



Millepertuis
Hypericum L.
WESEN: Lichtassimilation, Nervenkraft, Stabilität
Wesen und Signatur
Signatur
«Johanniskraut ist eine Pflanze des Mittsommers, sie blüht um den Johannistag (24. Juni). Sie gehört zur Familie der Hartheugewächse und wächst an Wegrändern, in Kahlschlägen, auf Brachwiesen sowie in Kiesgruben. Ihre auffallenden Merkmale sind die Stabilität des Stengels, die Lichthaftigkeit der Blüten, die «perforierten» ovalen Blätter und der in ihr enthaltene rote Farbstoff. Der Familienname Hartheugewächs sagt schon viel aus. Noch im Schnee des Winters stehen die starren, dürren Stengel des Johanniskrauts am Wegrand und wecken wehmütige Erinnerungen an vergangene Sommertage. Der Stengel ist fest und zweikantig (eine Seltenheit im Pflanzenreich) und strebt aufrecht mit einer leichten Spiralwindung und einem leichten Aufwärtsbogen (wie bei einer Wirbelsäule) zum Licht. Die zahlreichen kreuzweise gegenständig angeordneten, mehr oder weniger geradlinigen Seitentriebe sind schräg nach oben gerichtet, so dass jeweils zwei Seitentriebe ein auf die Spitze gestelltes, nach oben offenes gleichseitiges Dreieck bilden. Wie bei einer Figur, deren Arme empfangend schräg nach oben ausgestreckt sind. Lassen wir dieses Gerüst aus Stengel und Seitentrieben auf unser Gemüt wirken, so haben wir ein Bild von Stabilität und Gleichgewicht. Eine Waage, die sich im Gleichgewicht befindet. Dies gerade deshalb, weil wir im Gerüst eine hohe Ordnung, aber keine vollkommene Geradlinigkeit und Symmetrie finden. Alles ist leicht verdreht und gebogen und bringt so das Stabilitätsprinzip der Natur zum Ausdruck. Warum?
In der Natur herrscht ein weiser Plan, und alles ist nach einer bestimmten Ordnung gefügt. Wir finden in der belebten Natur Symmetrien, Zahlengesetzmässigkeiten, Kreisläufe, harmonikale Muster, Rhythmen, doch sie sind niemals mathematisch perfekt. Die mathematische Perfektion gehört in die Sphäre des Mineralischen, der Kristalle. Im Reich des Lebendigen bedeutet die absolute Ordnung Starre und Tod. Man weiss zum Beispiel, dass Patienten kurz vor einem Herzinfarkt einen Herzrhythmus haben, dessen Phasen absolut zeitgleich sind. Ein starres System kann nicht mehr reguliert werden und kippt bei der geringsten Störung.
Die goldgelben Blütenblätter des Johanniskrauts sind radiär symmetrisch, in einer Ebene ausgebreitet wie kleine Sonnenscheiben. Beim Anblick von oben fällt auf, wie sie von innen nach aussen verdreht sind. Die Johanniskrautblüten haben einen deutlichen Drehsinn und erinnern an kleine Windräder. In welche Richtung läuft die Drehung? Wir finden etwa in gleicher Zahl rechts- und linksdrehende Blüten – und dies ist eine Ausnahme im Pflanzenreich. Es gibt zwar andere Blüten, die ebenfalls einen Drehsinn haben, doch dieser läuft immer nur in dieselbe Richtung. Oleanderblüten zum Beispiel sind immer rechtsdrehend und Immergrünblüten immer linksdrehend. Besteht ein Gleichmass zwischen rechts und links, deutet dies auf ein «In-der-Mitte-Stehen» hin. Zur Johanniszeit findet der Wechsel vom aufbauenden Teil des Jahres (durch Rechtsdrehung symbolisiert) zum abbauenden Teil des Jahres (durch Linksdrehung symbolisiert) statt. Das Johanniskraut blüht nicht zufällig in der Mitte des Jahres (auch andere Pflanzen blühen zu dieser Zeit), sondern weil dies zu seinem innersten Wesen gehört. Dann, wenn die Tage am längsten, die Lichtkräfte am intensivsten sind, entfaltet Hypericum seine sonnenhaften Blüten und scheint deren Lichtenergie wie mit Rädern (vergleiche Chakras) aufzunehmen. Die Überfülle an Lichtkräften kommt eindrücklich in den sehr zahlreichen Staubfäden und Staubbeuteln zum Ausdruck, die strahlenartig, wie Funken versprühend, von der Blütenscheibe ausgehen. Die harmonisch geformten ovalen und ungestielten Blätter erscheinen wie punktiert durchlöchert (daher der Namenszusatz perforatum). In Wirklichkeit sind dies die durchscheinenden Zellen von Exkretbehältern. Hier besteht ein direkter Bezug zwischen der Signatur und der spezifischen Wirkung des Johanniskrauts bei Stichverletzungen. Dies hat auch eine seelische Dimension, da Johanniskraut auch bei seelischen Verletzungen eingesetzt werden kann. Beim Zerdrücken der Blüten oder Knospen zwischen den Fingern tritt ein blutroter Farbstoff aus. Es handelt sich um die Substanzgruppe der Hypericine. Auch die Hypericum-Urtinktur oder das Johannisöl sind tiefrot. Rot ist die Farbe der Aktivität und der Willenskraft. Durch diesen reichlich enthaltenen Farbstoff bringt das Johanniskraut zum Ausdruck, dass die assimilierten Lichtkräfte zu Willenskraft transformiert werden können.»
Wesen
«Johanniskraut hat von allen Heilpflanzen die stärkste Beziehung zum Licht. Die zur Zeit der Sommersonnenwende blühende Pflanze fördert die Aufnahme und Speicherung von Licht und dessen Umwandlung in Nervenkraft. Licht ist eine essenzielle Energiequelle für die Nerven, die Schnittstelle zwischen Körper und Seele. Wer zu wenig aus dieser Quelle schöpfen kann, da – konstitutions- oder situationsbedingt – die Lichtaufnahmefähigkeit geschwächt ist oder das Lichtangebot durch anhaltend trübe Witterung oder langen Aufenthalt in künstlich beleuchteten Räumen vermindert ist, wird trübsinnig und depressiv. Dann wirkt Johanniskraut aufhellend. Johanniskraut ist auch bei Verletzungen von Körper und Seele angezeigt. Depressionen als Folge erlittener physischer und psychischer Verletzungen und Kränkungen oder Schnitt- und Stichwunden mit Nervenverletzungen werden sehr erfolgreich behandelt. Das Nervensystem wird stabilisiert. Dosierung beachten!»
Botanik
Hypericum perforatum L., das Johanniskraut, ist eine sommergrüne Staude, die in ganz Europa verbreitet ist und auf eher trockenen und sonnigen Standorten vorkommt. Die Art gehört zur Familie der Johanniskrautgewächse (Hypericaceae), wird bis etwa 80 cm hoch und wächst aus ihrer spindelförmigen Wurzel aufrecht nach oben. Der sehr harte, verholzende Stängel des Johanniskrautes ist durchgehend zweikantig, was man sehr gut fühlen kann, wenn man mit den Fingern an ihm entlangleitet. Im oberen Teil verzweigt sich der Stängel ästig und die Seitentriebe wachsen schräg aufwärts und bilden dadurch ein auf der Spitze stehendes Dreieck mit dem Stängel in der Mitte. An den Stängeln und Seitentrieben sitzen die gegenständigen und oval eiförmigen bis länglich linealischen Blätter der Pflanze. Sie sind dicht mit hellen und durchsichtigen Öldrüsen besetzt sind und geben den Blättern ein «perforiertes» Aussehen. Dies hat der Art ihren Beinahmen «perforatum» eingebracht hat. Im oberen Teil der Pflanze bilden sich im Juni, meist um Johanni herum, die Blüten der Pflanze aus. Diese sind fünfzählig, sie blühen gelb, und stehen in Trugdolden zusammen. Betrachtet man die gelben Kronblätter genauer, wird man auf diesen, dunkle Flecken von Drüsen erkennen. Ausserdem lässt sich erkennen, dass die Kronblätter je eine flache Seite sowie eine gewölbte Seite haben. Hierdurch sind sie leicht asymmetrisch und die Blüte erhält als Ganzes die Form eines Windrades verliehen. Um das Zentrum der Blüte herum, stehen in mehreren Bündeln viele Staubblätter, die wie Strahlen nach aussen greifen und der Blüten hierdurch ein sonnenhaftes Aussehen geben. Aus dem ganz in der Mitte stehenden Fruchtknoten entwickelt sich nach der Befruchtung eine Kapsel, die zahlreiche kleine Samen enthält. Beim Zerreiben der Blüte zwischen den Fingern hinterlässt das enthaltene Hypericin eine blutrote Färbung.
Verwendung
Das Johanniskraut, Hypericum perforatum L., zählt seit dem Altertum über das Mittelalter und bis heute zu den bekanntesten Heilpflanzen überhaupt. Aus den zahlreichen naturheilkundlichen Anwendungsgebieten, haben sich heute mehrheitlich diejenigen aus dem Bereich der Nerven, der Psyche, der Verdauung und Wundheilung durchgesetzt. Geistige Erschöpfungszustände, Verdauungsbeschwerden, Verletzungen des peripheren und zentralen Nervensystems und Verstimmungszustände gehören zu den heutigen Anwendungsgebieten. Diese basieren auf dem homöopathischen Arzneimittelbild und oder langjähriger traditioneller pflanzenheilkundlicher Anwendung. Des Weiteren wird Johanniskraut zur Wundheilung bei Entzündungen und Verbrennungen der Haut eingesetzt. Für die äusserliche Anwendung sind ölige Zubereitungen aus Johanniskraut üblich (Rotöl). Johanniskraut zählt heute zu den am besten untersuchten Arzneipflanzen mit belegter klinischer Wirksamkeit und guter Verträglichkeit.
Inhaltsstoffe
Charakteristische Inhaltsstoffgruppen des Johanniskrauts sind Naphthodianthrone (Hypericin), Phloroglucinderivate (Hyperforin) und Flavonoide (Hyperosid). Des Weiteren sind Procyanidine, ätherisches Öl und phenolische Säuren enthalten.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Hypericum perforatum. EMA/HMPC/101303/2008 (2009).
- BGA/BfArM (Kommission E). Hyperici herba (Johanniskraut). Bundesanzeiger 228, (1984).
- BGA/BfArM (Kommission D). Hypericum perforatum (Hypericum). Bundesanzeiger 190 a, (1985).
- Linde, K., Berner, M. M. & Kriston, L. St John’s wort for major depression (Review). Cochrane Database Syst. Rev. (2008). doi:10.1002/14651858.CD000448.pub3
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil