



EFEU
Hedera helix L.
WESEN: Selbsterkenntnis, Überwindung von Angst, Anklammerung und Freiheit, Verbindung von Unterbewusstsein und Bewusstsein, Bewusstwerdung der Schatten, Aufbrechen von verhärteten Strukturen
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Efeu ist eine der grössten Mysterienpflanzen. Die Triebe des jungen Efeus mit den typischen fünflappigen Blättern kriechen durch feuchte, schattige Gründe und bedecken manchmal grössere Flächen des Waldbodens. Stellen sich ein Baum oder eine Mauer in den Weg, klammert sich der Trieb mit seinen Haftwurzeln daran fest und steigt empor zum Licht. Nach vielen Jahren – der untere Teil des Stamms ist jetzt dicht überdeckt mit Efeublättern – verzweigen sich die Seitentriebe. Sie streben weg vom stützenden Stamm und benötigen keine Haftwurzeln mehr. Nun kommt das Erstaunliche: Die Blätter der Seitentriebe sind anders geformt als die am Baum anliegenden Blätter. Viele Laien erkennen sie nicht als Efeublätter, obwohl sie bei einem mächtigen, baumumklammernden Efeu den Hauptanteil ausmachen. Sie sind nicht gelappt, sondern ungeteilt eiförmig. Man nennt die gelappten Blätter die juvenilen, die eiförmigen die adulten Blätter. Das heisst: Der Efeu hat Jugend- und Erwachsenenblätter mit verschiedenen Formen. Beide Blattformen sind lederartig, zäh und überdauern den Winter. Manchmal scheint ein Baum im Winter Blätter zu haben; es ist jedoch ein Efeu, der Stamm und Äste bis zur Krone umklammert. An den adulten Seitentrieben beginnen sich doldenartige Blütenstände zu entwickeln, die im Oktober erblühen und den Bienen einen letzten Nektar anbieten. Über den Winter entwickeln sich langsam die Früchte, die bis zum Frühling zu schwarzen Beeren heranreifen. Erwähnt sei noch ein wichtiger Inhaltsstoff: Efeu ist sehr reich an Jod, was sonst bei Landpflanzen unüblich ist und nur bei Meerespflanzen vorkommt. Der Efeu gehört zur Familie der Araliaceae, einer Pflanzenfamilie, die mit ihren Arten vor allem die Südhalbkugel der Erde besiedelt. Beginnen wir nochmals von vorne: Zuerst stellen wir also die juvenilen Triebe mit ihren Blättern fest, die wie fünfzackige Sterne aussehen. Nun machen wir ein Experiment. Wir nehmen einen jungen Efeutrieb und den Trieb einer beliebigen anderen Pflanze und setzen sie an einem beschatteten Standort direkt nebeneinander in die Erde. Was geschieht? Der Trieb jeder anderen Pflanze wächst zum Licht, der Efeu jedoch wächst in die entgegengesetzte Richtung, in den Schatten. Der Efeu strebt ins Dunkel des Waldes hinein. Wenn sich ihm ein Hindernis entgegenstellt und er daran emporsteigen muss, zeigen die fünfzackigen Blattsterne alle mit ihren Spitzen nach unten. Welch vielsagendes Symbol der Schattenwelt! Wenn der Efeu schliesslich nach Jahren auf seinem Weg im Zeichen des Schattens die höchsten Wipfel erreicht, so trägt er das Wesen des Schattens ans Licht. Es ist die Ausrichtung ins Dunkel, die den Efeu kennzeichnet, und es ist das Licht, das er erreicht. Dies steht nicht im Widerspruch zu den geistigen Gesetzen. Ganz ist nur derjenige, der die beiden Welten miteinander verbinden kann. Wer den Schatten flieht, wird sich nicht zum Licht erheben können, denn der Schatten wird ihn immer verfolgen und einholen. Die tiefen Gründe der Schatten, des Unterbewussten, müssen durchdrungen werden mit dem Licht der Selbsterkenntnis. Und hier sehen wir die tiefgründige Bedeutung des hohen Jodgehalts des Efeus. Jod ist das essenzielle Element für die Funktion der Schilddrüse. Dieses wichtige Organ bestimmt unser Wachstum und unsere Intelligenz. Ohne Schilddrüse wären wir dumpfe, unbewusste Wesen, bar jeglicher Fähigkeit zur geistigen Bewusstwerdung. Eine schwere Schilddrüsenunterfunktion führt zum so genannten Kretinismus (Zwergwuchs und zurückgebliebene geistige Entwicklung). Die Bewusstsein ermöglichende Wärme des Jods muss am Tor zur Schattenwelt erblühen (wie der Efeu im Herbst, am Tor zum Winter erblüht) und in der Kälte und Dunkelheit des Winters seine geistigen Früchte heranreifen lassen. Dem Efeu geht es nicht um die Pflege der Schatten, das Ausleben der niederen Triebe, sondern um ihr bewusstes Anschauen und Erkennen als Teil seiner selbst. Das ist etwas ganz anderes, als was die meisten Menschen spontan machen, nämlich vor den Schatten zurückweichen und sie verdrängen. Der Efeu versinnbildlicht die Verbindung zweier Welten; es ist eine Pflanze mit zwei Blattformen, den nach unten gerichteten Blättern der Unterwelt und den ganzen, eiförmigen Blättern der Lichtsphäre. So steigt der Efeu aus dem Süden bzw. dem Wasser (Symbole für das Unterbewusste) hinauf in den Norden bzw. das Land (Symbole für das Bewusste), beladen mit den Früchten der Selbsterkenntnis. Wer diesen Weg nicht geht – und dies trifft auf uns alle immer wieder in verschiedenen Phasen unseres Lebens zu –, wer den Weg zum Licht ohne die Durchdringung der Schatten gehen will, wird eingeholt von den Schemen der Angst, die ihn würgen wie der Efeu den Wirtsbaum. Eine wesenhafte Arznei aus den Efeublättern ist eines der grössten Heilmittel bei Übergangssituationen der seelisch-geistigen Entwicklung des Menschen.»
Wesen
«Die Wahrnehmung der inneren Bilder, Kräfte und Eigenschaften, die aus der Tiefe des Unterbewussten ins Bewusstsein aufsteigen, hat eine Schlüsselfunktion in der Seelenentwicklung des Menschen. Diese im Dunkel der Seelentiefe verborgenen Bilder, die oft als bedrohliche Schatten erscheinen, gehören ebenso zu unserer Ganzheit wie die uns bewussten und akzeptierten Eigenschaften. Der Bewusstwerdungsprozess ist oft mit existenziellen Problemen verbunden, da man sich vor den Schatten meist fürchtet und sie darum abweist und verdrängt. Die unbewusste Angst führt zur Enge in Seele und Körper. So wie Angst das »freie Atmen« der Seele einschränkt, führt sie auf der Körperebene zur Behinderung der Atmung in der Form von Symptomen wie Krampfhusten, Bronchitis oder Asthma. Das Wesen des Efeus ist die Verbindung des im Dunkeln liegenden Pols des Unbewussten mit dem sich im Licht befindlichen Pol des Bewussten. Schlüsselorgan für diese Verbindung ist die Schilddrüse, deren Funktion durch Efeu angeregt wird. Efeu löst psychisch bedingte Krampfzustände der Atmungsorgane und befreit die Atmung.»
Botanik
Der Efeu, (Hedera helix L.), ist mit seinen immergrünen Haftwurzeln fast jedem Kind bekannt. Als Holzpflanze gehört zur Familie der Araliaceae, die eigentlich mehr in den Tropen beheimatet ist. Der Efeu zeigt uns einige spannende Besonderheiten. Dies beginnt bereits bei den jungen Efeutrieben, die uns am Boden begegnen. Diese wachsen zunächst gezielt zum Schatten hin. Dies ist aussergwöhnlich, die meisten Pflanzen fühlen sich doch vom Licht angezogen. Erst wenn die Triebe des Efeus an einem Objekt angelangt sind, an dem diese nach oben klettern können, beginnen sie mit ihren Haftwurzeln auch zum Licht hin, also nach oben zu wachsen. Die Blätter des Efeus sind ledrig und wintergrün, oberseits dunkelgrün und glänzend. Es gibt zwei verschiedene Formen. Die Blätter des kletternden Jugendstadiums sind ganz anders geformt (fünflappig) als die Blätter, die der Efeu bildet, wenn er das Licht erreicht hat und aufhört zu klettern. Hier bildet die Pflanze die typischen eiförmigen Blätter des «Erwachsenenstadiums» und erst im Licht beginnt sie auch, mit typischen halbkugeligen Dolden und unscheinbaren gelbgrünen Blüten zu blühen. Diese Blüte findet im Herbst statt; da viel Nektar gebildet wird, herrscht ein reger Besuch von Insekten. Seine dunklen Früchte, die sich nach der Bestäubung entwickeln, reifen dann erst im Winter heran. Der Efeu ist im Übrigen kein «Schmarotzer», er dringt nicht mit seinen Wurzeln in andere Pflanzen ein und «stiehlt» ihnen Wasser und Nährstoffe. Trotzdem kann Efeu durch sein hohes Gewicht oder die Beschattung seinen Träger schädigen.
Verwendung
Der Efeu, Hedera helix L., spielte in Form von Kränzen bereits im klassischen Altertum eine kultische Rolle und wurde auch für ornamentale Darstellungen häufig genutzt. In den Schriften von Hippokrates wird der Efeu an vielen Stellen erwähnt. Hedera helix L. gilt als klassisches Husten- und Atemwegsmittel mit spasmolytischer, antitussiver und expektorierender Wirkung. Der Efeu wurde vor allem als reinigendes und auflösendes Mittel bei chronischen Katarrhen eingesetzt. Dies gilt insbesondere in Fällen mit starker Verschleimung. Der Efeu wird heute pflanzenheilkundlich und homöopathisch als hilfreiches Mittel bei produktivem Husten resp. akuten Entzündungen der Atemwege eingesetzt. Man findet den Efeu in verschiedenen Arzneimitteln in Form eines Tees, als Sirup, als konzentrierten Spezial-Extrakt in verschiedenen Darreichungsformen oder als (Ur-) Tinktur.
Inhaltsstoffe
Charakteristisch für den Efeu, Hedera helix L., sind Triterpensaponine (z.B. Glykoside des Hederagenins). Des Weiteren findet man ätherisches Öl, Flavonoidglykoside, Phenolcarbonsäuren und Polyacetylene.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- BGA/BfArM (Kommission E). Hederae helicis folium (Efeublätter). Bundesanzeiger 122, 2020 (1988).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen E-O. (Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 1993).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Hedera helix L., folium. EMA/HMPC/325716/2017 (2017).
- BGA/BfArM (Kommission D). Hedera Helix. Bundesanzeiger 29a, (1986).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.