SCHACHTELHALM

Equisetum arvense L.

WESEN: Gliederung, Strukturierung, Klarheit der Gedanken

Wesen und Signatur

Signatur

 «Der Ackerschachtelhalm ist eine Pionierpflanze, die Kiesgruben, Schuttplätze und Äcker besiedelt. Im Frühjahr treibt er fertile Sprosse mit den typischen, zapfenförmigen Sporenähren. Im Sommer erscheinen die grünen, quirlig verzweigten, sterilen Sprosse, die bis weit in den Herbst hinein erhalten bleiben. Der Schachtelhalm unterscheidet sich deutlich von anderen Pflanzen. Er besitzt nicht die übliche Gliederung der oberirdischen Teile in Stengel, Blatt und Blüte. Die Blätter sind reduziert auf kleine, den Stengel und die Seitentriebe an den Knoten umfassende Blattscheiden mit dreieckig-lanzettlichen Zähnen. Blüten fehlen ganz. Die Pflanzengestalt ist beschränkt auf Stengel und Seitentriebe. Es finden sich keine in die Fülle oder Breite gehende Formen. Alles ist begrenzt auf das absolut Notwendige, auf das Gerüst, das Skelett. Dieses Pflanzenskelett weist eine durchgehende Gliederung und Strukturierung auf: Stengel und Seitentriebe bestehen aus kleinen, an den Knoten ineinander geschachtelten Abschnitten (daher der Name). Es erscheint, wie wenn die Glieder bei den Blattscheiden ineinander gesteckt wären. Die einzelnen Stengelabschnitte lassen sich leicht auseinander ziehen und wieder zusammenstecken. Die Abschnitte sind hohl und weisen an der Aussenseite hervortretende Längsrippen auf, die der Oberfläche eine klare Struktur verleihen. Die im Frühling erscheinenden Sporangienähren sind geometrisch, ja fast mineralisch strukturiert. Sie weisen eine regelmässige, sechseckige Wabenstruktur auf. Beim Zerkauen von Schachtelhalm knirscht es zwischen den Zähnen, denn in das Grundgerüst der Zellwände ist Kieselsäure eingebaut. Die Pflanze weist einen sehr hohen Kieselsäuregehalt (Siliciumdioxid, Quarz) auf. Die dadurch bedingte Scheuerwirkung wurde früher zur Reinigung von Zinngeschirr (daher auch Zinnkraut) benutzt. Der Kieselsäuregehalt gehört zu den ausgeprägtesten Merkmalen dieser Pflanze. In gewissem Sinne ist der Schachtelhalm Pflanze gewordener Kristall. Die Kieselsäure ist im Innern so dicht und stark vernetzt, dass bei der Verbrennung die ursprüngliche Pflanzengestalt als weisses Aschegerüst erhalten bleibt. Das angedeutete Wesen der Strukturierung, Gliederung und Skelettbildung und der hohe Kieselsäure-(Silicium-)Gehalt wirken im Bindegewebe zusammen und führen zu einer Unterstützung der Knochenbildung. Das Bindegewebe hält nicht nur die Organe, Gefässe und Muskeln zusammen, aus dem Bindegewebe wird auch das Knochengewebe gebildet. Für die Knochenbildung ist Silicium essenziell. Siliciummangel führt zu verzögertem Wachstum und deformierter Knochenbildung. An den Stellen der Knochenneubildung im Bindegewebe reichert sich Silicium an. Es finden sich weitere Beziehungen zum Bindegewebe: Die sich auf das Wesentliche und Gerüsthafte begrenzende Formbildungskraft des Schachtelhalms kommt auf der organischen Ebene in der ödemhemmenden Wirkung zum Ausdruck. Schachtelhalm begrenzt den bei einem Ödem aus der Form geratenen Körperteil wieder auf seine ursprüngliche Dimension. Das Bindegewebe hat eine zentrale Funktion im Stoff- bzw. Informationstransport von den Blutkapillaren und Lymphgefässen bzw. den Nervenenden zu den Zellen und zurück. Die Stoffe und Informationen werden nicht direkt aus dem Kreislaufsystem bzw. dem Nervensystem in die Zellen geleitet, sondern der Austausch erfolgt über die im Bindegewebe gelegene Verbindung. Dies ist auch der Ort, wo im Übermass zugeführte oder im Stoffwechsel entstandene Giftstoffe deponiert werden. Die Ablagerung von Toxinen führt zu einer Behinderung der Transportfunktionen und der Informationsübertragung des Bindegewebes. In der Folge kommt es zu einer Beeinträchtigung der Regulation und weiter zu funktionellen Störungen. Bei einer ganzheitlichen Therapie ist die Reinigung des Bindegewebes demnach ein zentrales Anliegen. Hier bietet sich Schachtelhalm an. Interessant ist auch die Parallele zwischen der Verwendung von Silicium in der Technik bei Informationsübertragungssystemen in der elektronischen Datenverarbeitung und seiner biologischen Bedeutung im Bindegewebe. Auch wenn bisher erst die Funktion von Silicium bei der Knochenbildung bekannt ist, kann man vermuten, dass diesem Element auch bei der Informationsübertragung im Bindegewebe eine entscheidende Bedeutung zukommt.»

Wesen

«Das Wesen des Schachtelhalms ist gekennzeichnet durch die Beschränkung auf das absolut Notwendige, auf das Gerüst, auf die Struktur. Die Pflanze zeigt keine Formen, die in die Fülle gehen. Sie ist sehr reich an strukturierenden Mineralstoffen, insbesondere an Kieselsäure in kristalliner Gestalt. Sie ist gewissermaßen Pflanze gewordenes Mineral. Im Schachtelhalm sind diejenigen Kräfte verkörpert, die für eine klare Gliederung und Strukturierung des Denkens und der Formbildeprozesse erforderlich sind. Demzufolge ist der Schachtelhalm bei all jenen Zuständen angezeigt, in denen die Fähigkeit zur Struktur- oder Formbildung geschwächt ist. Dies äußert sich zum Beispiel in unklarem Denken oder in einem Mangel an Ordnungssinn und Organisationstalent. Der Mangel kann sich aber ebenso im Gegenteil äußern, in der Abhängigkeit von starren Strukturen, Normen und Ordnungen. Hervorzuheben ist auch die stärkende Wirkung des Schachtelhalms auf das Bindegewebe und das Skelett (insbesondere die Wirbelsäule), also auf diejenigen Systeme, die unseren Körper strukturieren.»

Botanik

Der Schachtelhalm, Equisetum arvense L., ist ein lebendes Fossil. Mindestens seit 150 Millionen Jahren gibt es Schachtelhalme, die unserer heutigen Art stark gleichen. Somit könnte es sich bei diesen um eine der ältesten, wenn nicht sogar um die älteste noch heute vorkommende Pflanzengattung handeln. Der Schachtelhalm überwintert mit seinen sehr tief in den Erdboden vorstoßenden Rhizomen unter der Erde. Im Frühjahr treibt er zunächst seine hellbraunen und fruchtbaren Sporentriebe mit ihren fast mineralisch anmutenden Sporenträgern aus. Diese verbreiten die Sporen, denn der Schachtelhalm gehört zu den Farnen. Hiernach treiben die typischen grünen vegetativen Triebe aus, welche bis zum Spätherbst erhalten bleiben und bis 50 cm hoch werden können. Dem Schachtelhalm fehlt die typische pflanzliche Gliederung in Stängel, Blatt und Blüte. Er wirkt effizient, klar gegliedert, strukturiert und geordnet, nichts an ihm ist Verschwendung, er wirkt dadurch gar nicht wie eine «gewöhnliche» Pflanze. Die Blätter des Schachtelhalms etwa, sind extrem reduziert und liegen als Scheide direkt dem Trieb an, wirtelig stehen viele Seitenäste vom Trieb ab. Der ganze Trieb ist in deutliche Abschnitte gegliedert, man kann diesen einfach auseinanderziehen. Berührt man die Pflanze, so wird man überrascht von der Festigkeit und der Struktur, die man wahrnimmt. Die Pflanze erhält diese durch Kieselsäureeinlagerungen, die in dieser Gattung besonders stark vertreten sind.

Verwendung

Der Schachtelhalm, Equisetum arvense L., blickt auf eine sehr lange naturheilkundliche Anwendungstradition zurück. Schon der Kräuterpfarrer Sebastian Kneipp lobt die vielseitigen Wirkungen dieses Heilkrautes. Während in der Vergangenheit vielfach Tees und auch äußere Anwendungen, wie Sitzbäder, üblich waren, haben sich heutzutage eher orale Einnahmeformen durchgesetzt: Frischpflanzenpresssaft, Flüssig- und Trockenextrakte und Tinkturen. Das Hauptanwendungsgebiet liegt in verschiedenen Therapierichtungen im Bereich der Nieren- und Harnwegserkrankungen. Die diuretischen Eigenschaften arzneilicher Zubereitungen aus Equisetum arvense L. können zur begleitenden Behandlung unkomplizierter Harnwegsinfektionen, bei Ödemen und zur Vorbeugung von Nierengrieß (Lithiasis) sinnvoll sein. Des Weiteren sind Gelenks- und Hautbeschwerden als Anwendungsgebiete in der Literatur erwähnt.

Inhaltsstoffe

Der Schachtelhalm enthält typischerweise Mineralische Bestandteile (ca. 10%), von denen ca. 2/3 auf Kieselsäure entfallen. Daneben finden sich vor allem Kaliumsalze. Zu den weiteren Inhaltsstoffen gehören Flavonoide, wie Quercetin- und Kämpferolglykoside.

Referenzen

  • Wichtl, M. et al. Teedrogen und Phytopharmaka. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 1997).
  • BGA/BfArM (Kommission E). Monographie: Equiseti berba (Schachtelhalmkraut). Bundesanzeiger 173, (1986).
  • Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
  • Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Equisetum arvense L., herba. EMA/HMPC/278089/2015 (2016).
  • BGA/BfArM (Kommission D). Equisetum arvense. Bundesanzeiger 109 a, (1987).
  • Dragos, D. et al. Phytomedicine in joint disorders. Nutrients 9, (2017).
  • Gilca, M., Tiplica, G. S. & Salavastru, C. M. Traditional and ethnobotanical dermatology practices in Romania and other Eastern European countries. Clin Dermatol. 36, 338–352 (2018).
  • Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).

Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.

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