherrschend, können keine strukturierten und vernünftigen Gedanken gefasst werden. Mangelt dem Denken jedoch die Durchwärmung durch das Herz, entstehen isolierte Denkprodukte, die nicht im Einklang mit den Lebensgesetzen der Natur und des Kosmos stehen und zu zerstörerischen Resultaten führen. Die Zerstörung kann dabei nach innen oder nach außen gerichtet sein. Nach innen entsteht eine übermäßige Zehrung der Lebenskräfte, eine Überreiztheit, Nervosität, Überempfindlichkeit. Dies entspricht dem oben beschriebenen Menschentyp. Die zerstörerischen Folgen des isolierten Denkens nach außen treten in unserer Zeit immer mehr zu Tage.
Dominieren die Gefühle, wird das Denken geschwächt; es läuft unkontrolliert, ausschweifend ab und kann nicht gezielt gehandhabt werden. Gefühle herrschen vor, nicht Sorgen. Gedanken machen sich selbstständig, sind aber Gefühlsgedanken, die um verletzte Gefühle, Lob und Tadel, Angenommensein oder Abgelehntwerden kreisen. Geschehnisse werden immer wieder durchdacht, eigentlich durchfühlt. Die Gedanken können nicht begrenzt werden, nicht beendet, schon gar nicht strukturiert. Eine innere Unruhe breitet sich aufgrund von Gefühlen aus.
Baldrian kann aufgrund seiner vermittelnden und erdenden Wesensart auch in solchen Situationen ausgleichend und sedierend wirken.»
Botanik
Valeriana officinalis L., der Echte Baldrian, ist eine zwei- bis mehrjährige Staude aus der Familie der Baldriangewächse (Valerianaceae). Seine unterirdischen Teile bestehen aus einem kurzen und walzenförmigen Wurzelstock an dem zusammengedrängt die Wurzel stehen. Diese können bis 30 cm lang werden und bilden reichlich feine Seitenwurzeln aus. Hierdurch entsteht ein sehr dichtes Wurzelgeflecht, welches die Pflanze sehr standfest im Boden verankert. Die unterirdischen Teile der Pflanze zeigen einen charakteristischen Geruch, den vor allem Katzen sehr mögen… Im ersten Vegetationsjahr treibt die Pflanze zunächst nur buschig stehende und unpaarig gefiederte Grundblätter aus. Zumeist erst im zweiten Jahr entstehen die Stängel mit den Blüten. An den senkrecht emporsteigenden, bis 150 cm hoch werdenden, Stängeln stehen die Blätter gegenständig. Auch sie sind unpaarig gefiedert, die Fiedern sind elliptisch bis schmal lanzettlich. An der Spitze trägt der Stängel den Blütenstand, die Blüten entstehen ab Mai bis in den August. Die Blüten selbst sind meist hellrosa gefärbt, sie können aber auch weiss sein und sie sind zu schirmförmigen Trugdolden vereinigt. Sie verströmen einen angenehmen Geruch. Ab August beginnen die Früchte heranzureifen, welche mit dem Wind verbreitet werden.
Verwendung
Bereits Hippokrates, die heilige Hildegard und auch Paracelsus kannten die Baldrianwurzel als wertvolle Arznei und noch heute ist der Baldrian eine der bekanntesten Heilpflanzen und Gegenstand intensiver Forschungstätigkeit. Auf dem Arzneimittelmarkt findet man zahlreiche Präparate, Tinkturen und Teedrogen. Die therapeutischen Hauptanwendungsgebiete von Baldrian sind Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen. Patienten, die Baldrian einnehmen, berichten über eine verbesserte Schlafqualität und Verbesserung der Schlaf- und damit verbundenen Störungen wie z.B. das «restless leg syndrome» oder Angstzustände, sowie auch Verbesserungen bei Unruhezuständen u.a. auch im Beriech Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). In der Homöopathie gehören zudem auch Ischiasschmerzen – dumpfe, pochende und ausstrahlende Nervenschmerzen, die ruckartig beginnen können und sich auch in einer erhöhten Empfindlichkeit der Muskeln, Muskelkrämpfen und Taubheitsgefühlen äussern können – zu den Anwendungsgebieten. Beruhigende und schlaffördernde Pflanzen – Baldrian, Hafer, Hopfen, Johanniskraut, Lavendel, Melisse, Passionsblume und weitere – können helfen den Einsatz synthetischer und häufig nicht gleich gut verträglicher Schlafmedikamente (Antihistaminika, Benzodiazepine), zu verringern oder gar zu ersetzen.
Inhaltsstoffe
Der Baldrian, Valeriana officinalis L., enthält ätherisches Öl, das vor allem aus Mono- und Sesquiterpenen besteht. Weitere typische Inhaltsstoffe sind diverse Säuren wie Essigsäure, Valeriansäure, Isovaleriansäure und Myristicinsäure sowie deren Esterverbindungen.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Bent, A., Moore, D., Patterson, M. & Mehling, W. Valerian for sleep : A systematic Review. Am J Med 119, 1005–1012 (2015).
- Shinjyo, N., Waddell, G. & Green, J. Valerian Root in Treating Sleep Problems and Associated Disorders—A Systematic Review and Meta-Analysis. J. Evidence-Based Integr. Med. 25, 1–31 (2020).
- Anheyer, D., Lauche, R., Schumann, D., Dobos, G. & Cramer, H. Herbal medicines in children with attention deficit hyperactivity disorder (ADHD): A systematic review. Complement. Ther. Med. 30, 14–23 (2017).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Valeriana officinalis L., radix. Eur. Med. Agency EMA/HMPC/1, (2016).
- BGA/BfArM (Kommission D). Valeriana officinalis (Valeriana). Bundesanzeiger 190a, (1985).
- BGA/BfArM (Kommission E). Valerianae radix (Baldrianwurzel). Bundesanzeiger 90, (1985).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.