LEXIKON DER HEILPFLANZEN
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Dieses Lexikon bietet einen kompakten Überblick über ausgewählte Heilpflanzen und ihre Eigenschaften. Im Mittelpunkt stehen das Wesen und die Signatur der Pflanze – ergänzt durch botanische Merkmale, Hinweise zur Anwendung und Informationen zu ihren Inhaltsstoffen.
Ein praktisches Nachschlagewerk für alle, die Heilpflanzen in ihrer Tiefe verstehen und sicher anwenden möchten.

ARTISCHOCKE
Cynara scolymus L.
WESEN: Selbstbeschränkung und Ausschweifung
Wesen und Signatur
Signatur
«Die Artischockenpflanze entwickelt eine massige Gestalt. Ihre Blätter sind weit ausladend, doppelt fiederschnittig geteilt und mit deutlichen Abständen zwischen den einzelnen Abschnitten. Der üppig vergrösserte Blütenkorb wird ausserordentlich schwer, und die zahlreichen Hüllblätter verschaffen ihm einen festen äusserlichen Halt. Sie sind innen fleischig und dienen – kurz vor der Blüte geerntet – als wertvolles Gemüse. Die Pflanze geht in jeder Hinsicht extrem in die Fülle und strotzt vor Saftigkeit. Das Blatt ist wässrig und von geringer Festigkeit. Ein Blattstück kann mühelos zwischen den Fingern zerrieben werden, es besitzt keine innere Struktur, die sich der Auflösung widersetzen könnte. Wenn man die Blätter bei der Ernte oder Verarbeitung kräftig anfasst, überziehen sich die Hände mit einer wachsartigen, zusammenziehenden Substanz. Es handelt sich dabei um die bitter schmeckenden Sesquiterpenlactone, die an der Oberfläche der Blattoberseite von Drüsenhaaren gebildet werden. Bei Regen können die Bitterstoffe leicht abgewaschen werden, da sie nur an der Blattaussenseite lokalisiert sind. Diese Stoffe wirken zusammenziehend und stehen somit in der Polarität zur auffälligen Üppigkeit der Pflanze. Die wachsartigen Bitterstoffe scheinen die Pflanze wie eine Schale von aussen zu umgeben und zu strukturieren. Die Artischocke bringt überschiessende Lebenskräfte zum Ausdruck, die von aussen gedämpft und strukturiert werden. Dieses begrenzende Prinzip, das von aussen auf das Wässrige im Innern der Pflanze wirkt, kommt in den Blüten besonders stark zum Ausdruck. Masslosigkeit erkennen wir in der sehr grossen und schweren Artischockenblüte, die aber durch den Mantel der zähen Hüllblätter begrenzt wird. Im Knospenstadium ist die Artischocke von den Hüllblättern vollständig umschlossen, und im Blütestadium bildet der Mantel nur eine geringe Öffnung als Raum für die feinen violetten Blütenhaare. Das Wesen der Pflanze, das eine strukturierende und formbildende Kraft hat, ist bei der Artischocke nicht bis ins Innere vorgedrungen. Es festigt und begrenzt den Körper vor allem von aussen, wie es im Tierreich z. B. bei einer Schnecke der Fall ist. In diesem Sinne ist die Artischocke die Schnecke unter den Pflanzen. Da sich das Wesen der Artischocke nicht so sehr mit der Materie verbunden hat, ist sein Beitrag als Wirkprinzip geringer als bei anderen Pflanzen. Andrerseits macht dieses eher schwach durchdringende Wesen die Artischocke gerade zu einem idealen Heilmittel bei Arteriosklerose. Bei dieser Krankheit erkennen wir ein Schwinden jugendlicher Lebenskräfte, worauf die strukturierenden Wesenskräfte des Menschen bis ins Innerste, bis in die Gefässe kristallisierend und verhärtend wirken. Man kann die Zubereitungen aus Artischockenblättern – regelmässig eingenommen – zu den besten Mitteln zur Vorbeugung gegen Arteriosklerose und zur Verzögerung von Alterungsprozessen bezeichnen.»
Wesen
«Das Wesen der Artischocke äußert sich in völlig gegensätzlichen Tendenzen. Einerseits bringt die Pflanze Üppigkeit und Fülle hervor, andererseits enthält sie ein Prinzip, das dieser Üppigkeit entgegenwirkt. In der Artischocke kommt das Gleichgewicht zwischen Ausschweifung und Selbstbeschränkung zum Ausdruck. Das Wesen dieser Pflanze unterstützt den Menschen im Bestreben, einen Ausgleich zwischen Maßlosigkeit und Verzicht zu finden. In der Annäherung an dieses Gleichgewicht können die Gedanken etwas von ihrer Schwere und Erdgerichtetheit verlieren und auf Höheres gerichtet werden. Durch ihre Bitterstoffe stärkt Cynara scolymus die Verdauungsvorgänge und stimuliert insbesondere die wirkungsvolle Umsetzung von Fetten.»
Botanik
Cynara scolymus L., die Artischocke, ist eine bis 2 m hohe distelartige Staude aus der Familie der Korbblütengewächse (Asteraceae). Aus ihrer Blattrosette treibt die Pflanze lange, oft unverzweigte Stängel, an deren Ende während des Sommers die kieferzapfen-ähnlichen Blütenstände gebildet werden. Die sehr massigen und grossen Laubblätter der Artischocke sind ein- bis zweifach fiederteilig, bisweilen sind sie auch ungeteilt. Sie werden bis 80 cm lang und 40 cm breit, sind an der Oberseite hellgrün und können vor allem im Jugendstadium weisslich behaart sein. Der Blattstiel ist sehr fleischig und geradezu wässrig. In den Monaten Juni bis Juli blüht die Artischocke mit den typischen, bis 15 cm grossen Blütenständen. Das, was wir als Artischocken-Blüte aus der Gemüseabteilung kennen, ist noch gar nicht die Blüte, sondern der nicht erblühte Blütenstand. Dieser entsteht in seiner charakteristischen Form durch einen fleischigen Blütenboden, der von einem stark ausgeprägten, eiförmigen Hüllkelch umschlossen wird. Die Blätter des Hüllkelches sind dachziegelartig angeordnet und weisen am Grunde ebenfalls fleischige Bereiche auf. Die röhrenförmigen und meist blauen Blüten erscheinen dann am Kopf des Blütenstandes. Die ganze Pflanze hat einen eigentümlichen, wachsartigen Geruch.
Verwendung
Die bitter schmeckende Artischocke ist fester Bestandteil der mediterranen Küche. Verzehrt werden die saftigen Hüllblätter und der fleischige Blütenboden. Eine weitere beliebte Form der Anwendung sind Frischpflanzenpresssäfte. Im pharmazeutischen Bereich werden Trockenextrakte und Tinkturen seit Jahrzehnten bei Verdauungsstörungen, chronische Leber-Galle-Störungen und Fettstoffwechselstörungen eingesetzt. Aufgrund des bitteren Geschmacks haben Artischockenpräparate eine anregende Wirkung auf die Produktion und den Abfluss der Galle (Cholerese) in den Verdauungstrakt. Dies wirkt sich insbesondere günstig auf die Fettverdauung aus und dyspeptische Beschwerden, wie Völlegefühl und Blähungen, werden gemindert. Daneben zählen arzneiliche Zubereitungen von Cynara scolymus L. zu wichtigsten pflanzlichen Heilmitteln bei Lipidstoffwechselstörungen, wie Hyperlipidämie. Zusammen mit den antioxidativen Eigenschaften erklärt dies auch den Einsatz der Artischocke im Bereich der präventiven Behandlung von Arteriosklerose.
Inhaltsstoffe
Cynara scolymus L. enthält pflanzliche Säuren wie z.B. Chlorogensäure, Flavonoide (Glykoside des Luteolins) und einen nicht zu vernachlässigenden Anteil an Sesquiterpenlactonen. Die Inhaltsstoffe der Artischocke haben einen leicht salzigen, kräftig bitteren Geschmack.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Cynara cardunculus L. (syn. Cynara scolymus L.), folium. EMA/HMPC/194014/2017 (2018).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Cynara cardunculus L. (syn. Cynara scolymus L.), folium. EMA/HMPC/194013/2017 (2018).
- BGA/BfArM (Kommission E). Cynarae folium (Artischockenblätter). Bundesanzeiger 122, (1988).
- BGA/BfArM (Kommission D). Cynara Scolymus. Bundesanzeiger 109 a, (1987).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




BALDRIAN
Valeriana officinalis L.
WESEN: Erdung, Ableitung, Mutter Erde
Wesen und Signatur
Signatur
«Die Blüten des Baldrians entwickeln einen betörenden Duft. In einem blühenden Baldrianfeld mit seiner Spannungsgeladenheit durch Duft, Farbe und Form ist es kaum längere Zeit auszuhalten. Der Blütenstand ist eine Trugdolde, das heisst, er ist äusserlich ähnlich wie der Blütenstand von Doldengewächsen, obwohl er nicht so geordnet strukturiert ist wie dieser. Die Blütenfarbe ist weiss bis rosa und wirkt durchsichtig und leicht phosphoreszierend.
Nachdem der Baldrian verblüht ist, entstehen zur Fruchtzeit aus dem Kelch fedrig behaarte Borsten, die mit ihren filigranen, grauen Mustern das Bild der Pflanze prägen. Die Blätter sind gefiedert und haben tief schräg eingesägte Teilblätter. Das ganze Blatt vermittelt einen spannungsgeladenen, zerrissenen Eindruck wie von einem hochfrequenten, unregelmässigen Schwingungsmuster. Obwohl die Pflanze dekorativ ist, stellt sie wohl kaum jemand in einer Vase ins Wohnzimmer; dies nicht nur wegen des Dufts. Beim Pflücken knickt meistens der Stengel ab. Eigenartig, denn an seinem Standort ist der Baldrian recht standhaft. Aber offensichtlich verliert er seine Stabilität, wenn er abgeschnitten ist. Bei der Wurzel verändert sich der Charakter der Pflanze tiefgreifend. An einem daumendicken Rhizom hängen unzählige lange, dünne Wurzeln. Ausgegraben und gewaschen sieht die Wurzel wie ein langer, weisslicher Bart mit beinahe geraden Haaren aus. Die Wurzel beeindruckt durch ihre Fülle und ihren einfachen, parallelen Aufbau; Wurzel schmiegt sich an Wurzel. Der gesamte Wurzelstock ist – obwohl aus einer Vielzahl von Einzelwurzeln bestehend – ruhig und harmonisch. Man kann sich leicht vorstellen, wie fest der Baldrian mit seinen vielen Einzelwurzeln im Boden verankert ist und wie er diejenigen Energien zu erden und abzuleiten vermag, die in der Feingliedrigkeit und Spannungsgeladenheit der oberirdischen Pflanzenteile zum Ausdruck kommen. Am Geruch der Baldrianwurzeln, der noch intensiver als der Blütenduft, doch von ganz anderem Charakter ist, scheiden sich die Geister: Viele mögen ihn nicht leiden, doch dies ändert nichts daran, dass er meistens sehr tragend und beruhigend wirkt.
Eine Abhandlung über Baldrian wäre unvollständig, erwähnte man die grosse Vorliebe der Katzen für diese Pflanze nicht. Eine Baldrianpflanze, ins Freie gestellt, wird zum rege besuchten Anziehungspunkt für alle Katzen des Quartiers. Sie suhlen sich darin, versuchen ihn mit dem Kopf zu durchdringen, legen sich mit dem Rücken darauf und fressen davon (obwohl sie ansonsten alles Vegetarische verabscheuen). Katzen suchen bekannterweise im Gegensatz zu Hunden gerade diejenigen Orte auf, die durch Störfelder belastet und für den Menschen nicht zuträglich sind. Wir können ebenfalls feststellen, dass Katzen sich gerne zu Kranken ins Bett legen. Offensichtlich haben diese geschätzten Haustiere eine wichtige Funktion für den Menschen. Sie können Energien, die für den Menschen krank machend sind, assimilieren und ableiten. So haben wir eine energetische Symbiose zwischen Mensch und Katze, indem beide voneinander profitieren. Diese Beobachtungen bestätigen die bisherigen Erkenntnisse, dass Baldrianwurzeln einen energetisch ableitenden und abbauenden Charakter haben. Sie ziehen ein Übermass an Energie, die für die Sinnes- und Gedankentätigkeit benötigt wird, ab und bewirken so eine Besänftigung der nicht aufzuhaltenden, zehrenden Nerventätigkeit.»
Wesen
«Baldrian hat eine vermittelnde und ableitende Wesenskraft. Er leitet einen Überschuss an Nerven-Sinnes-Energie ab und erdet sie, er neutralisiert eine Überspannung an «Nervenelektrizität». Damit hilft Baldrian dem Menschentyp, der Gefahr läuft, den Boden unter den Füßen zu verlieren und zu schweben, der eine übersteigerte Gedankenaktivität mit Neigung zur Gedankenflucht entfaltet und eine Überempfindlichkeit der Sinne entwickelt. Solche Menschen haben oft etwas Durchsichtiges, Ätherisches. Durch seine erdende Wirkung stellt Baldrian das Gleichgewicht zwischen der Denk- und Sinnesaktivität und der Stoffwechselaktivität wieder her.
Die Schwierigkeit bei der Anwendung von Baldrian liegt darin, dass er eine ausgeprägte Polarität besitzt und bei gegensätzlichen Wesenszügen eingesetzt werden kann.
Grundsätzlich müssen Denken und Fühlen im richtigen Verhältnis zueinander, im Gleichgewicht stehen. Sind die Gefühle beherrschend, können keine strukturierten und vernünftigen Gedanken gefasst werden. Mangelt dem Denken jedoch die Durchwärmung durch das Herz, entstehen isolierte Denkprodukte, die nicht im Einklang mit den Lebensgesetzen der Natur und des Kosmos stehen und zu zerstörerischen Resultaten führen. Die Zerstörung kann dabei nach innen oder nach außen gerichtet sein. Nach innen entsteht eine übermäßige Zehrung der Lebenskräfte, eine Überreiztheit, Nervosität, Überempfindlichkeit. Dies entspricht dem oben beschriebenen Menschentyp. Die zerstörerischen Folgen des isolierten Denkens nach außen treten in unserer Zeit immer mehr zu Tage.
Dominieren die Gefühle, wird das Denken geschwächt; es läuft unkontrolliert, ausschweifend ab und kann nicht gezielt gehandhabt werden. Gefühle herrschen vor, nicht Sorgen. Gedanken machen sich selbstständig, sind aber Gefühlsgedanken, die um verletzte Gefühle, Lob und Tadel, Angenommensein oder Abgelehntwerden kreisen. Geschehnisse werden immer wieder durchdacht, eigentlich durchfühlt. Die Gedanken können nicht begrenzt werden, nicht beendet, schon gar nicht strukturiert. Eine innere Unruhe breitet sich aufgrund von Gefühlen aus.
Baldrian kann aufgrund seiner vermittelnden und erdenden Wesensart auch in solchen Situationen ausgleichend und sedierend wirken.»
Botanik
Valeriana officinalis L., der Echte Baldrian, ist eine zwei- bis mehrjährige Staude aus der Familie der Baldriangewächse (Valerianaceae). Seine unterirdischen Teile bestehen aus einem kurzen und walzenförmigen Wurzelstock an dem zusammengedrängt die Wurzel stehen. Diese können bis 30 cm lang werden und bilden reichlich feine Seitenwurzeln aus. Hierdurch entsteht ein sehr dichtes Wurzelgeflecht, welches die Pflanze sehr standfest im Boden verankert. Die unterirdischen Teile der Pflanze zeigen einen charakteristischen Geruch, den vor allem Katzen sehr mögen… Im ersten Vegetationsjahr treibt die Pflanze zunächst nur buschig stehende und unpaarig gefiederte Grundblätter aus. Zumeist erst im zweiten Jahr entstehen die Stängel mit den Blüten. An den senkrecht emporsteigenden, bis 150 cm hoch werdenden, Stängeln stehen die Blätter gegenständig. Auch sie sind unpaarig gefiedert, die Fiedern sind elliptisch bis schmal lanzettlich. An der Spitze trägt der Stängel den Blütenstand, die Blüten entstehen ab Mai bis in den August. Die Blüten selbst sind meist hellrosa gefärbt, sie können aber auch weiss sein und sie sind zu schirmförmigen Trugdolden vereinigt. Sie verströmen einen angenehmen Geruch. Ab August beginnen die Früchte heranzureifen, welche mit dem Wind verbreitet werden.
Verwendung
Bereits Hippokrates, die heilige Hildegard und auch Paracelsus kannten die Baldrianwurzel als wertvolle Arznei und noch heute ist der Baldrian eine der bekanntesten Heilpflanzen und Gegenstand intensiver Forschungstätigkeit. Auf dem Arzneimittelmarkt findet man zahlreiche Präparate, Tinkturen und Teedrogen. Die therapeutischen Hauptanwendungsgebiete von Baldrian sind Unruhezustände und nervös bedingte Einschlafstörungen. Patienten, die Baldrian einnehmen, berichten über eine verbesserte Schlafqualität und Verbesserung der Schlaf- und damit verbundenen Störungen wie z.B. das «restless leg syndrome» oder Angstzustände, sowie auch Verbesserungen bei Unruhezuständen u.a. auch im Beriech Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung (ADHS). In der Homöopathie gehören zudem auch Ischiasschmerzen – dumpfe, pochende und ausstrahlende Nervenschmerzen, die ruckartig beginnen können und sich auch in einer erhöhten Empfindlichkeit der Muskeln, Muskelkrämpfen und Taubheitsgefühlen äussern können – zu den Anwendungsgebieten. Beruhigende und schlaffördernde Pflanzen – Baldrian, Hafer, Hopfen, Johanniskraut, Lavendel, Melisse, Passionsblume und weitere – können helfen den Einsatz synthetischer und häufig nicht gleich gut verträglicher Schlafmedikamente (Antihistaminika, Benzodiazepine), zu verringern oder gar zu ersetzen.
Inhaltsstoffe
Der Baldrian, Valeriana officinalis L., enthält ätherisches Öl, das vor allem aus Mono- und Sesquiterpenen besteht. Weitere typische Inhaltsstoffe sind diverse Säuren wie Essigsäure, Valeriansäure, Isovaleriansäure und Myristicinsäure sowie deren Esterverbindungen.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Bent, A., Moore, D., Patterson, M. & Mehling, W. Valerian for sleep : A systematic Review. Am J Med 119, 1005–1012 (2015).
- Shinjyo, N., Waddell, G. & Green, J. Valerian Root in Treating Sleep Problems and Associated Disorders—A Systematic Review and Meta-Analysis. J. Evidence-Based Integr. Med. 25, 1–31 (2020).
- Anheyer, D., Lauche, R., Schumann, D., Dobos, G. & Cramer, H. Herbal medicines in children with attention deficit hyperactivity disorder (ADHD): A systematic review. Complement. Ther. Med. 30, 14–23 (2017).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Valeriana officinalis L., radix. Eur. Med. Agency EMA/HMPC/1, (2016).
- BGA/BfArM (Kommission D). Valeriana officinalis (Valeriana). Bundesanzeiger 190a, (1985).
- BGA/BfArM (Kommission E). Valerianae radix (Baldrianwurzel). Bundesanzeiger 90, (1985).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




BÄRLAUCH
Allium ursinum L.
WESEN: Expansionskraft, Dynamik, Macht, Einfachheit
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Bärlauch ist ein einfacher Geselle. Man kann die Pflanze lange betrachten und nach irgendwelchen Besonderheiten in der Signatur suchen, man wird vorerst wohl kaum fündig. Die Pflanze hat einfache, lanzettliche Blätter, etwa 12 bis 20 cm lang und 3 bis 5 cm breit. Von oben betrachtet sind die Blätter sattgrün, von unten hellgrün. Die 4 bis 20 Blüten pro Pflanze sind zu einem doldenartigen Blütenstand zusammengefasst und sehen aus wie helle weisse Sterne mit sechs Zacken.
Beeindruckend am Bärlauch ist seine dichte und grossflächige Ausbreitung. Die Massenbestände bedecken im Frühling oft gewaltige Flächen von Laubwaldböden beinahe lückenlos und verbreiten einen intensiv durchdringenden, knoblauchartigen Geruch. Sein Geschmack ist sehr würzig, und die jungen Blätter ergeben eine beliebte Zugabe für Frühlingssalate. Wo der Bärlauch Fuss gefasst hat, bleibt für andere Frühlingspflanzen kaum mehr Raum. Kein anderes Kraut unserer Wälder hat eine dermassen flächendeckende vegetative Ausbreitungskraft, und kein anderer Duft ist dermassen dominierend wie der Bärlauchduft. Der Bärlauch hat also ein Erfolgsrezept. Worin besteht dies? Man könnte biochemische Erklärungen heranziehen wie diejenige, dass er bestimmte Substanzen ausscheidet, die das Wachstum anderer Pflanzen hemmen. Doch solche Antworten betreffen nur die Aussenseite der Dinge und werden dem Wesen nicht gerecht.
Immer wieder habe ich beobachtet, wie um Burgen und Ruinen der Bärlauch besonders prächtig gedeiht. Schon bevor ich es begründen konnte, spürte ich, dass das Wesen des Bärlauchs und das, was die Burgen einst verkörperten, etwas Gemeinsames haben. Worin mag die grosse Expansionskraft wohl begründet sein? Tauchen wir noch tiefer in die Signatur der Pflanze ein und betrachten wir ganz genau die Stelle nahe am Boden, wo die Blattstiele angewachsen sind. Wir bemerken, dass etwas mit der Pflanzengeometrie nicht ganz stimmt. Was uns als Blattoberseite erscheint, ist in Wirklichkeit die Unterseite. Der Bärlauch hat die Blattseiten verkehrt. Das kommt so: Die jungen Blätter streben steil nach oben. Ab einer gewissen Grösse kommt das schwerer werdende Blatt in eine überhängende Lage und wölbt sich nach hinten, so dass nun die Unterseite zur Aussenseite des Blattgewölbes wird. Im Bärlauch finden wir also eine Umkehr von Verhältnissen, es werden nicht die richtigen Seiten beachtet. Der Bärlauch breitet sich aus, indem seine Blätter in Wirklichkeit rückwärts gerichtet sind.
Wir fragten nach dem Erfolgsrezept, nun sind wir in der Lage, darauf eine Antwort zu geben. Beobachten wir Menschen, die zu grosser Macht gelangen, werden wir bei vielen feststellen, dass sie ihr Umfeld selektiv wahrnehmen. Sie schöpfen ihre Energie aus Vereinfachungen, indem sie gewisse Aspekte der Realität ausblenden. Das Gegenbeispiel dazu ist ein echter Philosoph, der nach der Wahrheit sucht. Sein Weltbild ist differenziert. Doch daraus würde er niemals die Kraft schöpfen können (abgesehen davon, dass er es gar nicht wollte), um zu Macht zu gelangen. Macht im äusserlichen Sinne (es gibt auch geistige Macht, die nichts damit zu tun hat) kann nur derjenige erlangen, der es mit der Wahrheit nicht immer genau nimmt, die Tatsachen (unbewusst oder bewusst) vereinfacht und damit oft umdeutet. Die ganze Energie wird zur Ausbreitung aufgewendet und nicht zur differenzierten Betrachtung der Realität. Es werden wechselnde Bündnisse geschlossen, je nach dem augenblicklichen Nutzen, ohne Rücksicht auf Gerechtigkeit und die Interessen anderer. Dass viele, die im Weg stehen, verdrängt und ungerecht behandelt werden, kümmert den Eroberer wenig, denn seine Expansionskraft und seine Erfolge geben ihm Recht und lassen ihn glauben, dass sie der Lohn für gerechte Taten seien. Obwohl vorwärts schreitend, ist seine Ausrichtung rückwärts gerichtet. An seinem breiten Rücken prallt alles ab. Und so fehlt ihm die Wahrnehmung für die Opfer, die er auf seinem Feldzug überrennt.
Trotzdem hat diese Wesensart auch positive Auswirkungen, denn sie ist ein Teilaspekt des praktischen Lebens, ohne den wir nicht auskommen. Die Vereinfachung und selektive Wahrnehmung ist in vielen Situationen angebracht. Wer immer nur eine absolut philosophische, differenzierte Betrachtungsweise anwendet, kommt bei vielen Aufgaben des praktischen Lebens nicht vom Fleck, weil alles ein Dafür und Dawider hat. Deshalb kann uns die Wesensart des Bärlauchs hilfreich sein, ohne dass wir darum befürchten müssen, zum Machtmenschen zu werden.»
Wesen
«Wenn der Bärlauch sich mit seinem intensiven Geruch im Frühling in den Wäldern ausbreitet, setzt er durch seine kraftvolle Gegenwart Siegeskräfte frei. Der Bärlauch ist ein äußerst machtvoller, durchdringender Frühlingsbote. Er besitzt eine ungeteilte Expansionskraft. Das Wesen dieser Pflanze symbolisiert einen Menschen, dessen Lebenskraft ganz in den Dienst der Ausbreitung und Machtentfaltung gestellt ist. Das Denken ist klar und einfach und primär auf das einmal gesetzte Ziel gerichtet. Was zur Erreichung dieses Ziels nützlich und praktisch ist, wird auch als richtig und wahr betrachtet. Obwohl der Wahrheit dabei manchmal Gewalt angetan wird und man einer komplexen Situation oft nicht gerecht wird, hat dies den Vorteil, dass die ganze Lebenskraft in eine fruchtbare Tatkraft umgesetzt werden kann und nicht durch ein zu stark differenzierendes Denken geschwächt wird. Das strukturierende Denken wird also der Lebenskraft untergeordnet. Es beschäftigt sich nicht mit der Frage nach dem, was an sich richtig ist, sondern mit dem, was nützlich und vorteilhaft ist.
Aus dieser Wesenskraft ergibt sich die große Heilkraft dieser Frühlingspflanze. Häufig dominieren beim modernen Menschen die strukturierenden Kräfte, und es kommt in der Folge davon zu sklerotischen Tendenzen im Gefäßsystem, zu Verhärtungen und Erstarrung von Gewebe und Gelenken. Der Bärlauch löst diese Tendenzen mit seiner durchdringenden Frühlingslebenskraft. Er versorgt die Blutzirkulation mit neuer Energie, regt die Willenskraft und den Tatendrang an. Bärlauch überwindet die durch Winter und Kälte symbolisierten Stauungs- und Verhärtungstendenzen in Körper und Seele.»
Botanik
Wer kennt ihn nicht, den Bärlauch (Allium ursinum L.), der zu den Liliengewächsen (Liliaceae) gehört? Er ist in Mitteleuropa heimisch und wächst gerne auf nährstoffreichen und mässig feuchten Böden in Laubwäldern. Dort tritt er flächendeckend und in großen Gruppen auf. Im Frühjahr treibt er aus einer Zwiebel seine 2 bis 3 elliptisch-lanzettlichen Laubblätter aus. Diese werden bis zu 20 cm lang. Die Blätter riechen stark und intensiv nach Knoblauch, so kann man einen Bärlauch-Bestand im Wald bereits aus der Ferne riechen. Bei seinen Blättern zeigt uns der Bärlauch etwas Besonderes: Das, was wir als Blattoberseite sehen, ist in Wahrheit die Blattunterseite und umgekehrt. Die Blätter des Bärlauches sind also gewendet! Ende April bis Mai schiebt sich dann ein unbeblätterter Stängel aus der Zwiebel, an dessen Spitze die weissen, sternförmigen Blüten erscheinen. Nach der Blühphase sterben die oberirdischen Teile der Pflanze rasch ab und treiben erst im nächsten Frühjahr aus der Zwiebel wieder aus.
Verwendung
Bärlauch, ist wahrscheinlich bereits seit Jahrtausenden als Lebensmittel und Medizin bekannt. Hinweise über die Verwendung des Bärlauchs findet man aus der Steinzeit, bei den alten Römern, beim griechischen Arzt Dioscorides, im Mittelalter und weiteren bekannten Kräuterkundigen wie Lonicerus. Seit langer Zeit wird der Bärlauch als magen- und blutreinigendes Mittel geschätzt. Ein typisches Anwendungsgebiet des Bärlauchs sowohl in der Homöopathie als auch in der Pflanzenheilkunde ist die Verdauungsschwäche. Des Weiteren findet der Bärlauch Gebrauch bei Erkrankungen der Atemwege und wird auch äußerlich unterstützend zur Wundheilung und Hautleiden eingesetzt. Die Verwendung des Bärlauchs in der Küche als Pesto und insbesondere als Frischpflanzensaft für Frühjahrskuren hat sich in der alpenländischen Volksmedizin bis heute durchgehend erhalten. Auch als Nahrungsergänzungsmittel ist der Bärlauch in heutiger Zeit erhältlich. Aus Sicht des Schweizer Kräuterpfarrers Johann Künzle ist der Bärlauch eine «der stärksten Medizinen». Lonicerus schreibt dem Bärlauch die gleichen Eigenschaften und Wirkungen wie dem Knoblauch zu, stufte den Bärlauch jedoch übergeordnet ein. Diese Sichtweise wird bis in die heutige Zeit hinein vertreten. Heute haben sich hauptsächlich zwei Anwendungsgebiete durchgesetzt. Zum einen dient Bärlauch als wertvolles Blutreinigungsmittel, was auch die begleitende Anwendung von Allium ursinum L. zur Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen und damit in Verbindung stehenden Beschwerden erklärt. Zum anderen wird Bärlauch als Reinigungsmittel für Magen und Darm genutzt.
Inhaltsstoffe
Bärlauch ist im Geruch dem Knoblauch sehr ähnlich. Hauptverantwortlich dafür sind die schwefelhaltigen Stoffe (z.B. Vinylsuflid). Des Weiteren findet man typischerweise phenolische Stoffe und Steroidglycoside.
Referenzen
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Sobolewska, D., Podolak, I. & Makowska-Wąs, J. Allium ursinum: botanical, phytochemical and pharmacological overview. Phytochem. Rev. 14, 81–97 (2015).
- BGA/BfArM (Kommission D). Allium ursinum. Bundesanzeiger 22a, (1988).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




BIRKE
Betula pendula
WESEN: Qualität, Ästhetik, Polarität von Leben und Tod
Wesen und Signatur
Signatur
«Welches Kind kennt sie nicht, die Birke, den einzigen Baum mit weisser Rinde? Weiss ist die Farbe der Reinheit, der Unberührtheit, des Brautkleids. Es ist die Farbe der Verheissung, denn das weisse Licht kann sich teilen in die fundamentalen Farben des Regenbogens. Weiss ist keine seltene Farbe im Pflanzenreich, es gibt zahlreiche schöne weisse Blüten. Der Begriff blütenweiss gilt als Synonym für höchste Reinheit. In der weissen Blüte begegnet uns ein Bild verheissungsvollen jungen Lebens. Ansonsten finden wir die weisse Farbe vor allem in der unbelebten Natur, wie zum Beispiel im Schnee. Der Anblick einer frisch verschneiten Landschaft berührt uns feierlich. Wir spüren die Reinheit, Frische und Erneuerung, die von der sanften, im Sonnenschein glitzernden Schneedecke ausgehen. Doch es wäre ein voreiliger Schluss, das Wesen der Birke – wegen ihrer weissen Rinde – mit Reinheit zu bezeichnen. Bevor wir die Bedeutung der weissen Birkenrinde deuten können, müssen wir das Wesen der üblicherweise braunen Rinde verstehen. Wenn wir einen Apfel aufschneiden und an der Luft stehen lassen, verfärbt er sich braun; die lebensabbauenden Oxidationsprozesse ergreifen die verletzten Zellen an der Schnittstelle des Apfels. Braun begleitet im Pflanzenreich immer den Abbau. Die Rinde ist braun wie die Erde, der Humus und besteht aus abgebautem Pflanzenmaterial, das nicht mehr von den Lebenssäften durchströmt wird. Die Rinde hat also eine wesenhafte Verwandtschaft mit der Erde. Beide befinden sich auf dem Weg von lebendiger Substanz zu mineralischer Substanz. Heisst dies nun, dass die weisse Birkenrinde noch blütenhaft und nicht erdhaft abgebaut ist? Nein, im Gegenteil. Denn schreitet der Abbauprozess weiter, entsteht als letzte Stufe das Mineral, die reine weisse Asche. In der Birke sehen wir einen Baum, dessen Rinde die vollständige Auflösung des Lebendigen symbolisiert, den Tod. Damit kommen wir zu der anderen Bedeutung von Weiss, wie sie vor allem in östlichen Kulturen erkannt wird, als Farbe der Trauer und des Todes. Jetzt erst haben wir ein vollständiges Bild dieser Farbe, denn in ihr liegt die Polarität des Anfangs und des Endes des Lebenskreises, der Verheissung des Lebens und des Todes. Scheinbar ferne Gegensätze liegen in Wirklichkeit nahe beieinander, denn sie werden durch die immerwährende Bewegung des Lebens zum Kreis geschlossen. Zwischen diesen Polen – beide symbolisiert durch Weiss – spannt sich die Lebenskraft, die uns bewegt. Das Wesen der lebendig kreisenden Bewegung ist es also, was uns in der Birkenrinde symbolhaft begegnet. Leben heisst Bewegung, Veränderung, Flexibilität. Die Birke ist ein äusserst beweglicher Baum. Besonders bei der Hängebirke – welche die arzneilich verwendeten Blätter liefert – sehen wir eine tänzerische Anmut der Bewegung, wenn der Wind durch ihre Zweige fährt. Die Zweige sind fein und elastisch, deshalb bedient man sich ihrer auch zur Herstellung von Reisbesen und Ruten. Im Frühling sind die Birken reich durchströmt von einem Überfluss an lebenserweckendem Saft, der oft zur Entschlackungskur getrunken wird. (Das zu diesem Zweck erforderliche Anzapfen der Birken sollte nur von Fachleuten vorgenommen werden, um den Baum nicht zu schädigen.) Die Birkenblätter verbreiten einen besonders lieblichen, süsslichen Duft, der unsere Seele mit Verjüngungskräften durchströmt.»
Wesen
«Die Birke vereint in sich die Gegensätze von Leben und Tod. Sie trägt Zeichen jung strömenden Lebens ebenso wie solche des Abbaus und der Mineralisierung. Wie ist es der Birke möglich, eine solch große Spannweite zu umfassen? Sie wurde in den Mythen oft als anmutig tanzende Jungfrau mit goldenem Haar dargestellt (Betula bedeutet hebräisch junges Mädchen). In der geschmeidigen Bewegung der Zweige im Wind, im goldgelben Frühlings- und Herbstkleid und in der reinweißen Rinde können wir diesen Vergleich nachempfinden. Tanz ist Rhythmus, Schwingung, Vibration. Anmutiger Tanz, ästhetische Gestalt, Ausstrahlung ist ein Bildnis von reiner Qualität, von Seelenkraft, die alle Gegensätze vereint. Es ist das seelische Prinzip, welches das Geistige mit der Materie verbindet, das Tote zum Leben erweckt und zwischen den größten Polaritäten vermittelt. Das Wesen der Birke ist Qualität. Unter dem Einfluss dieses Baumes empfindet die Seele Farben leuchtender, Töne klangvoller, Düfte aromatischer. In seinem Wirkungsbereich erscheinen Gestalten lebendiger, unsere Sinne werden befähigt, Ästhetik und Harmonie zu erschauen. Birkenblättertinktur ist das angezeigte Mittel, wenn die Welt als matt und grau empfunden wird, wenn man von Kräften der Erstarrung und Kälte zu sehr umklammert wird. Lässt der jugendliche Schwung in den Gedanken und Gefühlen nach, geht die Freude an der körperlichen Bewegung verloren, dient die Birke als reich fließender Quell neuer Kräfte. Die Birke erreicht aber auch den gegensätzlichen Menschentyp, der zu leichtfüßig, zu tänzerisch durchs Leben geht. Den Menschen, dem das Leben eine Bühne zur Selbstdarstellung ist, der tiefe Bindungen scheut, der wie ein Schmetterling nach der Süße des Lebens hascht und dessen herbe Seiten verdrängt. Durch sein unverbindliches Verhalten hat er keinen tiefen Anteil am gemeinschaftlichen Band der Freundschaft und des Interesses, das die Menschen verbindet. Verbindung und Freundschaft wird im Organsystem von den Nieren repräsentiert. In der Aktivierung der Nierentätigkeit durch Betula erhalten solche Menschen die Möglichkeit, sich tiefer mit dem Leben und den Menschen zu verbinden.»
Botanik
Die Hängebirke (Betula pendula Roth) (Familie: Betulaceae Birkengewächse) ist ein Baum, der bis zu 30 m hoch werden kann. Birken sind sehr raschwüchsig und stellen oft die ersten Bäume die einen Landstrich besiedeln. So hat die Birke als einer der ersten Bäume nach den Eiszeiten Mitteleuropa wieder besiedelt. Heute kommt sie bevorzugt an Ufern von Gewässern, in Mooren und als Bestandteil von feuchten Wäldern vor. Ihr Stamm wird im Frühjahr intensiv von Säften durchströmt. Die Rinde junger Bäume ist schneeweiß und schält sich in horizontalen Streifen ab. Bei den älteren Bäumen weist vor allem der untere Stammteil eine rissige und wulstige Rinde auf, weiter oben ist sie hingegen glatt und weiß oder gelblichweiß. Die Äste der Birke stehen spitz winklig ab und sind stark überhängend. Die jüngsten Triebe weisen oft zahlreiche Harzdrüsen auf. Ihre Blätter sind im Umriss 3-eckig mit lang ausgezogener Spitze. Anfangs sind die Blätter sehr weich, dicht drüsig punktiert und klebrig. Hängebirken blühen in den Monaten April bis Mai mit kätzchenartigen Blütenständen, jedes Kätzchen kann mehrere Millionen Pollenkörner produzieren, die sehr weit verbreitet werden können. Eine Altbirke produziert auch mehrere Millionen Samen, die aber nur sehr kurzlebig sind. Die Birke vereint so überquellendes Leben und den Tod.
Verwendung
Die Blätter der Birke werden in der Pharmazie frisch oder getrocknet in Form von Kräutertees, pulverisiert oder zur Herstellung von Trocken- oder Fluidextrakten verwendet. Der Schwerpunkt der Wirkung der Birkenblätter liegt vorrangig auf einer Steigerung der Diurese bzw. Aquarese. Deshalb eignen sie sich auch für die Durchspülungstherapie bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Die Steigerung der Nierenleistung in Kombination mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr kann auch dabei helfen, die Bildung von Nierengriess zu vermeiden. In der naturheilkundlichen Fachliteratur werden Arzneizubereitungen aus Hängebirke „Folia Betulae“ auch zur begleitenden Behandlung von rheumatischen Beschwerden und Hauterkrankungen empfohlen. Dies verwundert nicht, da gerade eine Ausscheidungsschwäche der Niere bei den vorgenannten Krankheitsbildern vielfach eine Mitursache darstellt.
Inhaltsstoffe
Typische Inhaltsstoffe von Betula pendula Roth sind Flavonoide, wie Hyperosid oder Glykoside des Quercetins. Darüber hinaus sind Triterpenester, Phenolcarbonsäure und Ascorbinsäure enthalten. Auch Mineralien sind nachweisbar, darunter vor allem Kaliumtartrat. In den Birkenblättern finden sich auch kleine Mengen ätherischen Öls.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Betula pendula Roth and/or Betula pubescens Ehrh. as well as hybrids of both species, folium. EMA/HMPC/5, (2014).
- BGA/BfArM (Kommission E). Betulae folium ( Birkenblätter ). Bundesanzeiger 50, (1986).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




BRENNNESSEL
Urtica dioica L.
WESEN: Aggression, Wille, Selbstüberwindung, Blutreinigung, Eisen
Wesen und Signatur
Signatur
«Auf Spaziergängen oder im Garten werden wir gelegentlich von der Brennnessel überrascht und erfahren dabei ihre heftig brennende Wirkung. Eine Pflanze, die brennt, ist eine ungewöhnliche Erscheinung, und die Brennnessel bildet denn auch in dieser Hinsicht eine Ausnahme. Schmerzlich spürbares Hauptmerkmal der Pflanze sind die typischen Brennhaare, deren kugelförmige Spitze bei der leisesten Berührung abbricht. Dabei entsteht eine scharfkantige Kanüle, aus der das Gift in die geritzte Haut fliesst, was zu Brennen, Juckreiz, Quaddelbildung und Rötung führt. Das Gift besteht aus Stoffen, die sonst vor allem im Tierreich vorkommen (Acetylcholin, Serotonin, Ameisensäure).
Die Brennnesseln besiedeln übersäuerte, mit Stickstoff überdüngte Böden, und man trifft sie daher häufig um Alphütten, an Waldrändern und auf Schutthalden an. Sie erfüllen für diese Böden eine wichtige Funktion, indem sie ihnen den überschüssigen Stickstoff entziehen und damit das biologische Gleichgewicht wieder herstellen.
Der aus dem Boden aufgenommene Stickstoff wird in der Pflanze in Eiweissverbindungen umgewandelt. Der hohe Eiweissgehalt macht die Brennnessel zu einer attraktiven Futterpflanze für Raupen und andere Insekten. Die Raupen vieler bunter Schmetterlinge (Tagpfauenauge, kleiner Fuchs, Admiral) sind von dieser Futterpflanze abhängig. Brennnesseln sind manchmal derart dicht mit Raupen besiedelt, dass sie von diesen bis auf den Stengel kahlgefressen werden. Eine andere Folge des Eiweissreichtums ist der rasch eintretende Zersetzungs- und Fäulnisprozess, wenn man sie in Wasser einlegt, um eine Jauche zu bereiten. Brennnesseljauche ist ein wirksamer und beliebter Flüssigdünger im biologischen Gartenbau. Ein dichter Brennnesselbestand entwickelt an heissen, sonnigen Sommertagen einen kräftigen, herb würzigen Duft, dem eine Wesensverwandtschaft mit Tiergeruch nicht abgesprochen werden kann. Keine andere Pflanze besitzt eine derart ausgeprägte Beziehung zum Eisen. Die Brennnessel hat eine hohe Selektivität für das Metall und reguliert auf diese Weise Böden mit zu hohem Eisengehalt. Deponien und Schutthalden mit Alteisen sind denn auch beliebte Brennnesselstandorte.
Während ein hoher Eisengehalt sich nur bei wenigen Pflanzen findet, da Eisen in der Biochemie der Pflanzen keine spezifischen Funktionen besitzt, erfüllt es bei Mensch und Tier eine wichtige Funktion. Als Zentralatom des Häms, des roten Blutfarbstoffs, ermöglicht das Eisen die Bindung des Sauerstoffs im Blut, so dass dieser zu seinem Bestimmungsort in den Zellen transportiert werden kann. Damit ist das Eisen verantwortlich für eine der wichtigsten Aufgaben des Bluts, den Sauerstofftransport. Eisen kann deshalb als zentraler Funktionsträger in der Atmung bezeichnet werden, und es bildet die Basis für die Verbrennung der Nährstoffe.
Gewissermassen als Ausgleich zu dem im Pflanzenreich untypisch hohen Eisengehalt besitzt die Brennnessel einen hohen Chlorophyllgehalt. Chlorophyll, der grüne Pflanzenfarbstoff, ist das chemische, optische und funktionelle Spiegelbild zum Häm. Beide Verbindungen haben eine sehr ähnliche chemische Struktur mit dem Unterschied, dass Häm als Zentralatom ein Eisenion und Chlorophyll ein Magnesiumion besitzt. Im Weiteren ist erwähnenswert, dass sich die beiden Farben Grün und Rot spiegelbildlich verhalten. Sie sind Komplementärfarben. Die Funktion von Chlorophyll ist die Assimilation von Lichtenergie und deren Umwandlung in chemische Energie, die benötigt wird, um aus Wasser und Kohlendioxid Glucose aufzubauen und Sauerstoff freizusetzen. Glucose ist die Ausgangssubstanz für die Bildung sämtlicher weiterer energiereicher organischer Verbindungen. Chlorophyll bildet somit die Grundvoraussetzung für die Aufnahme der Sonnenenergie, deren Speicherung in Biomasse und der Freisetzung von Sauerstoff. Demgegenüber ermöglicht Hämoglobin die Aufnahme von Sauerstoff als Voraussetzung für die Verbrennung von Nährstoffen (Biomasse) zu Kohlendioxid und Wasser unter Freisetzung der gespeicherten Energie. Die Energie wird für Muskelkraft oder die zahllosen physiologischen Reaktionen verwendet, wobei als wesentliches Nebenprodukt Wärme frei wird. Man kann deshalb sagen, dass am Beginn der langen Reaktionskette, die unsere Blutswärme ermöglicht, das Eisen steht.
Die Blattgestalt der Pflanze enthält keine auffälligen Züge. Die Blätter sind scharf gezähnt, kreuzweise gegenständig und sehr regelmässig, rhythmisch am vierkantigen Stengel angeordnet. Zahlreiche andere Pflanzen, wie zum Beispiel die Taubnesselarten, besitzen ähnliche Blätter, obwohl sie einer ganz anderen Familie angehören. Allein die Blüten geben der Brennnessel einen unverwechselbaren äusseren Charakter. Die Blüten – es gibt männliche und weibliche, die getrennt, auf verschiedenen Pflanzen vorkommen – sind farblos und sehr klein, aber durch ihre grosse Anzahl prägen sie das Aussehen der Brennnessel vom Hochsommer bis in den Herbst. Wie helle, schmale Würstchen oder Raupen stehen sie vom Stengel ab und verleihen dem Blütenstand dadurch einen tierhaften Charakter.
An der Brennnessel können wir somit einige für Pflanzen untypische Merkmale erkennen, die sonst nur im Tierreich auftreten. Dies bedeutet, dass in ihrem Wesen gerade diejenigen Elemente hervortreten, die das Tierreich vom Pflanzenreich unterscheiden, das heisst die innere Triebkraft zur Bewegung und Veränderung im umfassendsten Sinn. Auf den Menschen bezogen sind dies Wille und Durchsetzungskraft.»
Wesen
«Aggression wird meistens mit einer negativen, zerstörerischen Aktivität in Verbindung gebracht. Doch Aggression, im ursprünglichen, positiven Sinn verstanden, beseitigt Hindernisse, damit sich neue Aktivität entfalten kann (lat. aggredi, etwas angehen). Sie entfernt das Alte, Verbrauchte, Kraftlose, Überfällige und schafft dadurch Raum für Neues. Aggression und schöpferische Tätigkeit gehören untrennbar zusammen.
Für die persönliche Entwicklung und Freiheit ist es wichtig, eine positive, das eigene Wesen anpackende Aggression in der Form von Selbstüberwindung und Wille zu entwickeln, um die Führung im eigenen Leben zu übernehmen und sich nicht durch Triebe beherrschen zu lassen. Fehlt der zügelnde Wille, können behindernde Neigungen und Bindungen nicht losgelassen werden, was zur Ansammlung von seelischen und körperlichen «Schlacken» führt. Auf der Körperebene häufen sich aufgrund einer Fehlernährung (üppig, eiweißreich) Schlacken (stickstoffhaltige Abbauprodukte, Harnsäure) im Blut an, und es kommt dadurch zu einer Einschränkung der Bewegungsfreiheit (rheumatische und gichtartige Beschwerden). Hier hilft die Brennnessel mit ihrer Aggression, indem sie die Möglichkeit schafft, erstarrte Strukturen in Seele und Körper dynamisch aufzubrechen. Aufgrund ihres Eisengehalts besitzt sie eine spezifische Beziehung zum Blut. Es ist die ins Blut getragene Aggression, die den Organismus von den alten, unbrauchbaren Stoffen befreit. Bei keiner anderen Pflanze ist der alte Begriff «Blutreinigung» derart zutreffend wie bei der Brennnessel.
Brennnessel ist ein hervorragendes Basistherapeutikum zur Behandlung von Allergien. Allergien sind überschießende Immunreaktionen auf an sich unschädliche Substanzen. Sie sind Ausdruck einer Abwehr, die auf einen vermeintlichen Feind gerichtet ist, Zeichen einer fehlgeleiteten Aggression. Das Wesen der Brennnessel kann die Abwehr wieder ins richtige Verhältnis rücken.»
Botanik
Wer kennt sie nicht, die Brennnessel (Urtica dioica L.)? Bis zu 2.50 m kann sie gross werden und begegnet uns gerne an mit Stickstoff belasteten Standorten, wie Ufern, Gräben, Wegen und Kulturland. An ihren Stängeln stehen kreuzgegenständig ihre zugespitzten Laubblätter mit ihrem grob gesägten Rand. Stängel und Blätter der Pflanzen sind mit Brennhaaren besetzt, welche wie eine Kanüle geformt sind und ihren brennenden Saft in die Haut desjenigen injizieren, welcher die Pflanze unachtsam berührt. Die Brennnessel weiss sich zu wehren! Mit ihren unterirdischen Ausläufern erobert sie gerne den Raum um sich herum, so dass sie sich immer weiter ausbreitet, wenn ihr die Bedingungen am Ort behagen. Ab Juli etwa beginnen die Pflanzen zu blühen. Es gibt weibliche und männliche Brennnesseln, die beiden Geschlechter sind aufgrund ihrer kleinen, und vor allem unscheinbaren, Blüten für den Laien oft nur schwer zu unterscheiden. Bei den männlichen Blüten lässt sich bei genauer Betrachtung etwas Spannendes beobachten. Ihre Staubblätter sind regelrecht in der Blüte verspannt wie in einem Katapult. Reift der Pollen heran erhöht sich, gerade bei warmem und trockenem Wetter diese Spannung immer mehr, bis sie sich in einem explosionsartigen Stäuben der männlichen Blüten entlädt. Nimmt man sich die Zeit, so kann man bei den männlichen Pflanzen kleine Pollenwolken entweichen sehen, die mit dem Wind auf die Reise gehen.
Verwendung
Die Brennnessel zählt zu den Heilpflanzen, die schon besonders lange in der Phytotherapie angewendet werden. Sie war schon zu Zeiten von Hippokrates bekannt und wird auch von der heiligen Hildegard und Paracelsus empfohlen. Pflanzenheilkundlich zählt die Durchspülung bei entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege zu den Hauptanwendungsgebieten. Die über die Niere ausleitende Wirkung der Brennnessel kann auch zur Vorbeugung von Nierengriess genutzt werden. Eine weitere traditionelle Anwendung ist die unterstützende Behandlung von rheumatischen Beschwerden und leichten Gelenkschmerzen, die aus naturheilkundlicher Sicht zumeist auf das Vorliegen einer harnsauren Diathese zurückgeführt werden können. Bei seborrhoischen Hauterkrankungen werden Zubereitungen aus Brennnessel ebenfalls traditionell eingesetzt. Zudem verwundert es nicht, dass zumindest die der Urtica dioica L. nahe verwandte Urtica urens nach klassischem Homöopathieleitsatz «Similia similibus curentur» bei nesselsuchtartigen Hauterkrankungen, sowie aber auch bei Nierenleiden und Gicht eingesetzt wird. Eine wichtige volksmedizinische Anwendung von Urtica dioica L. ist die Reinigung und die Kräftigung des Blutes.
Inhaltsstoffe
Die kräftig grüne Brennnessel, Urtica dioica L., ist reich an Chlorophyll, Carotinoiden und Vitaminen (C, B, K1). Aus der Gruppe der Mineralien sind vor allem Calcium, Kalium und Kieselsäure enthalten. Neben der Ameisensäure finden sich im Bereich der Brennhaare zusätzlich Amine wie Histamin, Serotonin und Cholin.
Referenzen
- BGA/BfArM (Kommission E). Monographie: Urticae herba (Brennnesselkraut); Urticae folium (Brennnesselblätter). Bundesanzeiger 76, (1987).
- Wichtl, M. et al. Teedrogen und Phytopharmaka. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 1997).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Kommittee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Community herbal monograph on Urtica dioica L. and Urtica urens L., herba. EMEA/ HMPC/170261/2006 (2008).
- BGA/BfArM (Kommission D). Urtica dioica. Bundesanzeiger 199a, (1989).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




EFEU
Hedera helix L.
WESEN: Selbsterkenntnis, Überwindung von Angst, Anklammerung und Freiheit, Verbindung von Unterbewusstsein und Bewusstsein, Bewusstwerdung der Schatten, Aufbrechen von verhärteten Strukturen
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Efeu ist eine der grössten Mysterienpflanzen. Die Triebe des jungen Efeus mit den typischen fünflappigen Blättern kriechen durch feuchte, schattige Gründe und bedecken manchmal grössere Flächen des Waldbodens. Stellen sich ein Baum oder eine Mauer in den Weg, klammert sich der Trieb mit seinen Haftwurzeln daran fest und steigt empor zum Licht. Nach vielen Jahren – der untere Teil des Stamms ist jetzt dicht überdeckt mit Efeublättern – verzweigen sich die Seitentriebe. Sie streben weg vom stützenden Stamm und benötigen keine Haftwurzeln mehr. Nun kommt das Erstaunliche: Die Blätter der Seitentriebe sind anders geformt als die am Baum anliegenden Blätter. Viele Laien erkennen sie nicht als Efeublätter, obwohl sie bei einem mächtigen, baumumklammernden Efeu den Hauptanteil ausmachen. Sie sind nicht gelappt, sondern ungeteilt eiförmig. Man nennt die gelappten Blätter die juvenilen, die eiförmigen die adulten Blätter. Das heisst: Der Efeu hat Jugend- und Erwachsenenblätter mit verschiedenen Formen. Beide Blattformen sind lederartig, zäh und überdauern den Winter. Manchmal scheint ein Baum im Winter Blätter zu haben; es ist jedoch ein Efeu, der Stamm und Äste bis zur Krone umklammert. An den adulten Seitentrieben beginnen sich doldenartige Blütenstände zu entwickeln, die im Oktober erblühen und den Bienen einen letzten Nektar anbieten. Über den Winter entwickeln sich langsam die Früchte, die bis zum Frühling zu schwarzen Beeren heranreifen. Erwähnt sei noch ein wichtiger Inhaltsstoff: Efeu ist sehr reich an Jod, was sonst bei Landpflanzen unüblich ist und nur bei Meerespflanzen vorkommt. Der Efeu gehört zur Familie der Araliaceae, einer Pflanzenfamilie, die mit ihren Arten vor allem die Südhalbkugel der Erde besiedelt. Beginnen wir nochmals von vorne: Zuerst stellen wir also die juvenilen Triebe mit ihren Blättern fest, die wie fünfzackige Sterne aussehen. Nun machen wir ein Experiment. Wir nehmen einen jungen Efeutrieb und den Trieb einer beliebigen anderen Pflanze und setzen sie an einem beschatteten Standort direkt nebeneinander in die Erde. Was geschieht? Der Trieb jeder anderen Pflanze wächst zum Licht, der Efeu jedoch wächst in die entgegengesetzte Richtung, in den Schatten. Der Efeu strebt ins Dunkel des Waldes hinein. Wenn sich ihm ein Hindernis entgegenstellt und er daran emporsteigen muss, zeigen die fünfzackigen Blattsterne alle mit ihren Spitzen nach unten. Welch vielsagendes Symbol der Schattenwelt! Wenn der Efeu schliesslich nach Jahren auf seinem Weg im Zeichen des Schattens die höchsten Wipfel erreicht, so trägt er das Wesen des Schattens ans Licht. Es ist die Ausrichtung ins Dunkel, die den Efeu kennzeichnet, und es ist das Licht, das er erreicht. Dies steht nicht im Widerspruch zu den geistigen Gesetzen. Ganz ist nur derjenige, der die beiden Welten miteinander verbinden kann. Wer den Schatten flieht, wird sich nicht zum Licht erheben können, denn der Schatten wird ihn immer verfolgen und einholen. Die tiefen Gründe der Schatten, des Unterbewussten, müssen durchdrungen werden mit dem Licht der Selbsterkenntnis. Und hier sehen wir die tiefgründige Bedeutung des hohen Jodgehalts des Efeus. Jod ist das essenzielle Element für die Funktion der Schilddrüse. Dieses wichtige Organ bestimmt unser Wachstum und unsere Intelligenz. Ohne Schilddrüse wären wir dumpfe, unbewusste Wesen, bar jeglicher Fähigkeit zur geistigen Bewusstwerdung. Eine schwere Schilddrüsenunterfunktion führt zum so genannten Kretinismus (Zwergwuchs und zurückgebliebene geistige Entwicklung). Die Bewusstsein ermöglichende Wärme des Jods muss am Tor zur Schattenwelt erblühen (wie der Efeu im Herbst, am Tor zum Winter erblüht) und in der Kälte und Dunkelheit des Winters seine geistigen Früchte heranreifen lassen. Dem Efeu geht es nicht um die Pflege der Schatten, das Ausleben der niederen Triebe, sondern um ihr bewusstes Anschauen und Erkennen als Teil seiner selbst. Das ist etwas ganz anderes, als was die meisten Menschen spontan machen, nämlich vor den Schatten zurückweichen und sie verdrängen. Der Efeu versinnbildlicht die Verbindung zweier Welten; es ist eine Pflanze mit zwei Blattformen, den nach unten gerichteten Blättern der Unterwelt und den ganzen, eiförmigen Blättern der Lichtsphäre. So steigt der Efeu aus dem Süden bzw. dem Wasser (Symbole für das Unterbewusste) hinauf in den Norden bzw. das Land (Symbole für das Bewusste), beladen mit den Früchten der Selbsterkenntnis. Wer diesen Weg nicht geht – und dies trifft auf uns alle immer wieder in verschiedenen Phasen unseres Lebens zu –, wer den Weg zum Licht ohne die Durchdringung der Schatten gehen will, wird eingeholt von den Schemen der Angst, die ihn würgen wie der Efeu den Wirtsbaum. Eine wesenhafte Arznei aus den Efeublättern ist eines der grössten Heilmittel bei Übergangssituationen der seelisch-geistigen Entwicklung des Menschen.»
Wesen
«Die Wahrnehmung der inneren Bilder, Kräfte und Eigenschaften, die aus der Tiefe des Unterbewussten ins Bewusstsein aufsteigen, hat eine Schlüsselfunktion in der Seelenentwicklung des Menschen. Diese im Dunkel der Seelentiefe verborgenen Bilder, die oft als bedrohliche Schatten erscheinen, gehören ebenso zu unserer Ganzheit wie die uns bewussten und akzeptierten Eigenschaften. Der Bewusstwerdungsprozess ist oft mit existenziellen Problemen verbunden, da man sich vor den Schatten meist fürchtet und sie darum abweist und verdrängt. Die unbewusste Angst führt zur Enge in Seele und Körper. So wie Angst das »freie Atmen« der Seele einschränkt, führt sie auf der Körperebene zur Behinderung der Atmung in der Form von Symptomen wie Krampfhusten, Bronchitis oder Asthma. Das Wesen des Efeus ist die Verbindung des im Dunkeln liegenden Pols des Unbewussten mit dem sich im Licht befindlichen Pol des Bewussten. Schlüsselorgan für diese Verbindung ist die Schilddrüse, deren Funktion durch Efeu angeregt wird. Efeu löst psychisch bedingte Krampfzustände der Atmungsorgane und befreit die Atmung.»
Botanik
Der Efeu, (Hedera helix L.), ist mit seinen immergrünen Haftwurzeln fast jedem Kind bekannt. Als Holzpflanze gehört zur Familie der Araliaceae, die eigentlich mehr in den Tropen beheimatet ist. Der Efeu zeigt uns einige spannende Besonderheiten. Dies beginnt bereits bei den jungen Efeutrieben, die uns am Boden begegnen. Diese wachsen zunächst gezielt zum Schatten hin. Dies ist aussergwöhnlich, die meisten Pflanzen fühlen sich doch vom Licht angezogen. Erst wenn die Triebe des Efeus an einem Objekt angelangt sind, an dem diese nach oben klettern können, beginnen sie mit ihren Haftwurzeln auch zum Licht hin, also nach oben zu wachsen. Die Blätter des Efeus sind ledrig und wintergrün, oberseits dunkelgrün und glänzend. Es gibt zwei verschiedene Formen. Die Blätter des kletternden Jugendstadiums sind ganz anders geformt (fünflappig) als die Blätter, die der Efeu bildet, wenn er das Licht erreicht hat und aufhört zu klettern. Hier bildet die Pflanze die typischen eiförmigen Blätter des «Erwachsenenstadiums» und erst im Licht beginnt sie auch, mit typischen halbkugeligen Dolden und unscheinbaren gelbgrünen Blüten zu blühen. Diese Blüte findet im Herbst statt; da viel Nektar gebildet wird, herrscht ein reger Besuch von Insekten. Seine dunklen Früchte, die sich nach der Bestäubung entwickeln, reifen dann erst im Winter heran. Der Efeu ist im Übrigen kein «Schmarotzer», er dringt nicht mit seinen Wurzeln in andere Pflanzen ein und «stiehlt» ihnen Wasser und Nährstoffe. Trotzdem kann Efeu durch sein hohes Gewicht oder die Beschattung seinen Träger schädigen.
Verwendung
Der Efeu, Hedera helix L., spielte in Form von Kränzen bereits im klassischen Altertum eine kultische Rolle und wurde auch für ornamentale Darstellungen häufig genutzt. In den Schriften von Hippokrates wird der Efeu an vielen Stellen erwähnt. Hedera helix L. gilt als klassisches Husten- und Atemwegsmittel mit spasmolytischer, antitussiver und expektorierender Wirkung. Der Efeu wurde vor allem als reinigendes und auflösendes Mittel bei chronischen Katarrhen eingesetzt. Dies gilt insbesondere in Fällen mit starker Verschleimung. Der Efeu wird heute pflanzenheilkundlich und homöopathisch als hilfreiches Mittel bei produktivem Husten resp. akuten Entzündungen der Atemwege eingesetzt. Man findet den Efeu in verschiedenen Arzneimitteln in Form eines Tees, als Sirup, als konzentrierten Spezial-Extrakt in verschiedenen Darreichungsformen oder als (Ur-) Tinktur.
Inhaltsstoffe
Charakteristisch für den Efeu, Hedera helix L., sind Triterpensaponine (z.B. Glykoside des Hederagenins). Des Weiteren findet man ätherisches Öl, Flavonoidglykoside, Phenolcarbonsäuren und Polyacetylene.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- BGA/BfArM (Kommission E). Hederae helicis folium (Efeublätter). Bundesanzeiger 122, 2020 (1988).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen E-O. (Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 1993).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Hedera helix L., folium. EMA/HMPC/325716/2017 (2017).
- BGA/BfArM (Kommission D). Hedera Helix. Bundesanzeiger 29a, (1986).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




ESCHE
Fraxinus excelsior L.
WESEN: Spannkraft, Ausdauer, Duldsamkeit, Tragfähigkeit, Zielgerichtetheit
Wesen und Signatur
Signatur
«Die Esche führt durch ihr Wesen der Duldsamkeit und Beugsamkeit dem geschilderten Menschentypen die erforderlichen Seelenkräfte zu.
Die Esche ist ein verbreiteter und häufiger Baum aus der Familie der Ölbaumgewächse (dazu gehören auch der Olivenbaum, Flieder, Jasmin, Forsythie und Liguster).
Das Holz der Esche ist ebenso hart wie das der Eiche, doch im Gegensatz zu diesem von höchster Elastizität. Es eignet sich daher besonders gut für Stiele von stark beanspruchten Werkzeugen und für Pfeilbogen. Früher wurden auch Flugzeugpropeller und Skier daraus gefertigt.
Jugendliche auf dem Land machen sich manchmal einen Spass daraus, auf junge Eschen zu klettern, um sich dann, an der Baumspitze hängend, langsam auf den Boden sinken zu lassen, was das ganze Bäumchen zu einem Riesenbogen spannt. Welch grausames Spiel mit einem Baum – doch kein anderer Baum als die Esche würde das ertragen.
Die Knospe ist der vitalste Teil einer Pflanze. Darin ist der ganze Trieb oder die ganze Blüte in Miniaturform enthalten und drängt zur Entfaltung. Eine Knospe birgt potenzielle Pflanzenenergie in höchstem Grad. Die Farbe, die diese Vitalität zum Ausdruck bringt, ist natürlich Grün, wie die der Blätter der meisten Pflanzen. Manchmal können Knospen auch rot sein und damit eine innewohnende Wärmekraft zum Ausdruck bringen. Würde es uns die Esche nicht zeigen, wären schwarze Knospen schwer vorstellbar. Die Esche hat also tatsächlich schwarze, samtartige Knospen und unterscheidet sich damit markant von anderen Pflanzen. Schwarz ist keine Farbe, sondern deren Abwesenheit, schwarze Flächen reflektieren kein Licht, Schwarz schluckt das lebensspendende Licht und ist darum in der belebten Natur sehr selten. Wir erkennen also einen enormen Gegensatz zwischen der Vitalität im Innern der Knospe und ihrer äusseren Farbe. Dieser Gegensatz erstaunt um so mehr, als die Esche zu den vitalsten und wuchskräftigsten Bäumen zählt.
Könnte das Eschenwesen durch diesen Gegensatz zum Ausdruck bringen, dass seine ganze Lebenskraft in den Dienst von anderen gestellt wird und nicht zur Vermehrung des eigenen Glanzes dient? Die Eschenblätter sind 9- bis 13-teilig gefiedert mit lanzettlichen, fein gezähnten Teilblättern. Die Anordnung der einzelnen Blätter folgt selbst in der mächtigsten Eschenkrone einem Plan, so dass immer noch direktes Sonnenlicht bis zum Boden dringen kann. Betrachtet man von unten her eine Baumkrone, ist die gleichmässige Beblätterung mit zahllosen Blätterspiralen deutlich zu erkennen. Blickt man – an einem sonnigen, nicht ganz windstillen Tag – wieder zu Boden, können wir uns an einem Spiel von tanzenden Lichtern im Schatten erfreuen. Das heisst, andere Lebewesen, die sich im Einflussbereich der mächtigen, schützenden Esche aufhalten, stehen nicht im Schatten, sie haben Zugang zum Licht, können sich ihrem Wesen gemäss entfalten.
Fallen die Blätter im Herbst, hinterlassen sie an den Zweigen auffallende Narben. Zweige von älteren Bäumen sind übersät mit solchen Blattnarben. Beim Verrottungsprozess der Eschenblätter gibt es ein bemerkenswertes, aber leider sehr seltenes und auch vielen Fachleuten unbekanntes Phänomen. Offensichtlich unter besonderen Temperatur- und Feuchtigkeitsbedingungen können verrottende Eschenblätter im Februar oder März einen wundervollen, blütenartigen Duft entwickeln. Ich habe einmal erlebt, wie ein ganzer Wald in dieser winterlichen Jahreszeit von Wohlgeruch erfüllt war. In der Auflösung der Lebenskräfte kann es geschehen, dass aus dem Eschenblatt etwas aufsteigt, was auf die Lebendigkeit des kommenden Sommers hindeutet.»
Wesen
«Der Menschentyp, den die Esche repräsentiert, ist mit einem zähen Durchhaltevermögen ausgerüstet. Hat er ein Ziel vor Augen, kann er eine fast grenzenlose Ausdauer und Geduld einsetzen, um dieses zu erreichen. Auch von Rückschlägen und Misserfolgen lässt er sich nicht beirren; misslingt ihm etwas, sieht er darin den Auftrag zu einer Optimierung, zu einem Neubeginn und nimmt seine Arbeit mit großem Elan sofort wieder auf. Dazu kann er sich abschotten und isolieren, bis das Ziel erreicht ist. Dies wird durch die schwarzen Knospen der Esche dargestellt. Mit ihrer dunklen Hülle schirmt sie das Innere vom Licht ab, um es zu bewahren, bis der Moment kommt, es ans Licht zu bringen.
Beim Bogenschießen verschmelzen Bogen, Pfeil (beides aus Eschenholz) und gespannte Sehne zu einer Einheit. Dieses Bild passt genau auf den beschriebenen Menschen, der alles zurücksetzt und sich anspannt zugunsten des anvisierten Ziels. Die Esche hat ein hohes Tragvermögen; sie stellt sich dabei aber nicht in den Mittelpunkt, sondern bleibt bescheiden. Sie ist der Prototyp des nicht auf schnellen Erfolg bedachten Wesens, dem das Ziel am wichtigsten ist.
Das Gegenteil dieses Verhaltens ist bei Menschen zu finden, die zu wenig Spannkraft, zu wenig Zielgerichtetheit aufbringen, um erfolgreich zu sein. Sie suchen die Schuld dafür bei äußeren Umständen oder bei anderen Menschen, grämen und ärgern sich darüber und lehnen sich dagegen auf. Es braucht nicht besonders betont zu werden, dass dieses Verhalten auf lange Sicht gesundheitliche Nachteile mit sich bringt. Ärger, Gram und der Kampf gegen vermeintliche Widerstände führen zu Fehlfunktionen im Körper. Chronische Entzündungsprozesse, rheumatische Beschwerden oder Polyarthritis können entstehen.
Die Esche führt durch die ihrem Wesen eigene Spannkraft, Tragfähigkeit und Beugsamkeit dem geschilderten Menschentyp die erforderlichen Seelenkräfte zu.»
Botanik
Fraxinus excelsior L., die Gewöhnliche Esche, ist ein bis 40 m hoch werdender sommergrüner Baum. Die, den Ölbaumgewächsen (Oleaceae) zugeordnete Esche, gehört damit zu den grössten einheimischen Laubbaumarten. Die wuchskräftige Art kann 200 bis 300 Jahre alt werden und findet sich gerne an feuchteren Standorten ein. Die Esche ist durch eine hohe Überflutungstoleranz gekennzeichnet und verträgt, je nach Pflanze, wenn sie bis zu 30 Tage oder mehr im überfluteten Uferbereich steht. Sie ist ein intensiver Tiefwurzler. Die Esche liefert ein wertvolles Holz, welches fast alle positiven Eigenschaften vereint, welche Holz besitzen kann: Elastizität, Biegsamkeit, Festigkeit, Splitterfreiheit und Dauerhaftigkeit. Die grünlich-graue Rinde der Esche ist anfangs glatt, später wird sie hellbeige und längsrissig. Die Esche zeigt meist einen gerade wachsenden Stamm, mit einer kugelförmigen, lockeren Krone. An ihren Zweigen zeigt sie die typischen und auffälligen schwarzbraunen Winterknospen. Aus diesen Knospen entfalten sich dann im Frühjahr zunächst die Blüten, was in warmen Jahren bereits im März passieren kann. Erst ab April bis in den Mai hinein entfalten sich dann die gegenständigen 20 bis 35 cm langen Blätter, welche unpaarig gefiedert sind. Sie weisen bis 15 Fiederblättchen auf, die meist 5 bis 11 cm lang und 1 bis 3 cm breit sind. Sie sind länglich oval bis lanzettlich, am Grunde keilförmig, lang zugespitzt und scharf gesägt. Eine ausgeprägte Herbstfärbung zeigt die Esche nicht. Die reifen Früchte der Esche werden mit dem Wind verbreitet. Um ihre Keimung auszulösen ist ein Kältereiz nötig. In einem Prozess der Nachreife wächst der Embryo dann über mehrere Monate im Boden zur vollen Grösse heran. Der junge, sich dann entwickelnde Keimling, wie auch die jungen Pflanzen, sind zunächst schattentolerant, ältere Eschen verlieren diese Toleranz aber und reagieren empfindlich auf Beschattung. Besonders in den letzten Jahren hat sich das sog. Eschensterben, ausgelöst durch einen Pilz, stark verbreitet und stellt heute für die Eschen in Mitteleuropa eine grosse Bedrohung dar.
Verwendung
Seit dem Altertum wird die Esche in der Literatur beschrieben und ist fest verankert in Mythologien und Sagen. So steht die Esche in der nordischen Mythologie als alles umfassender Weltbaum in hohem Ansehen. Durch das schnell nachwachsende harte Holz und einer Rinde, welche zum gerben und färben verwendet werden kann, gilt die Esche seit Jahrtausenden als sehr wertvolle Pflanze. Auch die medizinische Verwendung ist bereits seit Hippokrates bekannt. Medizinisch verwendet wurde der Saft, die Blätter, die Wurzeln, die Samen und die Rinde. Nebst der Anwendung als Antidot bei Schlangenbissen waren auch schon damals die bis heute in der Komplementärmedizin etablierte Anwendung der Esche als diuretisches und antirheumatisches Mittel bekannt.
Inhaltsstoffe
Hauptinhaltsstoffe der Esche sind phenolische Verbindungen: Flavonoide und phenolische Säuren wie Kämpferol und Quercetin, sowie Ferula- oder Kaffeesäure. Des weiteren sind unter anderem (Seco-)Iridoide, Triterpene, und Mineralstoffe enthalten.
Referenzen
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Fraxinus excelsior L. or Fraxinus angustifolia Vahl, folium. EMA/HMPC/239269/2011 (2012).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- BGA/BfArM (Kommission D). Fraxinus excelsior. Bundesanzeiger 109 a, (1987).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




FRAUENMANTEL
Alchemilla vulgaris aggr.
WESEN: Umhüllung, Behütung, Hervorbringung
Wesen und Signatur
Signatur
«Lassen Sie das Bild des Frauenmantels auf sich wirken! Bedarf es noch vieler Worte über die Signatur dieser Pflanze? Die gefässbildende Fältelung des Blattes spricht für sich und hat wohl immer wieder Anlass dazu gegeben, den Frauenmantel als überzeugendes Beispiel für die Signaturenlehre anzuführen. In dieser Hinsicht ist der Frauenmantel eine Ausnahme, denn die Signaturen der meisten Pflanzen erfordern eine sehr viel differenziertere Betrachtung. Auch die von den Wimpernhaaren des Blattrandes ausgeschiedene und sich im Blattgrund zum silbernen Tropfen vereinigende Flüssigkeit redet eine deutliche Sprache. Alchemilla verdankt ihren Namen der hohen Wertschätzung durch die früheren Alchemisten. Der Tautropfen aus ihrem Blattgrund wurde von ihnen gesammelt und als Ausgangssubstanz für die Herstellung von Elixieren verwendet. Sie ist gewissermassen die Alchemistin unter den Pflanzen. Einige weitere botanische Merkmale bringen ebenfalls das Wesen der Pflanze zum Ausdruck.
Die Frucht ist von einem weichen, glatten Kelchbecher umschlossen, mit diesem aber nicht verwachsen wie bei den anderen Gattungen und Arten aus der Familie der Rosaceae. Die Frucht entwickelt sich also geschützt, wie in einer Gebärmutter. Die meisten der zahlreichen Arten der Gattung Alchemilla sind apomiktisch, das heisst, sie entwickeln Früchte ohne Befruchtung. Sie entwickeln keinen normalen Pollen und die Staubbeutel platzen nicht, der Pollen wird nicht freigegeben.
Die Alchemillen sind sehr artenreich und unterscheiden sich oft nur durch schwer erkennbare Merkmale. Die exakte Bestimmung einer Pflanze ist meistens (selbst für erfahrene Botaniker) sehr aufwendig – oft sogar verwirrend – und generell nur möglich, wenn die Pflanze schon Früchte gebildet hat. Auf den ersten Blick könnte man meinen, dass die Alchemilla-Arten nicht klar definiert sind und einer starken Variabilität unterworfen sind, das heisst ihre Merkmale über die Generationen hin immer wieder leicht verändern. Es ist aber gerade das Gegenteil der Fall. Dem Fachbuch «Flora der Schweiz» von Hess, Landolt, Hirzel entnehmen wir: «Von allen Spezialisten der Gattung Alchemilla wird die Konstanz der kleinen Artunterschiede über grosse geografische Gebiete als einzig dastehendes Beispiel bei den Blütenpflanzen geschildert.» Die Alchemilla-Arten sind also – obwohl von schwer durchschaubarer Vielfalt – ausserordentlich stabil in ihrer Gestalt, sie sind in sich selbst ruhend. Das lebensbewahrende Wesen kommt auch darin zum Ausdruck, dass die Pflanze stark antioxidativ wirkende Substanzen enthält.»
Wesen
«Welche andere Pflanze könnte die Wesensart des gebärenden weiblichen Schoßes, der Gebärmutter, besser verkörpern als der Frauenmantel? Im geborgenen Grund ihres mantelartig umhüllenden, nach oben empfangend geöffneten, weichen Blattes bringt die «Alchemistin» (Alchemilla!) unter den Pflanzen in rhythmischer Gebärde einen silbernen Tautropfen hervor. Alchemilla steht für die Bejahung der weiblichen Rhythmen und des Frauseins. Frauen, die ihre Identität zu sehr auf ihre Gebärfähigkeit abstützen, oder Frauen, die Schwierigkeiten haben, diesen Aspekt ihres Frauseins zu integrieren, verhilft der Frauenmantel zu einer gewissen Distanz. Der Frauenmantel wirkt kühlend, das bedeutet, dass er körperliche und seelische überschießende Wärmeprozesse ausgleicht. Auch seine gewebestärkende Wirkung ist bekannt. Auf der seelischen Ebene stärkt er den Mut zur echten Weiblichkeit: Eine zu starke oder zu schwache Betonung des Frauseins wird ausgeglichen.»
Botanik
Alchemilla vulgaris aggr. ist der Gemeine Frauenmantel. Die sehr ausdauernde Pflanze wird bis etwa 30 cm hoch. Im Frühjahr beginnt Alchemilla ihre grossen und charakteristischen, rundlich-nierenförmigen Blätter zu bilden. Diese sind zu Beginn der Entwicklung zunächst wie ein Fächer eingefaltet, später dann meist trichterförmig ausgebildet. Die Blattfläche selbst ist in einige dreieckig trapezförmige Lappen geteilt, der Blattrand ist gezähnt. Wie bei einer Perlenkette aufgereiht sind an den Blatträndern oft Wassertropfen zwischen den Zähnen zu finden. Dieses Wasser wird aktiv von der Pflanze ausgeschieden und kann sich wie eine grosse Perle am Grunde des Blattes sammeln, da dessen Oberfläche wasserabstossend ist. Die Pflanze blüht in den Monaten Mai bis September mit sehr vielen aber unscheinbaren Blüten. Die Blüten selbst sind nur 2 bis 4 mm lang und 3 bis 4 mm breit, sie sind gelbgrün gefärbt. So mag man kaum glauben, dass der Frauenmantel zu den Rosengewächsen gehört, die uns meist mit ihren nahezu perfekten Blütenkompositionen erfreuen. Eine weitere Besonderheit gibt es auch noch zu berichten: Im Moment der Entfaltung der Frauenmantel-Blüte ist diese bereits befruchtet und trägt den Embryo in sich, Alchemilla ist also nicht auf eine Fremdbestäubung angewiesen.
Verwendung
Alchemilla ist eine wichtige Heilpflanze in der ganzheitlichen Frauenheilkunde. Es verwundert deshalb nicht, dass der Frauenmantel schon zu Zeiten der Germanen sehr geschätzt wurde und der Frigga, der Göttin der Natur und ihrer Fruchtbarkeit, geweiht war. Mit der zunehmenden Christianisierung wurden die traditionellen Anwendungen und Bedeutungen der Alchemilla von der Frigga auf die Jungfrau Maria übertragen. Der Schweizer Kräuterpfarrer Johann Künzle schreibt in seinem Buch: «Das Frauenmänteli stärkt die Muskeln der Frauen in geradezu auffallender Weise…». In der Literatur findet sich ein sehr breites Spektrum von Anwendungen für die Alchemilla in der Frauenheilkunde. Unter Anderem gehören Fluor, Menorrhagie, Unterleibsentzündungen und -schmerzen, unregelmäßige Menses, Erschlaffungszustände des Unterleibs, sowie Vor- und Nachbereitung von Geburten zu den typischen Anwendungsgebieten. Aus Sicht der Phytotherapie liefert der hohe Gerbstoffgehalt einen Hinweis für eine adstringierende, entzündungshemmende und antioxidative Wirkung. Daher wird der Frauenmantel pflanzenheilkundlich gerne bei Durchfallerkrankungen angewendet. Auch gemäß dem homöopathischen Arzneimittelbild wird der Frauenmantel bei Durchfall und Weissfluss eingesetzt.
Inhaltsstoffe
Zu den charakteristischen Inhaltsstoffen des Frauenmantels gehören Gerbstoffe, vorwiegend Ellagitannine mit dem Hauptinhaltsstoff Agrimoniin, daneben Laevigatin F und Pedunculagin. Des Weiteren findet man Flavonoidglykoside.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- BGA/BfArM (Kommission E). Alchemillae herba ( Frauenmantelkraut ). Bundesanzeiger 173, (1986).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- BGA/BfArM (Kommission D). Alchemilla vulgaris. Bundesanzeiger 22a, (1988).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




GÄNSEBLÜMCHEN
Bellis perennis L.
WESEN: Unberührtheit, Unschuld, Unversehrtheit, Kindlichkeit
Wesen und Signatur
Signatur
«Wer hat nicht als Kind Gänseblümchen gepflückt und daraus der Mutter ein Sträusschen gemacht? Klingt nicht ein ganz reiner, heller Ton in unseren Herzen an, wenn wir kleine Kinder dabei beobachten, wie sie Gänseblümchen pflücken und sich gegenseitig damit ihre Haare schmücken? Kinder fühlen eine innere Nähe zu dieser kleinen, bescheidenen Blume, die oft übersehen und getreten wird und sich dennoch ihre Unversehrtheit bewahrt. Das Gänseblümchen ist eine Rasen- und Wiesenblume. Es gehört zur artenreichen Familie der Korbblütler. Man kann den einfachen, klaren Aufbau des Blütenköpfchens wohl als Prototyp einer kindlichen Blume bezeichnen. Die Zungenblüten, beim Aufblühen rosa, werden später rein weiss, die Blütenscheibe ist ein einfacher, gelber Kreis. Wird der Rasen im Frühling zum ersten Mal gemäht und werden dabei die Blütenköpfchen abgehauen, geht es nicht lange, bis die Pflanze wieder neue Blüten bildet, nun aber mit kürzeren Stielen. Wird der Rasen noch kürzer gemäht, passt sich dieses Pflänzchen sofort wieder an. Es scheint unverwüstlich zu sein, es kennt nur eines: sein Blütenköpfchen nach oben zu recken und rein zu erhalten. Woher kommt diese Kraft, dieser Mut, dem man nichts anhaben kann? Die Pflanze hat eine ungewöhnlich widerstandsfähige Blattrosette, aus der sie immer wieder neue Kräfte mobilisiert.
Die zahlreichen Blätter sind alle bodenständig und bilden eine dichte Rosette. Beim genauen Betrachten der Blattstruktur nehmen wir scheinbar unvereinbare Eigenschaften wahr: derbe, fleischige Blätter, die dennoch einen starken Glanz ausstrahlen. Darin erkennen wir den Ausdruck von Robustheit und Vitalität. Beim Verblühen machen Pflanzen im Allgemeinen einen deutlich sichtbaren Wandel durch: Der Glanz der Farben und die Pracht der Formen weichen, die welken Blütenblätter mahnen an die Vergänglichkeit allen Lebens. Aber haben Sie schon einmal ein verblühtes Gänseblümchen gesehen? Natürlich machen sie keine Ausnahme – auch sie verblühen wie alles Leben. Doch ihnen ist es gegeben, derart diskret zu verblühen – die weissen Zungenblüten fallen ohne grosse Verfärbung rasch ab und das Gelb der Blütenscheibe nimmt das Grün des Rasens an –, dass sich die verblühten Pflänzchen wie unsichtbar in den Rasen einfügen. Das Gänseblümchen möchte also scheinbar nur Blüte sein und sich den Folgen des Fortpflanzungsprozesses (Welke und Reife) entziehen.»
Wesen
«Das Wesen des Gänseblümchens ist auf die Bewahrung der kindlichen Unschuld und Reinheit gerichtet. Es versucht sich vor Befleckung durch schuldhafte Verstrickungen, wie sie zum Älterwerden gehören, zu behüten. Da dies letztlich unmöglich ist, scheut es sich vor der Welt der Erwachsenen. So scheu und verletzlich es auch ist, kann es dennoch große Kräfte freisetzen, um die Folgen von Übergriffen auf seine seelische und körperliche Unversehrtheit zu heilen. Im anderen Namen dieser Pflanze, Maßliebchen, kommt zum Ausdruck, dass es in der Liebe Maß hält, das heißt, es dosiert die Leidenschaftlichkeit des Liebesverlangens, es dämpft die überschießende Potenz. Das Gänseblümchen ist eine wunderbare Hilfe bei allen seelischen und körperlichen Verletzungen, die durch ungestüme Gewaltanwendung, vor allem auch durch sexuelle Aggression entstanden sind.»
Botanik
Das Gänseblümchen (Bellis perennis L.), gehört zur Familie der Korbblütengewächse (Asteraceae). Es ist eine ausdauernde Pflanze, die 5 bis 15 cm hoch werden kann und mit ihrer vitalen grundständigen Blattrosette das gesamte Jahr sichtbar bleibt. Aus den leicht fleischigen, verkehrt-eiförmigen Laubblättern entspringen die blattlosen Blütenstängel an deren Spitzen die 10 bis 30 mm grossen Blüten stehen. Das Innere der Blüten ist aus gelben Röhrenblüten aufgebaut, am Rand stehen die weissen Zungenblüten, welche oft noch rosa überlaufen sein können. Die Pflanze erfreut uns fast das ganze Jahr mit ihren Blüten (Januar bis November), die Hauptblütezeit liegt aber eindeutig im Frühling. Werden die Blüten abgemäht oder abgefressen, so treiben aus der vitalen Rosette sofort wieder neue Blüten aus. Häufige Bewirtschaftung fördert die Pflanze sogar, weshalb sie sich gerne in kurzgeschnittenem Rasen vermehrt.
Verwendung
Das Gänseblümchen ist schon seit Jahrhunderten ein fester Bestandteil der Naturheilkunde und der Wildkräuterküche. Es handelt sich dabei um eine für Mensch und Tier ungiftige Heilpflanze. Bellis gehört zur Familie der Korbblütler (Asteraceae), zu der auch viele weitere «Wundheilkräuter» wie Arnika und Calendula gehören. Es verwundert deshalb nicht, dass die phytotherapeutischen und homöopathischen Anwendungen von Bellis perennis L. viele Gemeinsamkeiten mit dem Wirkungsbild von Arnika aufweisen: Verletzungen, Schwellungen, Quetschungen, Verrenkungen, Verstauchungen und Blutergüsse. Als typische Empfindung gilt ein Wundheits- und Zerschlagenheitsgefühl im Bereich der Muskulatur. Die für Bellis charakteristischen Symptome sind zumeist die Folgen von Überanstrengung und Überarbeitung. Eine beliebte Form der Zubereitung für die innerliche Einnahme sind alkoholische Tinkturen und homöopathische Dilutionen bis D12. Die äußerliche Anwendung auf Muskeln und Gelenke ist ebenfalls sehr gebräuchlich. In der naturheilkundlichen Fachliteratur wird Bellis perennis L. auch zur Behandlung von Hautkrankheiten, vor allem bei Kindern, empfohlen. In der traditionellen Frauenheilkunde liegen gute Erfahrungen bei Gebärmutterblutungen und den Folgen von operativen Eingriffen vor.
Inhaltsstoffe
Zu den Hauptinhaltsstoffen von Bellis perennis L. gehören Triterpensaponine und Flavonoide (u. a. Glycoside des Apigenins, des Kaempferols und des Quercetins). Darüber hinaus konnten Gerbstoffe, ätherisches Öl, organische Säuren, schleimige und zuckerhaltige Verbindungen ebenfalls nachgewiesen werden.
Referenzen
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis Band 4 Drogen A-D. (Springer-Verlag, 1992).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- BGA/BfArM (Kommission D). Bellis perennis. Bundesanzeiger 190 a, (1985).
- Vonarburg, B. Homöothanik – Arzneipflanzen der Homöopathie. (Haug Verlag, 2009).
- Committee for veterinary medicinal products. Bellis perennis Summary Report. EMEA/MRL/663/99-FINAL (1999).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




GELBER ENZIAN
Gentiana lutea L.
WESEN: Überwindung, Verdauung, Zerteilung
Wesen und Signatur
Signatur
«Wenn wir den Namen Enzian hören, denken wir in der Regel an schöne, tiefblaue Blumen, die wie kleine Glocken unsere Alpweiden zieren. Der blaue Enzian ist wohl der Inbegriff der Bergblume. Die Heilpflanze Enzian ist jedoch von ganz anderer Art. Wie schon ihr Name sagt, sind ihre Blüten gelb, und ausserdem ist sie mit einer Grösse von bis zu 1,2 m eine sehr stattliche Pflanze.
Der gelbe Enzian hat bis zu 30 cm lange und 15 cm breite ovale Blätter mit stark hervortretenden Nerven. Die Blätter gleichen jenen des sehr giftigen weissen Germers (Veratrum album), was zu gefährlichen Verwechslungen führen kann. Durch die gegenständige Blattstellung kann der Enzian jedoch leicht vom Germer unterschieden werden, dessen Blätter wechselständig sind. Die oberen Blätter des gelben Enzians sind wie Halbschalen gewölbt. Zu Beginn umschliessen diese Schalen den Stengel und verbergen in ihrem Innern die Blütenknospen. Wenn sich die Blattschalen öffnen und in die Horizontale legen, geben sie eine grosse Anzahl von Blüten frei. Diese haben eine für die Gattung Enzian völlig untypische Gestalt. Die Kronblätter der anderen Enzianarten sind vom Grund bis weit über die Mitte miteinander verwachsen und bilden dadurch glocken- oder röhrenförmige Blüten. Die Blüten des gelben Enzians hingegen sind fast bis zum Grund geteilt. Ausserdem sind die Kronblätter schmal und lang, so dass sie im voll aufgeblühten Zustand anders als bei der typischen Enzianblüte als einzelne, abgetrennte Elemente in den Vordergrund treten und wie fünf- bis sechsstrahlige Sterne aussehen. Da der Blütenstand des gelben Enzians ausserdem aus zahlreichen Einzelblüten zusammengesetzt ist, die in verschiedene Richtungen blicken, wirkt er sehr inhomogen, um nicht zu sagen wirr. Wir erkennen deutlich, dass hier ein stark zerteilendes Wesen an der Gestaltung mitgewirkt hat. Die den Stengel umfassenden Blätter mit den Blütenknospen in ihrem Innern können wir als feste Einheit auffassen, in deren Innern – in den Blüten – ein zerteilendes Prinzip wirksam wird. Die teilende Kraft ist auch an den mächtigen Wurzeln erkennbar. Sie können als vielköpfig bezeichnet werden, wobei die einzelnen Teile sich immer wieder ineinander verschlingen.
Die innere Betrachtung des Wesens dieser Pflanze lässt eine Verwandtschaft mit dem Wesen des Rinds erkennen. Das Rind ist das Tier, dessen Wesen wohl am stärksten auf die Verdauung ausgerichtet ist. Die Kuh ist tiergewordenes Verdauungsprinzip. Die Gestalt des Rinds ist relativ blockförmig, und im Innern dieses Blocks wirkt die zerteilende Kraft der Verdauung.
Der Enzian kann geradezu als ein Wundermittel zur Zerteilung von schwer verdaulichen Kuhmilchprodukten bezeichnet werden, von warmen Zubereitungen aus Käse wie zum Beispiel Pizza, Raclette oder Fondue. Enzian ist wohl die am stärksten wirkende Heilpflanze zur Unterstützung der Verdauung.»
Wesen
«Der Verdauungsprozess und die Verarbeitung von Gefühlseindrücken haben viele Gemeinsamkeiten. Bei beiden müssen die aufgenommenen wesensfremden Substanzen und Energien überwunden und verarbeitet, einverleibt werden. Können bewegende Ereignisse oder Bilder emotional nur schwer verdaut werden, so besteht meist auch eine organische Verdauungsschwäche. Oft liegen dann Gefühle oder eben Nahrungsmittel schwer auf dem Magen, und es entsteht ein starker Druck in der Magengegend.
Enzian besitzt die Wesenskraft, Fremdes zu überwinden und zu zerteilen, und unterstützt dadurch sowohl die körperliche als auch die seelische Verdauung. Enzian hilft insbesondere bei der Eiweißverdauung.»
Botanik
Der Gelbe Enzian, Gentiana lutea L., ist eine bis über 140 cm hoch werdende Staude aus der Familie der Enziangewächse (Gentianaceae). Der gelbe Enzian ist eine imposante Pflanzengestalt, die an ihrem natürlichen Standort, den Gebirgen Mitteleuropas bis nach Osteuropa hinein, bis 60 Jahre alt werden können soll. Aus ihrem grossen und oft mehrköpfigen, wulstig quergerillten Wurzelstock treibt die Pflanze eine bis 1 m lang werdende glatte Wurzel in den Boden. Die Mächtigkeit der unterirdischen Teile des Enzians zeigt sich, wenn man weiss, dass das Frischgewicht von Wurzelstock und Wurzel bei nur einer Pflanze bis zu 7 kg betragen kann. Oberirdisch entwickelt sich zunächst nur eine grundständige Rosette elliptischer Blätter. Ab dem vierten Jahr, teilweise erst später, treibt dann ein daumenstarker, aufrechter und hohler Stängel aus der Rosette aus. Die sich daran bildenden, sitzenden, blaugrünen Blätter des Enzians sind kreuzgegenständig angeordnet und haben eine breit elliptische, löffelartig nach innen gewölbte Form. Sie sind, mit 5 bis 7 Nerven je Blatt, parallelnervig. In den schalenförmigen Blattachseln bilden sich ab etwa Juni bis in den August hinein die gelben Blüten der Pflanze. Es sind wunderschöne, gelbe Sterne, die in 3 bis 7 Etagen in Scheinquirlen an der Pflanze stehen. Bis zu 100 Blüten sind an einem Spross gezählt worden. Die 5 bis 6 manchmal bis zu 9 Kronblätter der Blütensterne sind nur am Grund zu einer Röhre verwachsen, ansonsten sind sie frei. Auffallend sind die gelben bis orangeroten Staubgefässe, die sich in den Blüten zeigen. Manchmal kommt es, im nicht blühenden Zustand zu Verwechselungen des Enzians mit dem Weissen Germer (Veratrum album), der sehr giftig ist. Die Blätter des Germers stehen aber, im Gegensatz zu den Blättern des Gelben Enzians, wechselständig und nicht kreuzgegenständig an der Pflanze.
Verwendung
Seit Jahrhunderten gilt die Wurzel des gelben Enzians, Gentiana lutea L., als bitteres Magen- und Gallemittel, sowie allgemeines Tonikum. Zwischen den Anwendungsempfehlungen traditioneller Kräuterbuchautoren und neuesten wissenschaftlichen Untersuchungen besteht beim Enzian eine auffällig große Übereinstimmung. Der bittere Enzian regt die Speichel-, Magen- und Gallensekretion an. Zu den Anwendungsgebieten gehören somit Verdauungsbeschwerden wie Appetitlosigkeit, Völlegefühl und Blähungen. Weniger bekannt ist die Tatsache, dass die Anwendungsmöglichkeiten von bitterstoffhaltigen Heilpflanzen auch über die Verdauungsbeschwerden hinausgehen. Über die Anregung des Appetits kann der Enzian als Bittermittel stärkend nach längeren Erkrankungen oder bei Magersucht angewendet werden. Über die Wahrnehmung von Bitterstoffen über das Verdauungssystem wird zudem auch das zentrale Nervensystem und der gesamte Organismus involviert. So können auch Anwendungen bei depressiver Verstimmung und zur allgemeinen Stärkung begründet sein.
Inhaltsstoffe
Die Wurzeln des gelben Enzians, Gentiana lutea L., enthalten reichliche Mengen an Bitterstoffen, die dieser Heilpflanze ihren charakteristischen Geruch und Geschmack verleihen – der Bitterwert ist vergleichbar mit demjenigen des Wermuts. Zu diesen Bitterstoffen gehören Secoiridoidglykoside wie Gentiopicrosid und Amarogentin. Weitere Bestandteile dieser Wurzeldroge sind Mineralien und Zuckerverbindungen, darunter die bitter schmeckende Gentiobiose.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- BGA/BfArM (Kommission E). Gentianae radix (Enzianwurzel). Bundesanzeiger 223, (1985).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment Report on Gentiana Lutea L., Radix. EMA/HMPC/607863/2017 (2018).
- BGA/BfArM (Kommission D). Gentiana lutea. Bundesanzeiger 217 a, (1985).
- Saller, R., Melzer, J., Uehleke, B. & Rostock, M. Phytotherapeutische Bittermittel. Schweizerische Zeitschrift fur GanzheitsMedizin 21, 200–205 (2009).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




GINKGO
Ginkgo biloba L.
WESEN: Einheit von Bild und Spiegelbild, Gleichgewicht der Polaritäten
Wesen und Signatur
Signatur
«Das zweilappige Ginkgoblatt übte schon immer eine grosse Faszination auf den Menschen aus. Es dient als Motiv für Schmuck und Ornamente, wird in der bildenden Kunst dargestellt, verziert wertvolle Gebrauchsgegenstände und erscheint in Firmenlogos. In der Goethe-Stadt Weimar begegnet uns auf Souvenirs das berühmte Gedicht des grossen Dichters über das Ginkgoblatt auf Schritt und Tritt.
Dem Ginkgoblatt haftet die Aura des Aussergewöhnlichen an, denn es gibt kein anderes Blatt, das ihm nur annähernd vergleichbar wäre. Der Ginkgobaum scheint in der Evolution am Übergang zwischen Nadelbäumen und den höher entwickelten Laubbäumen zu stehen. Die Botaniker sprechen von einem lebenden Fossil, weil der Ginkgo aus einer sehr alten Pflanzenfamilie stammt, die bis auf diese eine Art ausgestorben ist. Der Ginkgo ist wohl eines der tiefgründigsten Symbole aus der Natur für das Mysterium des Menschseins. Der Mensch, ein gespaltenes Doppelwesen; der Einheit entsprungen, zur Einheit gerufen. Die Trennung in zwei polare Hälften ist ein umfassendes Merkmal von Mensch und Natur, nicht nur der Geschlechter. Alles steht unter dem gleichen Gesetz der Polaritäten, der Gegensätze, die sowohl Leben als auch Konflikt und Tod hervorbringen. Die Spaltung in die Polaritäten und ihre Konflikte hat einen Anfang. Die Bibel spricht vom Essen der Früchte des Baums der Erkenntnis von Gut und Böse. Dies ist die symbolische Andeutung dafür, dass die Trennung, der Verlust der Einheit der beiden Lebenspole, im Bewusstsein und Denken begründet liegt. Spiegelbildlich dazu gründet der Weg zurück zur Einheit in einem anderen, neuen Bewusstsein, genährt aus den Früchten des Baums des Lebens.
Warum zeigt uns gerade das zweilappige Ginkgoblatt (lateinisch biloba = zweilappig) das Wesen von Teilung und Einheit, wo es doch auch viele andere Pflanzen gibt, die in irgendeiner Weise die Zahl zwei zum Ausdruck bringen? Die Antwort finden wir in der Blattnervenstruktur des Ginkgos. Um jedoch deren Besonderheit zu begreifen, müssen wir uns zuerst die Struktur der Nervatur, wie sie üblicherweise auftritt, vor Augen führen. Die entwicklungsgeschichtlich einfacheren Pflanzenarten (einkeimblättrige) haben Blätter mit parallel laufenden Nerven. Die höher entwickelten (zweikeimblättrige) haben meistens Blätter mit einer netzartig verzweigten Nervenstruktur; wir erkennen einen Hauptnerv in der Mitte des Blattes, daraus verzweigen sich Nebennerven, und von diesen trennen sich wiederum kleinere Nerven ab. Im Überblick betrachtet zeigt sich oft ein ähnliches Bild wie das eines grossen Stroms mit Nebenflüssen und Nebenbächen. Manchmal haben Blattnerven auch eine Netzstruktur. Beim Ginkgoblatt finden wir nun die Ausnahme eines streng zweiteilig gegabelten Verzweigungsmusters. Folgen wir einem Nerv vom Blattgrund nach aussen, so finden wir an der Verzweigungsstelle kein seitliches Abzweigen eines kleineren Nervs, sondern der Ursprungsnerv teilt sich in zwei genau gleich starke Folgenerven und so weiter. Das ergibt für die Verzweigung der Nerven dasselbe Muster, wie wenn wir Ja-Nein-Entscheidungsprozesse in Form eines Baumdiagramms grafisch darstellen. Gehen wir also vom Ursprung des Ginkgoblatts zur Peripherie, so folgen wir einem Weg der wiederholten Spaltung in Zwei (= Analyse), gehen wir den umgekehrten Weg, von der Peripherie zum Ursprung, so folgen wir einem Weg der wiederholten Vereinigung von Zwei (= Synthese).
Angesichts dieser tiefgründigen Struktur der Nervatur könnte es beinahe schon banal wirken, auf die frappante Ähnlichkeit der Peripherie des zweilappigen Ginkgoblattes mit einem Querschnitt durch die beiden Hirnhälften hinzuweisen.»
Wesen
«Alles in der Natur entsteht, wird bewegt und vergeht durch Kräfte, die aus dem Spannungsfeld zweier Pole hervorgehen. Dieses Polaritätsgesetz ist fundamental gültig und offensichtlich; wir finden es in den Gegensätzen von Tag und Nacht, Mann und Frau, Jugend und Alter usw. Trotzdem vergessen wir immer wieder, dieses Polaritätsgesetz in die Praxis unseres täglichen Lebens miteinzubeziehen. Meist wird die eine Seite einer Sache bevorzugt und festgehalten, die dazugehörige andere Seite aber abgelehnt oder bekämpft. Dadurch geht Dynamik und Lebenskraft verloren, denn diese kann ausschließlich im Spannungsfeld von Gegensätzen bestehen, die einander gleichberechtigt gegenüberstehen oder die sich in zeitlicher Folge ablösen.
In unserer Kultur wird das kausal-analytische Denken der linken Gehirnhälfte überbewertet und gefördert, wodurch das analog-synthetische Denken der rechten Hirnhemisphäre vernachlässigt wird und verkümmert. Dabei kann auf die Dauer ein Vitalitätsverlust des Gehirns und eine Degeneration seiner Funktionen als Ganzes nicht ausbleiben.
Ginkgo symbolisiert mit seinem zweilappigen Blatt, das in sich selbst die beiden Pole – Männlich und Weiblich – vereinigt, die Einheit und das Gleichgewicht der Polaritäten. Da im Gleichgewicht die Lebenskraft am stärksten ist, hat der Ginkgobaum eine sehr hohe Vitalität, was seine enorme, im Pflanzenreich unübertroffene Widerstands- und Regenerationskraft beweist. Diese Vitalität regeneriert die Leistungsfähigkeit des Gehirns, jenes Organs, das als einziges in unserem Körper beide Pole in sich birgt.»
Botanik
Ginkgo biloba L., ist ein langsam wachsender 10 bis 30 m hoch werdender sommergrüner Baum, der bis deutlich über 1000 Jahre alt werden kann. Aktuelle Forschungen lassen vermuten, dass der Ginkgo biloba L. besondere Fähigkeiten hat, mit Alterungsprozessen umzugehen. Ginkgo biloba L. ist der einzige Überlebende einer Gattung, die sich seit mehr als 150 Millionen Jahren nur wenig verändert hat und er ist der einzige heutige Vertreter der Familie der Ginkgoaceae. Bereits seit etwa 65 Millionen Jahren ist eine Art nachweisbar, deren fossile Blätter nicht von denen eines heutigen Ginkgo zu unterscheiden sind, deswegen wird der Ginkgo biloba L. auch oft als lebendes Fossil bezeichnet. Ursprünglich war er in Mitteleuropa heimisch, ist aber durch die Eiszeiten schliesslich ausgestorben. Überlebt hat er in einigen Arealen von Asien, von wo aus der Mensch ihn dann wieder auf der Welt verbreitet hat. Heute ist er, gerade wegen seiner Resistenz gegen Krankheiten und Umweltverschmutzungen ein beliebter Parkbaum.
Charakteristisch für den Ginkgo biloba L. sind seine lederartigen Fächerblätter die oft gebüschelt an seinen Trieben stehen. Die Blattspreite weist keinen Mittelnerv auf und zeigt eine besondere Blattaderung: Seine Blattadern verlaufen parallel und verzweigen sich gabelig. Nach der Gabelung laufen sie parallel weiter ohne an Stärke abzunehmen. Normalerweise weisen die Blätter von Pflanzen, entweder eine reine Parallelnervatur ohne Gabelung oder eine netzartige Nervatur auf, bei denen die Nerven dann immer kleiner werden. Seine Blattspreite ist oft einmal oder auch mehrfach tief eingeschnitten, was zu dem Beinahmen «biloba» zweilappig führte. Seine intensiven grünen Blätter färben sich im Herbst leuchtend gelb und erfreuen uns dann mit ihrer Strahlkraft bevor der Ginkgo biloba L. sie dann abwirft. Ginkgo biloba L. ist eingeschlechtig, d.h. es gibt rein männliche und rein weibliche Bäume. Die Blüten erscheinen im Mai und sind sehr unscheinbar, um zu Blühen muss der Baum aber ein Alter von 20 bis 30 Jahren erreichet haben. Im Herbst entwickeln sich an den weiblichen Bäumen die mirabellengrossen Samen die im Reifezustand einen unangenehmen Geruch entwickeln. Daher sind in Mitteleuropa meist nur männliche Bäume anzutreffen.
Verwendung
Der ursprünglich aus Asien stammende Ginkgo biloba L. gilt als besonders gut untersuchte Heilpflanze, der eine durchblutungsfördernde Eigenschaft zugewiesen wird (Förderung der Mikrozirkulation). Durch die Verbesserte Durchblutung des Gehirns soll er die Hirnleistung bei Gedächtnisschwäche fördern, aber auch bei Tinnitus und Schwindel (Durchblutung des Innenohrs) helfen. Zur Erklärung der durchblutungssteigernden Wirkungen kann eine Entspannung der Blutgefäße und auch eine Verbesserung der Fließfähigkeit des Blutes herangezogen werden. Weitere Forschungen befassen sich mit der Frage, inwieweit die Wirkungsweise von Präparaten aus Ginkgoblättern auf antioxidative Effekte gegen freie Radikale zurückzuführen ist. Die Pflanzenheilkunde konzentriert sich bei der Verwendung von Ginkgo biloba L. auf die Herstellung standardisierter Spezialextrakte die primär bei Störungen des zentralen Nervensystems und leichten dementiellen Erkrankungen angewendet werden. Auch beim Ginkgo biloba L. kann man erkennen, dass sich Heilpflanzen in den meisten Fällen nicht eindeutig einer Therapierichtung zuordnen lassen, sondern ganzheitlich zu betrachten sind. Zum Beispiel findet man das Anwendungsgebiet «Kopfschmerz» sowohl in der Pflanzenheilkunde, als auch in der Homöopathie wieder.
Inhaltsstoffe
Typische Inhaltsstoffe von Ginkgo biloba L. sind Flavonole, Flavone, Biflavone (Ginkgetine), Proanthocyanidine, Sesquiterpene (Bilobalide), Diterpene (Ginkgolide), Ginkgole und organische Säuren (darunter Ginkgolsäuren).
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen E-O. (Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 1993).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Ginkgo biloba L ., folium. EMA/HMPC/321095/2012 (2014).
- BGA/BfArM (Kommission D). Ginkgo biloba. Bundesanzeiger 217 a, (1985).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




GOLDRUTE
Solidago virgaurea L.
WESEN: Verbindung, Liebe, Trost, Beziehungsfähigkeit, Fluss der Gefühle
Wesen und Signatur
Signatur
«In Mitteleuropa findet man drei Arten der Gattung Solidago: die einheimische Solidago virgaurea L., die Echte oder Gemeine Goldrute, welche die Stammpflanze für die Urtinktur liefert, und die beiden grosswüchsigen, aus Nordamerika eingeschleppten und verwilderten Arten S. canadensis und S. gigantea. Das Augenfälligste an der Echten Goldrute ist das strahlende goldgelbe Blütenkleid. Zahlreiche Blütenkörbchen bilden dichte, endständige Rispen. Die Gesamtheit der Blüten vermittelt einen harmonischen, vollendeten Eindruck. Betrachtet man jedoch ein einzelnes Blütenkörbchen aus der Nähe, so entdeckt man eine bei den Korbblütlern sehr seltene Unvollkommenheit: Die randständigen Strahlenblüten bilden nicht wie üblich (wie z. B. bei der Sonnenblume) einen vollständigen Kranz, einen lückenlose Blütenkrone. Es bestehen zahlreiche Lücken, so dass die einzelnen Blütenköpfchen unvollständig sind. Durch das dichte Zusammenstehen der Blütenstände jedoch reichen die Strahlenblüten der einen Körbchen in die Lücken der anderen und ergänzen sich auf diese Weise gegenseitig. Gerade die Unvollständigkeit der einzelnen Blüten führt durch die Verbindung und gegenseitige Ergänzung zu einem harmonisch vernetzten Ganzen. Die Echte Goldrute wächst in trockenen, lichten Wäldern, an Waldrändern und Böschungen. Sie tritt nur vereinzelt oder in lockeren Beständen auf und unterscheidet sich dadurch von den nordamerikanischen Arten, die sich sehr stark ausbreiten und mit ihren dichten Beständen die einheimische Flora verdrängen. Im Spätsommer und Herbst leuchten deren gelbe Blütenstände weithin sichtbar und schmücken ihre Standorte – Gärten, Bahndämme, Flussufer und Ödplätze. Die Echte Goldrute hingegen ist ausserordentlich wählerisch in Bezug auf die Harmonie ihrer Standorte. Diese haben meistens einen besonderen Reiz und laden durch ihre Schönheit und Atmosphäre zum Verweilen und Auftanken ein.
Während die eingeschleppten Goldrutenarten durch die sich ausbreitenden, dichten Bestände eine grosse Lebenskraft beweisen, bringt die Echte Goldrute ihre ebenbürtige Vitalität auf eine andere Art zum Ausdruck; sie besitzt eine ungewöhnliche Ausstrahlung mit einer starken emotionalen Anziehungskraft. Zusammen mit Arnika und Johanniskraut gehört die Echte Goldrute wohl zu den Heilpflanzen mit der stärksten Ausstrahlung. Der einfühlsamen Betrachtung entgeht nicht, wie sich die Pflanze bald nach der Ernte auffällig verändert. Noch bevor der natürliche Welkprozess einsetzt, werden die Blüten und Blätter matt und verlieren ihren schönen Glanz. Man spürt, wie die Goldrute unter der Trockenheit leidet und nach Wasser verlangt. Für eine Pflanze, die an trockenen Standorten wächst und naturgemäss mit wenig Wasser auskommt, ist das Ausmass dieser Reaktion ungewöhnlich. Jede Pflanze braucht Wasser; über dieses biologische Erfordernis hinaus besitzt die Goldrute jedoch ein wesenhaftes Bedürfnis nach der Verbindung mit dem Wasser. Die Pflanze behält ihre Ausstrahlung und Schönheit nur in der ständigen Anbindung an das fliessende Element. Abgeschnitten und auf sich allein gestellt, wird sie fad und ausdruckslos, ihrem Wesen entfremdet. Der Geruch und Geschmack ist angenehm erfrischend, leicht und unaufdringlich aromatisch und erinnert an Honig, eine Andeutung des verbindenden, freundlichen Wesens der Pflanze. Die Signatur der Echten Goldrute bringt ihr auf Verbindung, Ergänzung, Harmonie, Lebenskraft und Fluss ausgerichtetes Wesen deutlich zum Ausdruck. Es besitzt alle Merkmale einer harmonischen Beziehung in gegenseitiger emotionaler Ergänzung. Die Goldrute verkörpert auf der psychischen Ebene den Bereich von Partnerschaft, Liebe und Beziehungsfähigkeit. Diesem Bereich entspricht auf der physischen Ebene die Nierenfunktion. Ebenso wie die Goldrute ein spezifisches Nierentherapeutikum darstellt, repräsentiert ihr Wesen die spezifischen Kräfte, die für eine harmonische emotionale Beziehung, für eine echte Freundschaft erforderlich sind.Vielfach sind Nierenfunktionsstörungen der physische Ausdruck einer gestörten Beziehungsfähigkeit, einer Störung in der Wechselwirkung zwischen emotionalem Geben und Nehmen. In solchen Fällen können die Wesenskräfte der Goldrute einerseits zu einer Wahrnehmung und Bewusstwerdung der eigenen Problematik führen, während andererseits die Nierenfunktion angeregt wird.
Die Goldrute verbindet, was getrennt wurde. Sie heilt Wunden auf der physischen wie auch im Sinne einer emotionalen Unterstützung auf der psychischen Ebene. Die Pflanze war in früheren Jahrhunderten eines der bewährtesten Wundheilkräuter und trug ursprünglich den Namen «heidnisch Wundkraut». Im lateinischen Solidago (von solidum agere = das in der Verwundung Getrennte wieder fest zusammenfügen) kommt auch das verbindende Wesen zum Ausdruck.»
Wesen
«Durch sein Wesen, das eine innig freundschaftliche Beziehung symbolisiert, verbindet Solidago das Getrennte und Unvollständige zu einem Ganzen. Freundschaft und Liebe verbindet die Menschen und aktiviert die Energien, die eine gesunde Nierenfunktion ermöglichen. Wenn der harmonische Fluss der verbindenden Gefühle versiegt, wenn Enttäuschungen, Frustrationen und Schuldgefühle Beziehungen blockieren, wird die psychische Energie geschwächt und die Nieren leiden. Die Goldrute ist das spezifischste Nierenfunktionsmittel. Sie ist insbesondere bei Nierenleiden angezeigt, die mit schmerzlichen Erfahrungen in Beziehungen und Partnerschaften und bei Beziehungsverlusten zusammenhängen.»
Botanik
Die Gewöhnliche Goldrute (Solidago virgaurea L.) ist eine Pflanze aus der Familie der Korbblütler (Asteraceae). Bei ihr handelt es sich um eine ausdauernde Staude, welche im ersten Jahr meist nur eine Rosette aus länglichen bis eiförmigen Blättern zeigt. Ab dem zweiten Jahr bildet die Pflanze dann ihre runden, wechselständig beblätterten Stängel aus, welche sehr fest sind und bis etwa 100 cm in die Höhe wachsen. Sie verzweigen sich mehr oder weniger stark. Oft werden die unteren Seitenäste länger als die oberen, so dass ihre Spitzen, mit den Blüten nachher fast auf einer Ebene liegen. Die Gewöhnliche Goldrute blüht ab etwa Juli bis in den Herbst hinein mit strahlend goldgelben Blüten, die zu harmonisch aussehenden Rispen zusammengefasst sind.
Verwendung
Die Goldrute, Solidago virgaurea L., ist eines der wichtigsten organspezifischen Nierenmittel in der Phytotherapie. Mit ihrer diuretischen, spasmolytischen, antiphlogistischen, sowie antimikrobiellen Wirkung dient sie als zentrales Basismittel bei der Behandlung vieler Erkrankungen des Urogenitaltraktes. Arzneiliche Zubereitungen aus Goldrute reichen von der klassischen Teetherapie, über Phytopharmaka-Extrakte hin zu alkoholischen Tinkturen. Über die Wirksamkeit liegen zahlreiche Anwendungsbeobachtungen und Studien vor. Die Pflanzenheilkunde nennt für arzneiliche Zubereitungen aus Solidago virgaurea L. folgende Indikationsstellung: Zur Erhöhung der Harnmenge und somit Durchspülung bei Entzündungen im Bereich der Niere oder Blase. Entzündliche und bakterielle Erkrankungen der ableitenden Harnwege und die vorbeugende Behandlung bei Harnsteinen und Nierengriess sind typische Anwendungsgebiete der Goldrute. Die Wirkweise wird als diuretisch, schwach spasmolytisch und antiphlogistisch beschrieben. Die Homöopathie nennt als Anwendung ebenfalls Nierenschwäche. Die Goldrute kann auch als Begleitmedikation bei der Harnsauren Diathese dienen. Diese manifestiert sich vielfach, begünstigt durch fehlerhafte Ernährungsgewohnheiten, in Form von rheumatischen und gichtartigen Beschwerdebildern. Der rheumatische Formenkreis, sowie die Anwendung als Blutreinigungsmittel bei chronischen Ekzemen gehören in der Volksheilkunde ebenfalls zu den Anwendungsgebieten der Goldrute.
Inhaltsstoffe
Die Goldrute, Solidago virgaurea L., enthält Flavonoide und andere phenolische Verbindungen. Dazu gehören beispielsweise Quercetin, Kämpferol und Rutin resp. Virgaureoside. Neben Triterpensaponinen findet sich in der Goldrute auch ätherisches Öl, das überwiegend aus Mono- und Sesquiterpenen besteht. Des Weiteren sind Diterpene enthalten.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissensch. Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- BGA/BfArM (Kommission E). Solidago (Goldrute). Bundesanzeiger 193, (1987)
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- BGA/BfArM (Kommission D). Solidago virgaurea. Bundesanzeiger 29a, (1986)
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Community herbal monograph on Solidago Virgaurea. EMA/HMPC/285758/2007 (2008).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen P-Z. (Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1994).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




GUNDELREBE
Glechoma hederacea L.
WESEN: Loslassen und Erneuerung, Gelassenheit, lebenserweckende Wärme
Wesen und Signatur
Signatur
«Die Gundelrebe ist so lebendig und kommunikativ, dass sich ihr Wesen dem einfühlsamen Betrachter schon nach kurzer Zeit offenbart. Schwieriger ist es, die innere Wahrnehmung an der Signatur zu verifizieren. Mit wenigen Pflanzen habe ich so viele Stunden intensiven Studiums verbracht, ohne ihre Schlüsselmerkmale zu entdecken. Ich machte den Fehler, mich vor allem der Einzelpflanze zu widmen, studierte deren Formen und Farben bis ins Detail und konnte dadurch ihrem Wesen nicht gerecht werden. Die Gundelrebe ist keine Einzelgängerin. Sie kommt erst dann ihrem Wesen gemäss zur Geltung, wenn sie Teil eines grösseren Ganzen, eines Bestandes von gleichen Pflanzen ist. Die Gundelrebe strebt nicht nach Selbstdarstellung. Sie hebt sich nie vor dem Hintergrund ab, sondern sucht gemeinsam mit anderen die Ausbreitung in die Horizontale. Ihr Wesen ist es mitzuschwingen mit den Rhythmen und Kräften der Natur. Die Gundelrebe kann mit den Lebenskräften in Resonanz treten und wirkt dadurch als ihr Verstärker. Um einen Gundelrebenstandort spüren wir höchste Lebendigkeit und die Gegenwärtigkeit von Elementarwesen, den so genannten Erdgeistern, die für das Pflanzenwachstum sorgen.
Betrachten wir den Bestand und schauen etwas unscharf, so nehmen wir ihn als Ganzheit und nicht nur seine Teile wahr. Wir sehen jetzt eine reiche Zahl von Rundformen, die miteinander zu kommunizieren scheinen. Das Bild wird zusammengehalten durch die rundlichen Blätter mit ihren rund gekerbten Blatträndern. Die vielen Halbkreise sind wie Elemente von Wellenlinien, von Schwingungsmustern, die durch den ganzen Bestand vibrieren und ihn zu einer Einheit verbinden. Darin zeigt sich die Fähigkeit, in Resonanz zu treten mit den umgebenden Lebenskräften. Welcher Art sind die Kräfte, mit denen die Pflanze in Resonanz tritt? Es sind die Sonnenkräfte, die auf die Verlebendigung der Erde gerichtet sind. So sind denn auch die jungen Blätter am Vegetationspunkt jeweils zu zweien flach aneinander geschmiegt, wie zwei zusammengefaltete, nach oben gerichtete Hände. Die Pflanze ist ausgeprägt warm und erdverbunden. Ihr Aroma ist würzig warm und von stark erdigem Charakter, ihre Blätter sind im Jugendstadium violett-braun überzogen und gleichen sich in ihrer Farbe oft dem rotbraunen Erdboden an.
Die Gundelrebe gehört zur Familie der Lippenblütler, eine Familie, die viele Gewürz- und Heilpflanzen hervorbringt, die in ihren typischen Aromen vor allem das Element der Sonnenwärme in Substanzform assimiliert haben. Die Gundelrebe ist die erste Art dieser Familie, die im frühen Frühling mit ihrem warmen, erdigen Aroma die Winterstarre überwindet. Die Blüten sind ausladend, sie dehnen sich sehr weit in die Horizontale, oft über die Blätter hinaus, die Oberlippe ist abgeflacht, und so wirken die Blüten wie eine Geste des Loslassens und Empfangens.
Zusammenfassend kann man festhalten: Die Gundelrebe befreit vom Einzelkämpfertum. Sie hilft, die starre Idee loszulassen, alles aus eigener Kraft vollbringen zu müssen. Sie überlässt sich vertrauensvoll den schöpferischen und wundertätigen Kräften der Natur und nimmt deren Hilfe dankbar an.»
Wesen
«Die Gundelrebe steht in einer wesenhaften Beziehung zu den helfenden Naturkräften und -wesen. Sie besitzt eine Resonanz mit diesen Wesen und wirkt dadurch als ihr Verstärker. Um einen Gundelrebenbestand spüren wir höchste Lebendigkeit.
Die Gundelrebe weckt das Vertrauen in die Selbstheilungskräfte, in den eigenen Arzt in unserem Innern. Sie öffnet die Augen für die Einsicht, dass wir nicht alles selbst tun müssen, dass – wenn wir uns dafür öffnen – die Hilfe schon da ist. Das Wesen der Gundelrebe greift nie forcierend ein. Es verkörpert Gelassenheit, Geduld, innere Ruhe und das Vertrauen auf die helfenden Naturkräfte. Die Gundelrebe stärkt den Menschen in seinem Glauben an das Wunderbare, an das Leben selbst.
Die unscheinbare, zwerghafte Gestalt der Gundelrebe trägt ein höchst lebendiges Licht- und Wärmewesen in sich, das die durch innere Kälte gestockten und erstarrten Prozesse wärmend zu durchdringen und neu zu beleben vermag. Die Gundelrebe vermittelt das lösende Vermögen, Zustände, die – bewusst oder unbewusst – festgehalten wurden und dadurch nicht mehr im lebendigen Prozess der fortwährenden Veränderung stehen, zu erneuern. So können seit langem erstarrte Prozesse wiederum in den Lebensfluss aufgenommen werden. Gundelrebe beendet Winterstarre und Dunkelheit durch lösende Wärme- und Lichtkräfte und lässt so neue Lebensenergie durch die Adern fließen.»
Botanik
Der Gundermann (Glechoma hederacea L.) gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae), die zumeist durch einen intensiven Duft ausgezeichnet sind. Einen intensiven Duft hat der Gundermann auch, sein Aroma ist aber ganz anders als die leichten ätherischen Düfte anderer Lippenblütler. Als erdig, warm und würzig kann man dieses Aroma beschreiben. Glechoma hederacea L. wird zwischen 10 und 40 cm gross und ist eine typische Pflanze des Frühjahrs. An seinem vierkantigen Stängel stehen seine kreuzgegenständigen, nierenförmig bis herz-eiförmigen Blätter. In den Blattachseln dieser rundlich geformten Blätter erscheinen in den Monaten März bis Mai die grossen, bis 3 cm langen, blauvioletten Blüten. Nach der Blütezeit beginnt der Gundermann lange Ausläufer zu treiben, die langsam und ausdauernd die Umgebung erobern und freien Boden wie mit einer lebendigen Haut aus Pflanzen überziehen. Erst im nächsten Frühjahr beginnt er dann wieder nach oben zu treiben und bildet erneut die prächtigen Blüten aus, die die Insektenwelt und uns erfreuen.
Verwendung
Die Anwendung der Gundelrebe, Glechoma hederacea L., ist insbesondere in der traditionellen Volksheilkunde sehr weit verbreitet. So wird der Gundelrebe eine entzündungshemmende Eigenschaft zugesprochen, die man sich in der Behandlung von Magen-Darmkatarrhen, Durchfall, Erkrankungen der oberen Bronchien (auch symptomatisch bei Husten), sowie Blasen- und Nierensteinen zu Nutzen macht. Die heilige Hildegard von Bingen schrieb, dass der Mensch, dem es an Kräften mangelt, in warmem Wasser mit der Beigabe von Gundermann baden soll, oder diesen den Mahlzeiten beifügen soll. Des Weiteren setzte sie Ihn bei Ohrgeräuschen, Brustschmerzen und Lungenbeschwerden ein. Für die Durchführung von Frühjahrskuren zur Reinigung und Entschlackung des Körpers über die Anregung des Gesamtstoffwechsels nach den kalten Wintermonaten ist Glechoma hederacea L. ebenfalls geeignet. Hieronymus Bock, einer der Väter der Botanik, nennt die Gundelrebe als ein harntreibendes, Leber und Milz öffnendes Mittel. Der Kräuterpfarrer Sebastian Kneipp nennt als Anwendung die Verschleimung der Lunge, des Magens und der Nieren.
Inhaltsstoffe
Die Gundelrebe, Glechoma hederacea L., enthält ätherisches Öl. Des Weiteren sind Sesquiterpenoide, Zimtsäurederivate, Flavonoide, Gerbstoffe und Triterpencarbonsäuren enthalten. Alles zusammen ergibt ein erdiger, würzig-krautiger Geruch, der sehr charakteristisch für diese Heilpflanze ist.
Referenzen
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen E-O. (Springer-Verlag Berlin Heidelberg 1993, 1993).
- BGA/BfArM (Kommission D). Glechoma hederacea. Bundesanzeiger 109 a, (1987).
- Riha, O. Hildegard von Bingen – Werke- Band V- Heilsame Schöpfung – Die natürliche Wirkkraft der Dinge – Physica – Vollständig neu übersetzt und ein geleitet. (Beuroner Kunstverlag (Abtei St. Hildegard, Rüdesheim/Eibingen), 2016).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




HAFER
Avena sativa L.
WESEN: Belastbarkeit, Auffangen von Erschütterungen, Stabilisierung von Rhythmen
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Hafer, zur Familie der Gräser (Graminaceae) gehörend, ist eine äusserst bewegliche und elastische Pflanze; alles Starre ist ihm fremd. Vergleichen wir ihn mit anderen Getreidepflanzen wie Gerste, Roggen oder Weizen, fällt uns ein grosser Unterschied in der Anordnung der Blüten bzw. Früchte auf. Die Früchte dieser Getreidearten sitzen dicht am Stengel und bilden eine kompakte Ähre. Wie anders gebärdet sich da der Hafer. Seine Blüten bzw. später die Früchte hängen an feinen, filigranen Stielchen. Wenn ein Haferfeld im Wind wogt, beginnen die feinen Blüten in einer zweiten, zusätzlichen Schwingung leise zu vibrieren und eine stille Melodie zu spielen. Dies ist möglich, weil die Blüten nicht starr am Stengel befestigt, sondern an sehr dünnen Blütenstielen beweglich aufgehängt sind. Wie muss ein Gebäude konstruiert sein, um starke Erschütterungen aufzufangen, also etwa ein Bau in einem erdbebengefährdeten Gebiet? Starre Konstruktionen taugen hier wenig, gefordert ist eine Bauweise, die die Energie von Erschütterungen absorbieren kann. So ist auch der Blütenstand des Hafers aufgebaut. Das Wesen seiner Konstruktion ist das Tragen von oben wie bei einer Hängebrücke. Zum Vergleich wären die anderen Getreidearten dann Brücken, die auf festen Pfeilern abgestützt sind. Der inneren Wahrnehmung erschliesst sich der Hafer als ein Kraftliniensystem aus einer tragenden Bogenkonstruktion mit aufgespannten Saiten – wie bei einer Harfe. Hafer – Harfe, die Ähnlichkeit der Begriffe ist gewiss kein Zufall. Die Pflanze Hafer und das Instrument Harfe besitzen eine Wesensverwandtschaft.»
Wesen
«Es ist das Wesen des Hafers, die Energie von Einflüssen, die uns aus dem Rhythmus bringen können, zu absorbieren. Diese liegen dann vor, wenn wir uns bedrängt oder gejagt fühlen, sei es durch schwer zu bewältigende Aufgaben, Arbeiten unter Zeitdruck, Bedrängnis oder Erschütterungen. Hafer fängt Erschütterungen auf und fördert dadurch die Belastbarkeit. Er unterstützt die seelische Bewältigung von äußerem Druck wie auch von großer körperlicher Erschöpfung. Unsere Zeit ist gekennzeichnet von schnell wechselnden Anforderungen, Anweisungen, Vorschriften und Arbeitsabläufen und nicht zuletzt von sich jagenden Bildern. Kaum ist etwas entstanden, wird bereits eine Umstrukturierung, eine »Verbesserung« angestrebt. Für viele Menschen ist dies die Realität ihres Arbeitsalltags. Bei nervösen Erschöpfungszuständen und beim Verlust des Rhythmus aufgrund der genannten Situationen oder nach zehrenden Krankheiten wirkt Hafer nervenstärkend und vermag den gestörten Schlaf-Wach-Rhythmus wieder einzupendeln. Seelische Energie – die Voraussetzung für die Belastbarkeit in schwierigen Situationen – fließt uns nur dann zu, wenn verschiedene Tätigkeiten in einem bestimmten Rhythmus ausgeführt werden. Die Aufgaben müssen innerhalb einer angemessenen Zeit (nicht zu kurz und nicht zu lange) zu Ende geführt werden können. In dieser Hinsicht ist der Mensch in die natürlichen Rhythmen eingebunden. Steht der Rhythmus des menschlichen Alltags nicht mehr in Resonanz dazu, entsteht ein großer Energieverlust, eine Zerrissenheit, Stress. Der Mensch wird – bildlich gesprochen – durchs Leben gejagt. Feinfühlige Menschen reagieren in besonderem Maße auf diese Situationen. Hafer vermag durch sein stabilisierendes Wesen einerseits die Belastbarkeit zu erhöhen und andererseits das Bewusstsein dafür zu schärfen, dass man sich oft selbst einer unnötigen Beunruhigung und Hektik ausliefert, indem man sich in den Strudel der vielfältigen Angebote ziehen lässt. Bei einer bewussten Wahl und allenfalls auch einem Verzicht kann sich im menschlichen Wesen wieder eine unerschütterliche Ruhe verankern. Dies bezieht sich auch auf eine eventuell vorliegende Suchtproblematik.»
Botanik
Der Hafer (Avena sativa L.) gehört zu Familie der Süssgräser (Poaceae). Er wird 60 – 150 cm hoch. Seine lineal-lanzettlichen Blätter umfassen den Stängel und werden bis 450 mm lang. Die Blätter fühlen sich fein-rau an. Der Hafer blüht in den Monaten Juni bis August. Im Gegensatz zu anderen Getreidenarten ist sein Blütenstand anders angeordnet: Die Blüten des Hafers stehen in einer Rispe, mit frei beweglichen und hängenden Blüten zusammen. Die Blüten der anderen Getreidesorten hingegen sind eng am Halm, in Form einer Ähre angeordnet. Das eigentliche Herkunftsgebiet der Pflanze ist nicht sicher bekannt, heute wird Hafer weltweit angebaut. Der Hafer wächst auch auf eher ungünstigen Standorten und liefert selbst hier gute Erträge. Er durchwurzelt den Boden intensiv und befestigt diesen somit, hierdurch dient er als Erosionsschutz.
Verwendung
Das Wort «Avena» soll aus dem Sanskrit «avasa» stammen, was «Nahrung» bedeutet. Aus diesem Grund verwundert es nicht, dass der Hafer insbesondere im Mittelalter eine der wichtigsten Getreidearten war. Seine große Bedeutung als gesundheitsförderndes Nahrungsmittel wurde auch von Paracelsus und vom Kräuterpfarrer Sebastian Kneipp betont. Darüber hinaus gelten arzneiliche Zubereitungen aus Hafer als ein ausgleichendes Tonikum für das Nervensystem. Deshalb kann der stärkende Hafer in allen Altersgruppen bei den Folgen von Stress und Überarbeitung eingesetzt werden. Die kräftigenden Eigenschaften dieser Getreideart erklären auch seinen Einsatz in der Phase der Rekonvaleszenz nach erschöpfenden und auszehrenden Krankheiten. Traditionell wird der Hafer auch bei Stimmungsschwankungen und leichten Schlafstörungen angewendet. In der Literatur finden sich auch Hinweise auf die Möglichkeit Hafer zur unterstützenden Begleitung von Menschen mit Suchtproblemen einzusetzen.
Inhaltsstoffe
Hafer enthält verschiedene Zucker, stickstoffhaltige Säuren (Aveninsäuren), und glycosylierte Steroidsaponine (Avenacoside). Daneben kommen auch Flavonoide und Mineralstoffe vor.
Referenzen
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Avena sativa L., herba and Avena sativa L., fructus. (2008).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Community Herbal Monograph on Avena sativa L., herba. Eur. Med. Agency (2008).
- BGA/BfArM (Kommission D). Avena sativa. Bundesanzeiger 190a, (1985).
- Vonarburg, B. Homöothanik – Arzneipflanzen der Homöopathie. (Haug Verlag, 2009).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




HIRTENTÄSCHEL
Capsella bursa-pastoris (L.) Medik.
WESEN: Bewahren, Einschränken, Umfassen der Lebenskraft
Wesen und Signatur
Signatur
«Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich Signatur und Wesen des Hirtentäschels verstanden habe. Während Jahren habe ich sie immer wieder intensiv studiert, um ihr Geheimnis zu ergründen. Die Signaturenlehre ist nichts Schematisches, bei dem man nach bestimmten Regeln vorgehen kann. Es gibt keinen Katalog mit Angaben über die Bedeutungen verschiedener Pflanzenformen. Der erste Schritt ist immer die seelische Verbindung mit einer Pflanze, indem man sich ihrer Ausstrahlung öffnet. Das Hirtentäschel hat mich aber völlig irritiert, weil es die einzige Pflanze war, bei der ich einfach keine Ausstrahlung wahrnehmen konnte. Ich habe die Pflanze stundenlang betrachtet und auch mit dem Mikroskop in allen Varianten untersucht, konnte aber nichts Bedeutsames finden. Bis ich eines Tages erkannte: Das Hirtentäschel hat gar keine Ausstrahlung, sondern es strahlt nach innen. Und dann verstand ich seine Signatur und sein Wesen. In der Elektrotechnik kennen wir Antennen. Sie können elektromagnetische Strahlung empfangen oder ausstrahlen. Dies ist in der belebten Natur genauso. Auch hier gibt es «Antennen», lange Dornen oder Haare zum Beispiel. Sie sind in der Lage und haben die Aufgabe, Strahlung – in diesem Fall Lebensenergie – aufzunehmen oder abzustrahlen. Um eine zielgerichtete Bewegung grafisch zum Ausdruck zu bringen, zeichnen wir einen Pfeil. Die Spitze eines Pfeils zeigt immer in die Richtung der Bewegung oder Strahlung. Auch in der Natur gibt es Pfeile, allerdings viel seltener als Antennen. Ein solches Beispiel ist nun das Hirtentäschel. Betrachten wir einmal die Form der Fruchtschoten. Es sind Pfeile, die nach innen, zur Pflanze hin gerichtet sind. Nach innen gerichtete Pfeile sind eine sehr grosse Ausnahme. Diese Pfeile deuten an, in welche Richtung die Lebenskräfte des Hirtentäschels strömen. Beim Hirtentäschel haben wir also keine Ausstrahlung wie bei allen anderen Pflanzen, die mit ihren ausstrahlenden Kräften nach aussen hin kommunizieren, sondern der Fluss der Kräfte strömt in der Gegenrichtung. Das heisst, das tiefste Wesen dieser Pflanze besteht darin, auch nur den geringsten Verlust an Lebenskraft möglichst zu vermeiden. Aus dieser Wesensart lässt sich die blutstillende Wirkung bestens verstehen, denn Blut ist pure Lebenskraft.»
Wesen
«Hirtentäschel ist eine Pflanze von intensiv vibrierender innerer Lebendigkeit, die sie jedoch nach außen hin weder durch Farbe noch durch Ausstrahlung zum Ausdruck bringen kann. Es gehört zum Wesen des Hirtentäschels, seine Lebenskräfte zu umfassen und im Innern festzuhalten, um dadurch einen Verlust zu verhindern. Das Wesen dieser Pflanze könnte man als das Gegenteil von charismatisch bezeichnen. Es ist konservativ, also bewahrend und fällt mit ihren Lebensäußerungen nie aus dem Rahmen. Hirtentäschel ist eine Pflanze für Menschen, die sich oft zu stark verausgaben, indem sie aus ihrem persönlichen Rahmen fallen. Den dadurch hervorgerufenen Verlust an Lebensenergie kann man auch mit einer Blutung vergleichen. Capsella bursa-pastoris (L.) Medik. ist also eine Pflanze, die äußerst spezifisch gegen körperliche und seelische Arten des Blutverlustes wirksam ist.»
Botanik
Capsella bursa-pastoris (L.) Medik., das Hirtentäschel, ist eine Pflanze die zu den Kreuzblütengewächsen (Brassicaceae) gehört und etwa 10 bis 70 cm hoch wird. Ihre grundständigen Blätter, die in einer Rosette angeordnet sind, können sehr vielgestaltig hinsichtlich ihrer Grösse und Form sein. Die Stängelblätter hingegen sind deutlich kleiner und lanzettlich geformt. Die Pflanze kann über das ganze Jahr blühen. Ihre langgestielten weissen Blüten stehen zunächst als Knospen gedrängt zusammen und strecken sich dann während des Erblühens und Fruchtens in die Länge. Die Blüten sind weiss gefärbt und nur 2 bis 3 mm lang, sie bestäuben sich vorwiegend selbst. Die charakteristischen Früchte der Pflanze sind verkehrt-herzförmig, sie sind mit der Spitze zum Stängel hin angeordnet. Ihre typische Form, die an die Taschen von Hirten erinnert, hat der Pflanze ihren Namen gegeben. Voller Vitalität kann das Hirtentäschel bis zu 4 Generationen im Jahr hervorbringen. Die Samen bewahren diese Vitalität, sie bleiben bis zu 30 Jahre im Boden keimfähig. Das Hirtentäschel besiedelt vor allem Äcker, Brachen und Gärten, man findet es aber auch an Wegrändern.
Verwendung
Bereits Paracelsus kannte das Hirtentäschel und stufte es als «Constrictivum» ein. Dieser Begriff ist lateinischen Ursprungs und bedeutet frei übersetzt, dass es sich um ein «zusammenziehendes Mittel» handelt. Die blutstillende Wirkung von Capsella bursa-pastoris (L.) Medik.ist folglich schon seit Jahrhunderten bekannt und wird in der einschlägigen, naturheilkundlichen Fachliteratur ausführlich beschrieben. Traditionell haben sich vor allem die Zubereitung als Kräuterteeaufguss und die Verwendung von alkoholischen Tinkturen durchgesetzt. Gerade in der Frauenheilkunde kommt das Hirtentäschel regelmäßig zum Einsatz. Insbesondere bei zu starker und zu langer Menstruationsblutung, die in manchen Fällen die Begleiterscheinung von Uterus-Myomen sind. Auch nach der Geburt, nach operativen Eingriffen und bei Nasenbluten kann diese Heilpflanze bei anhaltender Blutungsneigung eingesetzt werden. Je nach Lokalisation der Blutungsbeschwerden wird die innerliche Anwendung (oral) oder die äußerliche Anwendung (topisch) gewählt. Eine weitere traditionelle Form der Anwendung von arzneilichen Zubereitungen aus Hirtentäschel sind Nierenbeschwerden, insbesondere wenn diese mit der Bildung von Konkrementen (Sand, Griess und Steinen) im Urogenitaltrakt einhergehen.
Inhaltsstoffe
Capsella bursa-pastoris L. enthält Acetylcholin, Cholin, Diosmin, Tyramin, Histamin, Gerbstoffe und ein wenig ätherisches Öl. Weitere Inhaltsstoffe sind Saponine, Flavonoide, Vitamin C und Mineral-salze, darunter vor allem ein hoher Gehalt an Kalium.
Referenzen
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Capsella bursa-pastoris ( L .) Medikus , herba (EMA/HMPC/262767/2010). (2011).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




HOLUNDER
Sambucus nigra L.
WESEN: Reifung, Vollendung von Wärmeprozessen, Erwachsenwerden, Verantwortung, Schutz
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Holunder beginnt sich im Frühjahr als einer der ersten Sträucher unserer Wälder zu regen. Aus Stamm und Zweigen schiessen neue Triebe senkrecht nach oben und strecken sich in kurzer Zeit zu einer beachtlichen Länge. So überschiessend ist ihr Wachstum, dass die Borkenbildung nicht Schritt halten kann; mit einer blattartig grünen, dünnen Rindenhaut sind die jungen Triebe vorerst nur dürftig geschützt. Der Geruch dieses jungen, ungestüm treibenden Lebens ist, wie auch derjenige der Blätter, eigenartig brenzlig, unvollendet. Er erinnert an mottendes Feuer, dem es an ausreichendem Luftzug, an Sauerstoff fehlt.
Ein Jahr später hat sich das Jungholz äusserlich gefestigt, die Borke ist ausgebildet, und nun beginnen sich die Zweige leicht zur Erde hin zu biegen. Betrachten wir das Innere der Äste, indem wir mit einem Messer Schicht um Schicht des Holzes abschälen, entdecken wir ein schwammig poröses, leichtes Mark. Der Vergleich mit Styropor drängt sich auf. Der Holunderzweig ist in seinem Mark also reichlich luftdurchdrungen. Sind dies nicht eigenartige Zusammenhänge? Im Mark finden wir Lufteinschlüsse, während der Geruch der Blätter und jungen Triebe an einen Verbrennungsprozess mit ungenügender Luftzufuhr erinnert. Im weiteren Wachstum biegen sich die Zweige immer weiter nach unten. Bei älteren Sträuchern finden wir die Äste manchmal zu schön ausgeprägten Bogentoren geformt. Am Scheitel solcher Tore steigen immer jüngere Äste auf, die sich später ebenfalls zu Bogen formen, so dass oft mehrere gebogene Äste übereinander liegen. So finden wir im Holunder den Ausdruck grüner, aufstrebender Lebenskraft, die von der Erdenschwere erfasst wird, sich neu formt, nach oben reckt, um dann wieder nach unten gezogen zu werden. Die Rinde eines alten, reifen Holunders sieht zerschlissen und greisenhaft aus. Es ist wohl kein grösserer Gegensatz vorstellbar zwischen der grünen Haut der jungen Zweige und der zerfetzten grauen Borke des alten Stamms. Doch der Holunder ist nicht krank, neue Triebe spriessen wie eh und je, er sieht nur sehr alt aus. Im Frühling bringt der Holunder eine reiche Blütenpracht hervor. Die weissen Dolden (es sind Trugdolden) sind oft leicht konkav, wie empfangende, nach oben gerichtete Parabolspiegel, was für Dolden ganz ungewöhnlich ist. Die kleinen Einzelblüten sind wie blinkende, weisse Sternchen, die die übervollen gelbgoldenen Staubbeutel umschliessen. Kaum eine andere Pflanze produziert so grosse Mengen an Blütenpollen. Trocknet man beispielsweise Holunderblüten auf einem weissen Tuch oder Papier, ist dieses übersät mit einer Schicht aus gelbem Pollenpulver, das an feuriges Schwefelpulver erinnert.
Der Blütenduft ist geheimnisvoll süsslich, er trägt unsere Seele in andere Welten. Wenn wir die Tiefe des Holunderdufts ergründen möchten, muss es in den Abendstunden eines schönen Frühsommertags geschehen. Dann ist der Duft am stärksten. Im Herbst hängen die Früchte schwer am Strauch. Ihre Farbe ist schwarz wie die Nacht, der Geschmack säuerlich herb.
Was hat uns all dies zu sagen? Das Hauptthema, das sich wie ein roter Faden durch die Signatur des Holunders zieht, ist das Thema der Lebensenergie, die sich in den Dienst eines geistigen Reifungsprozesses, eines Wärmeprozesses stellt. Es liegt in der Natur des Lebens: erwachsen werden, Verantwortung übernehmen und vor allem geistige Reife erlangen ist nur in dem Masse möglich, wie sich die Lebensenergie transformieren kann und nicht mehr im vollen Übermut der Jugend ausgelebt wird. Dies führt notwendigerweise dazu, dass die jugendliche Vitalität abnimmt und sich ein Älter- und Reiferwerden in jeder Hinsicht einstellt. Ein geistig-seelischer Entwicklungsprozess erfordert auch immer wieder eine Neuorientierung, ein Verlassen von Konzepten und Zielen. Denn jede Entwicklung auf einer bestimmten Bahn, so gut sie zu Beginn auch sein mag, verliert nach einer gewissen Zeit an Kraft und wird negativ – sie biegt sich zur Erde hin. Darum muss auf dem Höhepunkt einer Entwicklung die alte Bahn verlassen und ein neuer Weg eingeschlagen werden. Nur so kann von wirklichem innerem Fortschritt die Rede sein. Dies zeigt uns der Holunder in eindrücklicher Weise.
Das Märchen «Frau Holle» der Gebrüder Grimm gibt uns ein vollkommenes Bild vom Wesen des Holunders (Holler). Nachdem die Hauptfiguren durch den Brunnenschacht zu einer tieferen Ebene (Ebene der seelischen Transformation) hinabgetaucht sind, müssen sie zunächst einen Reifungsprozess vollenden (gebackene Brötchen aus dem Ofen nehmen, reife Äpfel pflücken). Danach müssen sie ihre Lebenskraft in den Dienst von Frau Holle stellen, damit ihr Geist zur Klarheit kommt (Schnee auf der Erde). Wer diese Lebensaufgabe selbstlos und mit Hingabe erfüllt, wird mit geistigem Gold beschenkt, wer sie widerwillig und nur der Belohnung wegen ausführt, wird mit dem klebrigen Pech der Verstrickung ins Schicksal übergossen.
Der Holunder gehört zu den grossen Mysterienpflanzen. Er ist das äussere Sinnbild für eine wahrhaft geistige Entwicklung. In früheren Einweihungsschulen war die Pflanze denn auch ein wichtiges Symbol für den Weg zum höchsten Ziel, das ein Mensch je erreichen kann.»
Wesen
«Der Holunder ist die Schutzwesenheit für die Werke zur Veredlung und Vervollkommnung von Natur und Mensch. Das wesentliche Element, das dem Menschen zu kultureller und geistiger Höherentwicklung geschenkt wurde, ist das Feuer. Jeder Veredlungsprozess ist letztlich ein Wärme- und Bewusstwerdungsprozess. Dazu muss das Feuerelement im richtigen Maß eingesetzt werden, indem das Luftelement richtig dosiert und geregelt wird. Das Holunderwesen repräsentiert jene Kraft, die den richtigen Gebrauch, die richtige Handhabung der Luft (des Atems) und des Feuers ermöglicht. Es ist das geistige Prinzip, das die richtige Wärmetönung ermöglicht, damit die menschlichen Werke – sowohl die äußeren als auch die inneren Bewusstseinswerke – zu ihrer Vollendung kommen können.
Die Kraft des Holunders drängt den Menschen zu dem, was er werden soll, zur Vervollkommnung, zur seelischen und geistigen Höherentwicklung. Der Holunder lässt die Dinge ausreifen und erlaubt, sie zum richtigen Zeitpunkt zu ernten, er erlaubt, die nächste Stufe zu besteigen, ohne dass eine Stufe übersprungen wird. Der Holunder ist ein Bildnis für die Lebensaufgabe des Menschen. Seine Zweige wachsen gerade in den Himmel, um sich nach einer Zeit zurück zur Erde zu biegen. Er vergisst seine Wurzeln, seine Abstammung, nicht, er neigt sich zu allen, die mit ihm auf dem Weg sind. In seiner höchsten Blüte ist er in empfangender Geste nach oben geöffnet. Der Holunder bietet sich z.B. Menschen an, die sich ihrer Aufgabe noch nicht bewusst sind oder die eine eingeschränkte Vorstellung von ihrer Existenz, eine eigen sinnige Weltvorstellung haben. Sie beurteilen ihre Umgebung nach ihren Wertvorstellungen und lassen sich nicht leicht von ihrem Urteil abbringen. Es fehlt die Geste der Öffnung nach oben, die Öffnung für höhere Erkenntnis und umfassendere Zusammenhänge. Daraus können Erkrankungen der Atemwege entstehen, denn der Atem ist das Symbol für die geistige Verbindung mit Welt und Menschheit. Über den Atem stehen die Menschen in intimer Verbindung miteinander – «wir atmen einander ein». Wenn wir dies nicht zulassen, sind wir nicht mehr eingebunden ins Allgeschehen.
Einem eigensinnigen Menschen fehlt die Fähigkeit, ein Geschehen ausreifen zu lassen, einen Prozess zuzulassen. Er zieht voreilige Schlüsse und beharrt darauf, er erhitzt sich zu sehr für oder gegen etwas, Entstehungsprozesse geraten ins Stocken. Der ganze menschliche Lebenslauf ist ein Reifeprozess. Täglich, stündlich geschehen im Menschen körperliche und seelische Prozesse, größere und kleinere Zyklen, die einen Beginn, einen Höhepunkt und ein Ende haben. Solche Prozesse unterstehen ihrem eigenen zeitlichen Verlauf, ihrer eigenen Gesetzmäßigkeit. Der reife Mensch weiß darum und greift nicht ein, er überlässt sich der inneren Führung. Menschen jedoch, die übereifrig und zu emotional sind, greifen überall ein, bei sich und bei anderen, bringen Prozesse ins Stocken oder unterbrechen sie gar. Dies wirkt krankmachend, abwehrschwächend. Holunder kann mit seinem Prinzip der Reife helfend eingreifen und das Weiterschreiten ermöglichen. Es ist der Prozess der Reifung, des Erwachsenwerdens, der Übernahme von Verantwortung. Holunder unterstützt die Vollendung seelischer und körperlicher Reifungsprozesse und besitzt eine ausgeprägte Beziehung zu den durchlüfteten Organen (Atemwege und Nebenhöhlen). Er wird eingesetzt bei stockenden – nicht zur Vollendung kommenden – Wärmeprozessen, wenn zum Beispiel eine Entzündung lange nicht ausheilt oder zur Chronifizierung neigt. Entzündungen und hartnäckige Verschleimung im Bereich der Atemwege, chronische Sinusitis und Raucherhusten sprechen gut auf Sambucus an.
Botanik
Der Schwarze Holunder (Sambucus nigra L.) ist ein reich verzweigtes, strauch- oder auch baumförmiges Gehölz. Er ist in ganz Europa verbreitet und besiedelt feuchte Wälder sowie Wald- und Wegränder. Er kann bis 10 m hoch werden und bevorzugt nährstoffreiche Orte. Seine jungen Zweige sind grün und mit zahlreichen grauen, warzigen Punkten bedeckt, welche dem Gasaustausch dienen. Die jungen Triebe wachsen zunächst rasch nach oben und können so mehr als 1 Meter im ersten Jahr in die Höhe schiessen. Die Rinde der älteren Zweige hingegen ist ganz anders gestaltet, sie ist graubraun und wird tief rissig. Das Innere der Zweige ist erfüllt von einem weissen, luftigen Mark. An den Zweigen stehen die, bis 30 cm langen, unpaarig gefiederten grünen Blätter. Blätter und Rinde entwickeln einen unangenehmen Geruch beim Verreiben. Ab Juni bilden sich die gelblichweissen Blüten des Holunders, die in schirmförmigen Blütenständen zusammenstehen. Die Blüten duften intensiv süsslich und sondern viel gelblichen Pollen ab, der ein samtiges Gefühl auf der Haut hinterlässt. Nach der Befruchtung reifen dann, bis in den Herbst hinein, die schwarzen Beeren heran.
Verwendung
Der Holunder ist eine feste Säule der Traditionellen Europäischen Medizin. Die heilkundliche Tradition reicht bis zu Hippokrates und Paracelsus zurück. Eine der bekanntesten Eigenschaften der Holunderblüten ist die diaphoretische (schweißtreibende) Wirkung. Die Anwendung als schweißtreibendes, diuretisches und bronchialsekretorisches Mittel bei Erkältungskrankheiten hat sich in der Pflanzenheilkunde bewährt. Auch in der Homöopathie wird der Holunder erfolgreich bei Entzündungen der Atemwege eingesetzt. Somit gehören zu den typischen Anwendungsgebieten des Holunders die Erkältungskrankheiten, leicht fieberhafte Affektionen, Erkrankungen der Respirationsorgane, Laryngitis, Bronchitis, Husten und Schnupfen.
Inhaltsstoffe
Typische Inhaltsstoffe des Holunders, Sambucus nigra L., sind ätherisches Öl und Flavonoide. Zu den weiteren Inhaltsstoffen zählen Sterole und Triterpene, Phenolcarbonsäuren wie Chlorogensäure, Schleimstoffe und Gerbstoffe. Insbesondere die Früchte enthalten zudem verschiedene Vitamine. In Spuren kann man potentiell giftige cyanogene Glykoside, wie Sambunigrin finden, die aber beim Kochen zersetzt werden.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Wichtl, M. et al. Teedrogen und Phytopharmaka. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 1997).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen P-Z. (Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1994).
- 4. Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Sambucus nigra L ., flos. EMA/HMPC/611504/2016 (2018).
- BGA/BfArM (Kommission E). Sambuci flos (Holunderblüten). Bundesanzeiger 50, (1986).
- BGA/BfArM (Kommission D). Sambucus nigra. Bundesanzeiger 54a, (1989).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil


HOPFEN
Humulus lupulus L.
WESEN: Rückzug, Fröhlichkeit, Leichtigkeit
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Hopfen ist eine Schlingpflanze, die bis zu 8 m hoch wird. Die Pflanze ist zweihäusig, das heisst, es gibt weibliche und männliche Pflanzen. Der angebaute Hopfen ist ausschliesslich weiblich, da für die Herstellung von Bier oder Heilmitteln die weiblichen Fruchtstände, die Hopfenzapfen kurz vor der Reife verwendet werden. Der gelblich grüne, hängende Fruchtstand ist eiförmig und besteht äusserlich aus 1 bis 2 cm langen Deckblättern (Schuppen), die sich dachziegelartig decken. Die Innenseiten der Deckblätter sind übersät mit kleinen, glänzenden, hellgelben Drüsenschuppen. In diesen Drüsen sind die Wirkstoffe enthalten: das bitter schmeckende Harz und das aromatisch riechende ätherische Öl. Wenn im Spätsommer der Hopfen zur Verarbeitung in unserem Labor ankommt, ist dies immer ein sehr freudiges Ereignis, denn gute Laune und Unbeschwertheit sind in der Lieferung mit inbegriffen. Ein Sack frischer Hopfen verbreitet einen wunderbaren, süsslichen Duft, der sofort auf die Psyche wirkt; Fröhlichkeit und Leichtigkeit breitet sich aus, und die Menschen fühlen sich miteinander verbunden. Die Schuppen des Panzerhemds unserer Persönlichkeit, mit dem wir uns oft innerlich abschotten, fallen wie von selbst ab und lassen uns aufeinander zugehen.
Auch der dachziegelartige Bau der Hopfenzapfen ist etwas Besonderes und Geheimnisvolles. Frische Hopfenzapfen sind fein, leicht, weich und doch kompakt; sie verheissen ein reiches Innenleben, Fülle und Fruchtbarkeit. Man möchte die Zapfen berühren, sie öffnen, zerpflücken – sie sind einfach unglaublich anziehend.
Die Hopfenzapfen sind weiblich und eiförmig. Sie verheissen Leben und Fruchtbarkeit. Es ist Leben in der Vereinigung, in der Symbiose; viele kleine Schuppen sind es, die das Ei bilden. Die Hopfenzapfen lassen an die Kindheit denken, an die Unbeschwertheit und die Symbiose mit der Mutter. Der Hopfen ist eine nährende Pflanze; er nährt nicht mit Kalorien, sondern mit Lebenskräften. Im Bier werden die Kalorien vom Malz und vom Alkohol geliefert, und so ist dieses beliebte Getränk ein wunderbares Mittel, um Geborgenheits- und Verschmelzungsgefühle aufkommen zu lassen, wie sie in der Kindheit selbstverständlich waren. Da die lieblich einlullende und nährende Wirkung des Hopfens auf der psychischen Ebene stattfindet und dort das Verlangen nach Verschmelzung teilweise befriedigt, wird der Geschlechtstrieb – das Verlangen nach körperlicher Verschmelzung – abgeschwächt. Hopfen ist von alters her ein Mittel zur Dämpfung eines übersteigerten männlichen Geschlechtstriebs.
Zu erwähnen ist noch die Tatsache, dass die Hopfenpflanze rechtswindend ist. Dies ist eine Seltenheit, denn die meisten Schlingpflanzen sind linkswindend. Der Drehsinn von Spiralformen hat eine wichtige energetische Bedeutung; linksdrehende Spiralen führen Kräfte aus der Materie hinaus, und rechtsdrehende Windungen begleiten die Materialisierung von Kräften. So wird durch die Rechtsdrehung das mütterliche, symbiotische Wesen des Hopfens zusätzlich unterstrichen.»
Wesen
«Der Hopfen ist eine Pflanze, die den Rückzug symbolisiert. Sein Wesen ist nicht darauf gerichtet, Ideen umzusetzen und Energien anzuwenden. In der Ruhe und Abgeschiedenheit oder im geschützten Kreis Gleichgesinnter schweifen die Gedanken, ohne konkret schöpferisch wirksam zu werden. Hat man in der Arbeit oder im Leben überhaupt seine Energie, sein Engagement gegeben, folgt nun die Umkehrung am Feier- oder Lebensabend. Nach vollendetem Tagewerk darf man sich nun entspannen. Die Energien können in die umgekehrte Richtung fließen, man ist auf Empfangen, auf Regeneration eingestellt. Das Hopfenwesen schirmt sich ab von störenden Einflüssen, die einen in den Alltag zurückholen; entweder durch Rückzug in «klösterliche» Einsamkeit oder in der Abgeschlossenheit eines Kreises von Freunden. Die Gedanken steigen kreisend in die Höhe, entfernen sich von den Pflichten und Verantwortungen, möchten sich aus der Realität herausziehen. Durch die Distanz können sich Spannungen und Unruhe lösen, das Gemüt wird fröhlich und leicht.
Das Wesen des Hopfens hilft Menschen, die eher am Stoffwechselpol verhaftet sind und zu einer gewissen Erdenschwere neigen, die tagsüber schläfrig sind und nachts wach liegen. Durch die Einnahme von Hopfen verlieren sie das Schwerfällige, Schläfrige und erfahren nachts eine lösende Ruhe.
Hopfenzubereitungen können aber auch umgekehrt wirken. Menschen, deren Aktionskreis kleiner geworden ist infolge Altersbeschwerden oder Krankheit haben oft Mühe, sich umzustellen. Sie fühlen sich innerlich noch ganz aktiv, werden aber von außen durch ihre Behinderung oder durch ihr Alter begrenzt. Dadurch entsteht Spannung und Unruhe. Ebenso fühlen sich viele junge Menschen energiegeladen und verlangen danach, aktiv zu werden; ihr Aktivitätspotenzial besitzt aber noch kein oder ein ungenügendes Profil. Sie müssen lernen, sich unterzuordnen, und erfahren dadurch Begrenzung; es entsteht Spannung. In vielen Lebenssituationen muss der richtige Zeitpunkt abgewartet werden, um handeln zu können. Dabei besteht die Gefahr, dass man die Geduld verliert, pessimistisch oder aggressiv wird. Durch eine Veränderung ist man aus einem Lebensbereich herausgewachsen, man steht «auf dem leeren Bahnsteig am richtigen Geleise» und wartet. Die neue Situation kündigt sich an, ist aber noch nicht konkret vorhanden. Nun ist es wichtig abzuwarten, die Spannung auszuhalten.
Die Wesenskraft des Hopfens hilft, die erwähnten Spannungen dadurch aufzulösen, dass sie das kreative Potenzial in die richtigen Wege leitet. Durch diese Entspannung kann der richtige Schlafrhythmus wieder gefunden werden.»
Botanik
Humulus lupulus L., der Gewöhnliche Hopfen, ist ein ausdauerndes Schlinggewächs, welches zur Familie der Hanfgewächse (Cannabaceae) gehört. In der Vegetationszeit kann der Hopfen bis 8 m lange oder sogar noch längere Triebe ausbilden, die mit Kletterhaaren besetzt sind und sich im Uhrzeigersinn, also rechtswindend, um ihre Unterlage winden. Dies kann man erkennen, wenn man von oben auf einen solchen Trieb herabschaut. Die meisten anderen Ranken die wir kennen, klettern hingegen linkswindend. Die langen Triebe des Hopfens werden jedes Jahr aufs Neue, ab April, aus dem unterirdisch liegenden Rhizom gebildet. Pro Tag können sie bis zu 10 cm wachsen! Kulturhopfen kann bis 50 Jahre alt werden. Seine grossen schönen Blätter stehen gegenständig am Stängel und sind 3 bis 5lappig. Sie sind dunkelgrün und rauhaarig, unterseits etwas heller und mit gelben Drüsen besetzt. Ab etwa Juli beginnt der Hopfen mit der Blüte. Hierbei fällt auf, dass es männliche und weibliche Pflanzen gibt. Die Blüten der männlichen Pflanzen sind unscheinbar und stehen in lockeren Rispen zusammen. Die weiblichen Blüten hingegen stehen in den bekannten eiförmigen, ährigen Kätzchen zusammen, die fast kein Eigengewicht zu haben scheinen. An diesen Kätzchen stehen die Deckblätter dachziegelartig zusammen und bilden den 2 bis 5 cm langen und 1 bis 2 cm breiten Fruchtstand aus. Die Innenseiten der Deckblätter sind übersäht mit kleinen, glänzenden und hellgelben Drüsenschuppen, die das bittere Hopfenharz enthalten. Die weiblichen Blütenstände verströmen einen typischen und intensiv würzigen Duft und haben einen sehr stark bitteren und langanhaltenden Geschmack.
Verwendung
Die Anwendung des bitteren Hopfens als Zusatz in Getränken – sei es zur Verbesserung der Haltbarkeit oder zum Aromatisieren – ist schon mindestens seit dem Mittelalter bekannt. Neben der Bierherstellung kann der Charakter des ätherischen Öls und der Bitterstoffe der jeweiligen Hopfenart auch medizinisch in der Dufttherapie seine Wirkung entfalten. Typisch für den Hopfen ist die beruhigende und schlaffördernde Wirkung. Auch die angstlösende und die in der Volksheilkunde beschriebene anaphrodisierende Wirkung wurde bereits untersucht. Zu den Anwendungsgebieten des Hopfens gehören daher Unruhe, Nervosität, Angstzustände und Schlafstörungen. Als Amarum aromaticum kann sich der Hopfen auch über die Bitterwirkung z.B. bei dyspeptischen Beschwerden als nützlich erweisen.
Inhaltsstoffe
Die Hopfenzapfen enthalten ätherisches Öl, welches ihnen den charakteristischen Geruch verleiht. Das ätherische Öl setzt sich hauptsächlich aus Mono- und Sesquiterpenen zusammen (z. B. Humulen und Caryophyllen). Daneben enthält Hopfen auch bitter schmeckende Humulone und Lupulone. Des Weiteren findet man unter anderem Flavonoide (z.B. Xanthohumol) und Gerbstoffe.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment Report on Humulus Lupulus L., Flos. EMA/HMPC/418902/2005 (2014).
- European Scientific Cooperative On Phytotherapy (ESCOP). ESCOP Monographs. (Georg Thieme Verlag, Rüdigerstrasse 14, D-70469 Stuttgart, Germany and Thieme New York, 333 Seventh Avenue, New York NY 10001, USA, 2003).
- Saller, R., Melzer, J., Uehleke, B. & Rostock, M. Phytotherapeutische Bittermittel. Schweizerische Zeitschrift fur GanzheitsMedizin 21, 200–205 (2009).
- BGA/BfArM (Kommission D). Humulus lupulus (Lupulus). Bundesanzeiger 172 a, (1988).
- Zanoli, P. et al. Experimental evidence of the anaphrodisiac activity of Humulus lupulus L. in naïve male rats. J. Ethnopharmacol. 125, 36–40 (2009).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




JOHANNISKRAUT
Hypericum perforatum L.
WESEN: Lichtassimilation, Nervenkraft, Stabilität
Wesen und Signatur
Signatur
«Johanniskraut ist eine Pflanze des Mittsommers, sie blüht um den Johannistag (24. Juni). Sie gehört zur Familie der Hartheugewächse und wächst an Wegrändern, in Kahlschlägen, auf Brachwiesen sowie in Kiesgruben. Ihre auffallenden Merkmale sind die Stabilität des Stengels, die Lichthaftigkeit der Blüten, die «perforierten» ovalen Blätter und der in ihr enthaltene rote Farbstoff. Der Familienname Hartheugewächs sagt schon viel aus. Noch im Schnee des Winters stehen die starren, dürren Stengel des Johanniskrauts am Wegrand und wecken wehmütige Erinnerungen an vergangene Sommertage. Der Stengel ist fest und zweikantig (eine Seltenheit im Pflanzenreich) und strebt aufrecht mit einer leichten Spiralwindung und einem leichten Aufwärtsbogen (wie bei einer Wirbelsäule) zum Licht. Die zahlreichen kreuzweise gegenständig angeordneten, mehr oder weniger geradlinigen Seitentriebe sind schräg nach oben gerichtet, so dass jeweils zwei Seitentriebe ein auf die Spitze gestelltes, nach oben offenes gleichseitiges Dreieck bilden. Wie bei einer Figur, deren Arme empfangend schräg nach oben ausgestreckt sind. Lassen wir dieses Gerüst aus Stengel und Seitentrieben auf unser Gemüt wirken, so haben wir ein Bild von Stabilität und Gleichgewicht. Eine Waage, die sich im Gleichgewicht befindet. Dies gerade deshalb, weil wir im Gerüst eine hohe Ordnung, aber keine vollkommene Geradlinigkeit und Symmetrie finden. Alles ist leicht verdreht und gebogen und bringt so das Stabilitätsprinzip der Natur zum Ausdruck. Warum?
In der Natur herrscht ein weiser Plan, und alles ist nach einer bestimmten Ordnung gefügt. Wir finden in der belebten Natur Symmetrien, Zahlengesetzmässigkeiten, Kreisläufe, harmonikale Muster, Rhythmen, doch sie sind niemals mathematisch perfekt. Die mathematische Perfektion gehört in die Sphäre des Mineralischen, der Kristalle. Im Reich des Lebendigen bedeutet die absolute Ordnung Starre und Tod. Man weiss zum Beispiel, dass Patienten kurz vor einem Herzinfarkt einen Herzrhythmus haben, dessen Phasen absolut zeitgleich sind. Ein starres System kann nicht mehr reguliert werden und kippt bei der geringsten Störung.
Die goldgelben Blütenblätter des Johanniskrauts sind radiär symmetrisch, in einer Ebene ausgebreitet wie kleine Sonnenscheiben. Beim Anblick von oben fällt auf, wie sie von innen nach aussen verdreht sind. Die Johanniskrautblüten haben einen deutlichen Drehsinn und erinnern an kleine Windräder. In welche Richtung läuft die Drehung? Wir finden etwa in gleicher Zahl rechts- und linksdrehende Blüten – und dies ist eine Ausnahme im Pflanzenreich. Es gibt zwar andere Blüten, die ebenfalls einen Drehsinn haben, doch dieser läuft immer nur in dieselbe Richtung. Oleanderblüten zum Beispiel sind immer rechtsdrehend und Immergrünblüten immer linksdrehend. Besteht ein Gleichmass zwischen rechts und links, deutet dies auf ein «In-der-Mitte-Stehen» hin. Zur Johanniszeit findet der Wechsel vom aufbauenden Teil des Jahres (durch Rechtsdrehung symbolisiert) zum abbauenden Teil des Jahres (durch Linksdrehung symbolisiert) statt. Das Johanniskraut blüht nicht zufällig in der Mitte des Jahres (auch andere Pflanzen blühen zu dieser Zeit), sondern weil dies zu seinem innersten Wesen gehört. Dann, wenn die Tage am längsten, die Lichtkräfte am intensivsten sind, entfaltet Hypericum seine sonnenhaften Blüten und scheint deren Lichtenergie wie mit Rädern (vergleiche Chakras) aufzunehmen. Die Überfülle an Lichtkräften kommt eindrücklich in den sehr zahlreichen Staubfäden und Staubbeuteln zum Ausdruck, die strahlenartig, wie Funken versprühend, von der Blütenscheibe ausgehen. Die harmonisch geformten ovalen und ungestielten Blätter erscheinen wie punktiert durchlöchert (daher der Namenszusatz perforatum). In Wirklichkeit sind dies die durchscheinenden Zellen von Exkretbehältern. Hier besteht ein direkter Bezug zwischen der Signatur und der spezifischen Wirkung des Johanniskrauts bei Stichverletzungen. Dies hat auch eine seelische Dimension, da Johanniskraut auch bei seelischen Verletzungen eingesetzt werden kann. Beim Zerdrücken der Blüten oder Knospen zwischen den Fingern tritt ein blutroter Farbstoff aus. Es handelt sich um die Substanzgruppe der Hypericine. Auch die Hypericum-Urtinktur oder das Johannisöl sind tiefrot. Rot ist die Farbe der Aktivität und der Willenskraft. Durch diesen reichlich enthaltenen Farbstoff bringt das Johanniskraut zum Ausdruck, dass die assimilierten Lichtkräfte zu Willenskraft transformiert werden können.»
Wesen
«Johanniskraut hat von allen Heilpflanzen die stärkste Beziehung zum Licht. Die zur Zeit der Sommersonnenwende blühende Pflanze fördert die Aufnahme und Speicherung von Licht und dessen Umwandlung in Nervenkraft. Licht ist eine essenzielle Energiequelle für die Nerven, die Schnittstelle zwischen Körper und Seele. Wer zu wenig aus dieser Quelle schöpfen kann, da – konstitutions- oder situationsbedingt – die Lichtaufnahmefähigkeit geschwächt ist oder das Lichtangebot durch anhaltend trübe Witterung oder langen Aufenthalt in künstlich beleuchteten Räumen vermindert ist, wird trübsinnig und depressiv. Dann wirkt Johanniskraut aufhellend. Johanniskraut ist auch bei Verletzungen von Körper und Seele angezeigt. Depressionen als Folge erlittener physischer und psychischer Verletzungen und Kränkungen oder Schnitt- und Stichwunden mit Nervenverletzungen werden sehr erfolgreich behandelt. Das Nervensystem wird stabilisiert. Dosierung beachten!»
Botanik
Hypericum perforatum L., das Johanniskraut, ist eine sommergrüne Staude, die in ganz Europa verbreitet ist und auf eher trockenen und sonnigen Standorten vorkommt. Die Art gehört zur Familie der Johanniskrautgewächse (Hypericaceae), wird bis etwa 80 cm hoch und wächst aus ihrer spindelförmigen Wurzel aufrecht nach oben. Der sehr harte, verholzende Stängel des Johanniskrautes ist durchgehend zweikantig, was man sehr gut fühlen kann, wenn man mit den Fingern an ihm entlangleitet. Im oberen Teil verzweigt sich der Stängel ästig und die Seitentriebe wachsen schräg aufwärts und bilden dadurch ein auf der Spitze stehendes Dreieck mit dem Stängel in der Mitte. An den Stängeln und Seitentrieben sitzen die gegenständigen und oval eiförmigen bis länglich linealischen Blätter der Pflanze. Sie sind dicht mit hellen und durchsichtigen Öldrüsen besetzt sind und geben den Blättern ein «perforiertes» Aussehen. Dies hat der Art ihren Beinahmen «perforatum» eingebracht hat. Im oberen Teil der Pflanze bilden sich im Juni, meist um Johanni herum, die Blüten der Pflanze aus. Diese sind fünfzählig, sie blühen gelb, und stehen in Trugdolden zusammen. Betrachtet man die gelben Kronblätter genauer, wird man auf diesen, dunkle Flecken von Drüsen erkennen. Ausserdem lässt sich erkennen, dass die Kronblätter je eine flache Seite sowie eine gewölbte Seite haben. Hierdurch sind sie leicht asymmetrisch und die Blüte erhält als Ganzes die Form eines Windrades verliehen. Um das Zentrum der Blüte herum, stehen in mehreren Bündeln viele Staubblätter, die wie Strahlen nach aussen greifen und der Blüten hierdurch ein sonnenhaftes Aussehen geben. Aus dem ganz in der Mitte stehenden Fruchtknoten entwickelt sich nach der Befruchtung eine Kapsel, die zahlreiche kleine Samen enthält. Beim Zerreiben der Blüte zwischen den Fingern hinterlässt das enthaltene Hypericin eine blutrote Färbung.
Verwendung
Das Johanniskraut, Hypericum perforatum L., zählt seit dem Altertum über das Mittelalter und bis heute zu den bekanntesten Heilpflanzen überhaupt. Aus den zahlreichen naturheilkundlichen Anwendungsgebieten, haben sich heute mehrheitlich diejenigen aus dem Bereich der Nerven, der Psyche, der Verdauung und Wundheilung durchgesetzt. Geistige Erschöpfungszustände, Verdauungsbeschwerden, Verletzungen des peripheren und zentralen Nervensystems und Verstimmungszustände gehören zu den heutigen Anwendungsgebieten. Diese basieren auf dem homöopathischen Arzneimittelbild und oder langjähriger traditioneller pflanzenheilkundlicher Anwendung. Des Weiteren wird Johanniskraut zur Wundheilung bei Entzündungen und Verbrennungen der Haut eingesetzt. Für die äusserliche Anwendung sind ölige Zubereitungen aus Johanniskraut üblich (Rotöl). Johanniskraut zählt heute zu den am besten untersuchten Arzneipflanzen mit belegter klinischer Wirksamkeit und guter Verträglichkeit.
Inhaltsstoffe
Charakteristische Inhaltsstoffgruppen des Johanniskrauts sind Naphthodianthrone (Hypericin), Phloroglucinderivate (Hyperforin) und Flavonoide (Hyperosid). Des Weiteren sind Procyanidine, ätherisches Öl und phenolische Säuren enthalten.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Hypericum perforatum. EMA/HMPC/101303/2008 (2009).
- BGA/BfArM (Kommission E). Hyperici herba (Johanniskraut). Bundesanzeiger 228, (1984).
- BGA/BfArM (Kommission D). Hypericum perforatum (Hypericum). Bundesanzeiger 190 a, (1985).
- Linde, K., Berner, M. M. & Kriston, L. St John’s wort for major depression (Review). Cochrane Database Syst. Rev. (2008). doi:10.1002/14651858.CD000448.pub3
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2018).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




KAMILLE
Matricaria chamomilla L.
WESEN: Geborgenheit, Geduld, Sanftmut, Mütterlichkeit
Wesen und Signatur
Signatur
«In den Kamillenblüten sehen wir das gleissende Licht des Hochsommers. Über dem trockenen, warmen Ackerboden haben die Lichtkräfte in ihr ihren Ausdruck gefunden. Der Blütenkranz ist blendend weiss, die aufgewölbte Blütenscheibe hellgelb glänzend. Die Blütenmitte fühlt sich fein an und hat eine glatte Oberfläche, so dass sie im Sonnenlicht einen starken Glanz ausstrahlt. Die Blätter sind sehr fein, zweifach fiederschnittig. Die einzelnen Abschnitte sind nur noch als Linien angedeutet. Wie Antennen oder wie feinfühlige Sinnesorgane richtet die Kamillenpflanze ihre Blattspitzen in alle Richtungen. Alles an ihr ist auf das Empfangen und Aufnehmen gerichtet. Eine hohe Sensibilität spricht aus ihrer Gestalt. Und doch ist die Kamille deswegen nicht hypernervös. Im Gegenteil, allerorts ist das dämpfende Prinzip, die Abfederung, am Werk. So sind die Blätter sehr weich, wie Federn. Am deutlichsten kommt das Prinzip der Dämpfung im gewölbten gelben Blütenboden zum Ausdruck. Im Verlaufe der Entwicklung wölbt er sich stark nachoben. In der Längsrichtung durchschnitten, gibt der zylindrische Blütenboden einen luftgefüllten Hohlraum frei. Wie durch ein Luftkissen dämpft die Blüte jegliche Heftigkeit ab. Das Blendende, Gleissende wird gemildert durch das sanft Dämpfende des luftgepolsterten Blütenbodens. Die Kamille hat ein tiefblaues ätherisches Öl, was eine Ausnahme ist; die ätherischen Öle sind meistens farblos oder gelblich. Doch das Öl ist nicht schon in der frischen Pflanze blau, sondern nimmt erst nach der Gewinnung durch die Wasserdampfdestillation diese Farbe an. Dabei wird ein blauer Stoff gebildet, der das Öl färbt. Das farblose, undifferenzierte ätherische Öl der Kamille wandelt sich in der Verbindung mit Wasser und Wärme zum Blauöl, das Sanftheit, Ruhe und mütterliche Geborgenheit ausstrahlt. Blau ist die Farbe des Ozeans, der Leben hervorbringt, und auch der Urmutter. Das farblose, undifferenzierte Wasser nimmt im strahlenden Sonnenlicht die tiefblaue Farbe des Ozeans an. Wesensverwandt sind die lateinischen Begriffe mare, mater und materia – und daran fügt sich die Matricaria, die Kamille, an. Der typische Geruch des Kamillenöls hat einen angenehm warmen, aber nicht feurigen Charakter. Die Kamille ist wohl der Inbegriff einer Heilpflanze. Ein von Bauchweh geplagtes Kind, die umsorgende Mutter, der warme Kamillentee – das gehört einfach zusammen. Es sind nicht nur die krampflösenden Wirkstoffe, die dem Kind so gut tun, das Kamillenwesen verstärkt zudem die mütterliche Zuwendung. Das Kind wird bei der Geburt aus der weichen, warmen, dunklen Geborgenheit des Mutterschosses hinausgestossen in eine harte, kalte und helle Welt. Das Neugeborene erfährt das Licht zuerst als einen blendenden Schmerz, doch nach und nach lernt es, sich am Licht zu orientieren, mit den Augen die Welt in sich aufzunehmen. Die Mutter umgibt das Kind mit der Weichheit und Wärme ihrer Geborgenheit, und sie begleitet es bei den ersten Entdeckungen im Licht der Welt, aber sie muss es immer wieder vor den extremen, gleissenden Sinneseindrücken behüten. Das Bedürfnis nach Wärme und Weichheit ist also geblieben, aber das Licht verliert langsam seine Bedrohlichkeit für den Säugling. Das Kind erwacht mehr und mehr im Verlangen nach dem weichen Schein des Lichts. Licht, Weichheit und Wärme begegnen uns in der wunderbaren Kamille.»
Wesen
«Kamille vermittelt ein Gefühl mütterlicher Geborgenheit, indem sie eine übersteigerte innere oder äußere Sinnesempfindlichkeit dämpft und Krampfzustände durch milde Wärme löst. Bei einer gesteigerten Sinnesempfindlichkeit erscheinen Mitmenschen, Situationen und Umwelt sowie der eigene Körper in einem grellen, übertriebenen Bild. Dann fühlt man sich angreifbar und ungeborgen, man ist sehr schmerzempfindlich, reizbar und reagiert bei geringstem Anlass ärgerlich und ungeduldig. In diesen Situationen vermittelt die Kamille eine ruhevolle Sanftheit und lindert entzündliche und krampfartige Prozesse.»
Botanik
Die Kamille (Matricaria chamomilla L.) (Familie: Asteraceae, Korbblütengewächse), wird zwischen 10 – 80 cm gross. An ihrem festen Stängel sitzen die sehr feinen und stark fiederschnittigen Blätter der Pflanze, die fast bis auf die Blattadern reduziert sind. Das Blatt hat dadurch praktisch keine flächige Struktur mehr. In den Monaten Mai bis August erscheinen die Blütenköpfchen einzeln an den Stängelenden, sie haben einen Durchmesser von 1.5 – 2.5 cm. Der Blütenstand ist aus weissen Zungenblüten und gelben Röhrenblüten zusammengesetzt. Der Blütenboden ist anfangs flach, später stark gewölbt mit einem Hohlraum der sich dann in der Mitte bildet. Die oberirdischen Pflanzenteile der Echten Kamille, insbesondere die Blüten, entwickeln beim Zerreiben einen angenehm aromatischen, charakteristischen Geruch. Ursprünglich war die Art vermutlich im Mittelmeergebiet heimisch, heute ist sie in Mitteleuropa verbreitet und kommt auf Äckern, Brachen und an Wegrändern vor.
Verwendung
Die in ganz Europa verbreitete Kamille besitzt ein sehr breitgefächertes Anwendungsspektrum, insbesondere im Bereich der Kinderheilkunde. Die Varianten der Zubereitungsformen sind vielfältig: Tee, Gewinnung des ätherischen Öls, Fluidextraktion mit wässrig-alkoholischen Lösungsmitteln und medizinisch-kosmetische Produkte. Die Kamille verfügt über antibakterielle und wundheilungsfördernde Eigenschaften. Deshalb hat sich das Spülen und Gurgeln des Mund-Rachenraumes mit Kamillenzubereitungen bewährt, um die entzündeten Schleimhäute zu beruhigen. Die entzündungshemmenden Eigenschaften in Kombination mit der krampflösenden Wirkungsweise erklären, warum Matricaria chamomilla L. zu den Hauptmitteln bei Reizungen, Krämpfen und Koliken der Verdauungsorgane zählt. Entzündungen der Atmungsorgane können ebenfalls mitbehandelt werden. In der Frauenheilkunde zählen krampfartige und schmerzhafte Beschwerden der weiblichen Geschlechtsorgane zu den Hauptanwendungsgebieten. Bei Kindern sind Kamillenpräparate bei reizbaren Verstimmungen, Unruhezuständen, Schlafstörungen und Zahnungsbeschwerden angezeigt.
Inhaltsstoffe
Matricaria chamomilla L. enthält ätherisches Öl, welches sich unter anderem aus Sesquiterpenlactonen (z.B. Matricin) zusammensetzt. Das während der Wasserdampfdestillation entstehende Chamazulen gibt dem Kamillenöl seine besondere tiefblaue Farbe. Weitere typische Inhaltsstoffe sind u.a. Flavonoide, Phenolcarbonsäuren und Cumarine.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Matricaria recutita L., flos. EMA/HMPC/55843/2011 44, (2015).
- BGA/BfArM (Kommission D). Chamomilla Recutita (Chamomilla). Bundesanzeiger 217a, (1985).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




KAPUZINERKRESSE
Tropaeolum majus L.
WESEN: Durchwärmung des Wässrigen und Lichtdurchdringung des Feuchten und Dunkeln
Wesen und Signatur
Signatur
«Die Kapuzinerkresse gehört zu den Pflanzen mit einer besonders ausdrucksstarken Signatur. Ihre Blätter sind eigentlich nicht diejenigen einer Landpflanze. Der Blattstiel ist mit der Mitte der Blattspreite verwachsen, so dass das beinahe kreisrunde Blatt wie ein Schild aussieht. Normalerweise ist der Blattstiel mit dem Grund der Blattspreite verwachsen, auch dann, wenn das Blatt sich ganz in die Runde ausbreitet, wie z. B. beim Frauenmantel. Das Konstruktionsprinzip dieses Blatts kommt sonst nur bei einigen Wasserpflanzen vor, deren Blätter auf dem Wasser schwimmen. Damit erkennen wir schon einen zentralen Aspekt der Signatur: Die Landpflanze Kapuzinerkresse bringt durch ihre Blätter den Charakter einer Wasserpflanze zum Ausdruck, und die Blattflächen markieren gewissermassen die Wasseroberfläche. Nun hat aber die Kapuzinerkresse äusserst licht- und wärmebetonte Blüten, wie man sie bei Wasserpflanzen nicht findet. Die grossen, schön geformten Blüten sind leuchtend gelb, strahlend orange und feurig rot. Viele andere Pflanzen bringen ebenfalls lichtbetonte Blüten hervor, die sich dann möglichst nach aussen hin orientieren, dem Licht zugewendet. Bei der Kapuzinerkresse finden wir umgekehrte Verhältnisse. Die strahlenden Blüten werden immer wieder von den Blättern überwachsen und ins Dunkel abgedrängt. Die Pflanze bildet zwar wieder neue Blüten, doch diese erleiden das gleiche Schicksal. So zeigt sich oft das erstaunliche Bild, dass die lichthaften Blüten, völlig verdeckt von den Blattschilden, im Dunkel vor sich hin leuchten. Da die Blattflächen wie oben dargelegt als «Wasseroberfläche» gesehen werden können, erkennt man darin das Wesen der Pflanze, das in der Lichtdurchdringung des Feuchten besteht.»
Wesen
grundlegenden Elemente des Lebens. Jede Lebensform gedeiht nur in einem spezifisch abgestimmten Verhältnis von Feuer und Wasser. Für die Landlebewesen gilt: Mangelt es an Wasser, vertrocknen die Lebensorganismen, gibt es Wasser im Überfluss, «ertrinken» sie. Das Feuer regelt diese Verhältnisse. Das Element Feuer ist von Natur aus warm und trocken, das Element Wasser nass und kalt. Das Maß des Eingreifens des Feuerelements (Sonne) schafft die den jeweiligen Lebensformen angepassten Verhältnisse von Warm und Kalt sowie Trocken und Nass. Diese Elemente haben auch eine höhere Bedeutung. Das Feuer steht für die Bewusstseins- oder Ich-Kraft, das Wasser für die Lebenskraft. Die Kapuzinerkresse wirkt als regelnde Kraft für die richtige, angemessene Verbindung des Feurigen mit dem Wässrigen. Sie «temperiert» das Wasser, durchdringt das Leben mit Bewusstseinskräften, bringt das Wärmeelement in Verbindung mit dem Kalten und Nassen und führt auf diese Weise zu einer Wiederbelebung von Bereichen in Körper und Bewusstsein, die aus dem Lebensprozess herausgefallen sind.
Der Kapuzinerkresse-Typ kann sich auf der Schattenseite des Lebens wähnen, der Platz an der Sonne ist immer schon besetzt. Er räumt anderen Menschen zu viel Macht ein. Er versteckt sich aber auch gerne hinter dem Rücken eines stärkeren Menschen, geht in seinem Windschatten durchs Leben. Darin steckt auch eine gewisse Feigheit, sich dem Leben zu stellen. Es fehlt ihm die konstante Wärme des gesunden Selbstbewusstseins. Dieser Menschentyp bewundert und beneidet insgeheim den Erfolg des Starken. Erfährt in seinem Kielwasser mit und identifiziert sich mit dem Erfolgreichen. Selbst traut er sich nicht zu, seine Ideen der Welt zu präsentieren, obwohl viel Kreativität in ihm steckt. In seinem innersten Wesen weiß er um seinen Wert, aber es fehlt ihm der Mut, die Charakterstärke, das Charisma, damit nach außen zu treten. Der geschilderte Menschentyp kann zu chronischen Infektionen (z.B. der Harnwege) neigen. Kapuzinerkresse unterstützt ihn in der Freisetzung von Wärmekräften.»
Botanik
Die Grosse Kapuzinerkresse, Tropaeolum majus L., ist in Mitteleuropa eine einjährige, nicht winterharte Pflanze. Sie stammt eigentlich aus den wärmeren Gebieten Südamerikas, ist aber heute in Mitteleuropa vielfach als Zier- oder Nutzpflanze verbreitet. Auffallend an ihr sind zunächst die grossen, leicht fleischigen Blätter. Deren charakteristische kreisrunde, schildartige Blattform entsteht dadurch, dass der Blattstiel in der Mitte der Blattspreite ansetzt und nicht unten am Blatt. Das Blatt selbst ist aufgrund seiner Struktur wasserabweisend, weshalb Regenwasser schnell abperlt. Die ganze Pflanze ist sehr «feucht» und hat einen sehr hohen Wassergehalt. Die Kapuzinerkresse überwächst mit ihren Ranken, die mehrere Meter lang werden können, rasch freien Boden und bedeckt diesen völlig. Ab etwa Juni bis in den Oktober hinein entstehen erst einzelne, dann aber immer mehr der leuchtenden, grossen gelb, rot oder orangefarbenen Blüten. Diese stehen oft unter den schildförmigen Blättern und werden dadurch von diesen bedeckt. Kostet man die Blätter oder auch die Blüten der Pflanze wird man feststellen, dass beide Teile ein sehr intensives, scharfes Aroma haben.
Verwendung
Die Kapuzinerkresse, Tropaeolum majus L., hat eine antimikrobielle Wirkung und wird zur unterstützenden Behandlung von Infektionen der ableitenden Harnwege und Katharren der oberen Luftwege eingesetzt. Das Lehrbuch der biologischen Heilmittel von Dr. med. Gerhard Madaus nennt chronische Bronchitis als das Hauptanwendungsgebiet. Die pharmakologischen Eigenschaften stützen sich dabei insbesondere auf die Wirkung der Benzylsenföle.
Inhaltsstoffe
Tropaeolum majus L. enthält Senfölglucoside. Der Zuckerteil der Senfölglucosiden kann durch die pflanzlichen Enzyme (Myrosinasen) abgespalten werden, wobei die typischen wasserdampfflüchtige stechend riechende und scharf schmeckende Isothiocyanate freigesetzt werden. Des Weiteren sind Polyphenole und Carotinoide enthalten.
Referenzen
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- BGA/BfArM (Kommission E). Tropaeolum majus (Kapuzinerkresse). Bundesanzeiger 162, (1992).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis Band 5 Drogen P-Z. (Springer Verlag Berlin Heidelberg, 1994).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.

KORIANDER
Coriandrum sativum L.
Botanik
Coriandrum sativum L., der Koriander, ist eine einjährige Pflanze, die bis zu 80 cm hoch wird. Der Koriander gehört zur Familie der Doldenblütler (Apiaceae). Zu dieser Pflanzenfamilie gehören vor allem viele duftende Heil- und Gewürzpflanzen. Von einem starken Duft, der nicht jedermanns Sache ist, ist auch der Koriander geprägt. Nach der Aussaat bildet die Pflanze erst Grundblätter, die aber rasch absterben. Sein aufstrebender, hohler, Stängel trägt dann gefiederte Laubblätter, beides kann sich während der Blütezeit manchmal rötlich verfärben.
Die Pflanzen blühen von Juni bis Juli und bilden langgestielte Blütendolden aus. Die Blüten wären relativ klein und unscheinbar, wären da nicht die grossen weissen oder rosafarbenen Blütenblätter der Randblüten. Diese sind stark vergrössert und heben so die Blüten deutlich über von dem Hintergrund aus Stängeln und Blättern ab. Koriander ist eine sehr beliebte Bienenweide.
Verwendung
Koriander wird bei dyspeptischen Beschwerden wie Appetitlosigkeit, Bauchkrämpfen, Blähungen und sonstigen Beschwerden des Verdauungstakts eingesetzt. Zudem ist der Koriander ein Bestandteil von Ausleitungskuren. Präparate aus Coriandrum sativum L. wurden eingesetzt um Schwermetalleinlagerungen aus dem Körper zu entfernen. Während klinische Studien zur Wirksamkeit von Koriander zur Schwermetallausleitung fehlen, gibt es aus wissenschaftlichen Arbeiten Hinweise, das Koriander Schwermetalle binden und deren Aufnahme, sowie auch deren toxischen Effekte reduzieren kann.
Inhaltsstoffe
In den Früchten des Korianders findet man ätherisches Öl. Des Weiteren findet man Phenolcarbonsäuren, Zucker, Proteine und fettes Öl. Charakteristische Bestandteile des ätherischen Öls sind das Tridecen-(2)-al, welches in der unreifen Pflanze einen grossen Teil des wanzenartigen Geruchs zu verantworten hat. Der Hauptbestandteil des ätherischen Öls in den Früchten ist hingegen das blumig riechende Linalool.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Hänsel, R., Keller, K., Rimpler, H. & Schneider, G. Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis Band 4 Drogen A-D. (Springer-Verlag, 1992).
- BGA/BfArM (Kommission E). Coriandri fructus (Koriander). Bundesanzeiger 173, (1986).4. Omura, Y. Significant Mercury Deposits in Internal Organs Following the Removal of Dental Amalgam, & Development of Pre-Cancer on the Gingiva and the Sides of the Tongue and Their Represented Organs as a Result of Inadvertent Exposure to Strong Curient Light (Used . Acupunct. Electro-Therapeutics Res., Int. J. 21, 133–160 (1996).
- Omura, Y. Role of Mercury (Hg) in Resistant Infections & Effective Treatment of Chlamydia Trachomatis and Herpes Family Viral Infections (and Potential Treatment for Cancer) by Removing Localized Hg Deposits with Chinese Parsley and Deliverung Effective Antibiotics. Acupunct. Electro-Therapeutics Res., Int. J. 20, 195–229 (1995).
- Aga, M. et al. Preventive effect of Coriandrum sativum (Chinese parsley) on aluminum deposition in ICR mice. J. Ethnopharmacol. 77, 203–208 (2001).
- Karunasagar, D., Balarama Krishna, M. V., Rao, S. V. & Arunachalam, J. Removal and preconcentration of inorganic and methyl mercury from aqueous media using a sorbent prepared from the plant Coriandrum sativum. J. Hazard. Mater. B 118, 133–139 (2005).
- Ren, H., Jia, H., Endo, H. & Hayashi, T. Cadmium detoxification effect of Chinese parsley coriandrum sativum in liver and kidney of rainbow trout oncorhynchus mykiss. Fish. Sci. 75, 731–741 (2009).
- Abascal, K. & Yarnell, E. Cilantro-culinary herb or miracle medicinal plant? Altern. Complement. Ther. 18, 259–264 (2012).
- Nishio, R., Tamano, H., Morioka, H., Takeuchi, A. & Takeda, A. Intake of Heated Leaf Extract of Coriandrum sativum Contributes to Resistance to Oxidative Stress via Decreases in Heavy Metal Concentrations in the Kidney. Plant Foods Hum. Nutr. 74, 204–209 (2019).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil

KÜCHENZWIEBEL
Allium cepa L.
Botanik
Die Küchenzwiebel, Allium cepa L., gehört zur Familie der Liliengewächse (Liliaceae). Sie ist eine mehrjährige Pflanze, die bis 120 cm hoch werden kann. Unter der Erde bildet die Pflanze eine bis 10 cm gross werdende, fleischige Zwiebel mit weissen, gelbbraunen oder toten trockenen Häuten aus. Aus der Zwiebel treibt ein röhriger Blütenschaft, der unterhalb der Mitte am dicksten ist. Die Blätter sind röhrig aufgeblasen und von blaugrüner Färbung. An der Spitze des Stängels bilden sich die grünlich-weissen Blüten die in einer kugeligen Dolde angeordnet sind. Der Blütenstand ist dicht mit Blüten besetzt und hat einen Durchmesser von bis 10 cm. Die Blüten schmücken die Pflanze ab Juni bis in den August hinein.
Verwendung
Zwiebeln werden als Lebens- und Arzneimittel genutzt. Die appetitanregende und reinigende Eigenschaft sowie die Anwendung der Zwiebel bei Augenleiden, Schwerhörigkeit und bei schlechtem Haarwuchs sind bereits in der altertümlichen Volksheilkunde bekannt. In der Phytotherapie gehören heute die Appetitlosigkeit und die Vorbeugung altersbedingter Gefässveränderungen zu den in der Fachliteratur beschriebenen Anwendungsgebieten. Homöopathisch wird die Zwiebel aufgrund der hervorgerufenen Leitsymptome bei Fliessschnupfen, Entzündungen der Atemwege, Blähungskoliken und Nervenschmerzen eingesetzt.
Inhaltsstoffe
Speziell für die Küchenzwiebel ist der verhältnismässig hohe Gehalt an freien Hydroxybenzoesäuren (hauptsächlich Protocatechusäure) in der braungelben Schale. Weitere typische Inhaltsstoffe sind schwefelhaltige Verbindungen wie das Alliin, ätherisches Öl und Flavonoide.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Kommission E. Allii cepae bulbus ( Zwiebel ). Bundesanzeiger 50, (1986).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- BGA/BfArM (Kommission D). Allium cepa (Cepa). Bundesanzeiger 86, (1994).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Allium cepa L., bulbus. EMA/HMPC/347195/2011 (2012).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil




LAVENDEL
Lavandula angustifolia MILL.
WESEN: Klärung, Reinigung, Transzendenz
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Lavendel, eine mediterrane Bergpflanze, gehört zur Familie der Lippenblütler (Labiatae), aus der auch viele andere Duft- und Gewürzpflanzen stammen. Die weiten, blauvioletten Lavendelfelder in den Berggebieten der Provence besitzen eine magische Anziehungskraft. Hat sich hier ein Stück Himmel mit der Erde verbunden? In einem duftenden Lavendelfeld fühlen wir uns durchstrahlt von einer stillen, reinen Energie.
Der Blütenstand des Lavendels ist ganz aus der Sphäre der Blätter herausgehoben. Dicht aneinander gereiht umfassen die Blüten das Ende der aufrechten Zweige und entziehen – wenn viele Pflanzen zusammenstehen – die schmalen Blätter unserem Blickfeld. Dies führt dazu, dass kurz vor und zum Zeitpunkt der Blüte das Licht der Sonne nur noch abgeschwächt bis zur vegetativen Sphäre der Blätter hindurchdringen kann; die Pflanze ist ganz zur Blüte geworden und gibt sich der Luft des Himmels hin.
Wie sind nun die einzelnen Blütenquirle im Blütenstand angeordnet? Nachdem der Zweig die Blätter schon etwas überragt, beginnt sich der Blütenstand mit einem kleinen, den Stengel umfassenden Blütenquirl anzukündigen. Nach einem Abstand kommt ein zweiter Quirl, und nach einem weiteren, kürzeren Abstand tritt der volle Blütenstand in Erscheinung. Die Blütenwirkung kündigt sich stufenförmig an – in einer Art Blütenleiter mit sich verkürzenden Stufen. Haben Sie schon einmal Lavendelblüten aus der Apotheke genau betrachtet? Wer über botanische Grundkenntnisse verfügt, erkennt, dass es sich hierbei mehrheitlich um Blütenkelche handelt. Die ovalen Kelche haben die gleiche tiefe Farbe wie die Blüten, darum fällt die «Unstimmigkeit» nicht sofort auf. Es gehört zur Besonderheit des Lavendels, dass er kurz vor oder zu Beginn der Blütezeit geerntet wird und dass somit die Mehrheit der «Lavendelblüten» noch im Knospenstadium sind. Dies hat einen Grund: Entgegen der Regel, dass der Duft- und Wirkstoffgehalt von Blütendrogen zum Zeitpunkt der vollen Blüte am höchsten ist, finden wir bei der Lavendelblüte die grösste Heilkraft zu Beginn der Blüte. Der ovale Blütenkelch ist wie ein Gefäss. Die fünf Kelchblätter sind vollständig verwachsen, und vier der fünf Kelchblattzähne sind kaum mehr vorhanden. Der fünfte Kelchblattzahn ist jedoch erweitert und bildet eine herzförmige Lippe, die sich über die Öffnung des Kelchgefässes legt (mit Lupe erkennbar). Diese Lippe öffnet sich sofort, wenn die Blütenkrone aus dem Kelch hervordrängt. Eine wunderschöne Signatur: ein eiförmiger Kelch mit einem kleinen Deckelchen. In der Entwicklung des Lebens folgt auf das Keimen des Samens die Entfaltung und das Wachstum, dann die Blüte und die Fortpflanzung, später das Verblühen, die Fruchtreife und schliesslich das Verwelken und Absterben, um dann einem neuen Kreislauf Raum zu geben. Der Höhepunkt des natürlichen Lebens wird in der vollen Blüte gesehen. Aber erst wenn diese verblüht, kann sich daraus eine Frucht, ein Keim für neues Leben entwickeln. Der Lavendel hat seinen Höhepunkt nicht wie üblich zur Zeit der vollen Blüte, sondern etwas davor. Es scheint, als wolle der Lavendel noch auf eine andere Entwicklungsmöglichkeit als diejenige des natürlichen, biologischen Kreislaufs hinweisen. Eine seelische Höherentwicklung – soll sie zu echter Weisheit im Alter heranwachsen – muss zu einem Zeitpunkt beginnen, wo der Mensch noch über seine volle Vitalität verfügt. Transzendenz kommt auch in der Blütenfarbe Violett zum Ausdruck.»
Wesen
«Lavendel ist eine große »Seelenpflanze«, deren Bedeutung schon seit Jahrhunderten intuitiv verstanden wird. Dies bringt der botanische Name zum Ausdruck, der vom lateinischen lavare, waschen, stammt. Diese Reinigung ist aber nicht nur stofflich, sondern vor allem seelisch zu verstehen.
Lavendel wirkt klärend und beseelend. Er reinigt das Seelengefäß und bereitet Raum für subtilere und höhere Werte. Die Klärung bringt Ruhe und Nervenkraft. Dies erleichtert einerseits die Bejahung des persönlichen Schicksalswegs und fördert andererseits die Aufnahmebereitschaft für die Anforderungen der nächsten Stufe.
Lavendel hat die Kraft, den Menschen aufzurichten und die Seele zu öffnen. Er bringt seelische Klarheit, innere Ruhe und lenkt das Bewusstsein auf Lebensbereiche oder Beziehungen, die zu bereinigen sind, in denen Klarheit geschaffen werden soll. Menschen, die immer wieder seelische Krisen erleben, das heißt, in Kraft, Mut und Lebenswillen vorübergehend geschwächt werden, gibt Lavendel den Anstoß und die Möglichkeit, eine Hülle zu bilden. Die richtige Einschätzung seiner selbst und von anderen wird möglich. Lavendel hilft in Lebenskrisen und Übergangssituationen, als mütterliches Wesen nimmt er den Menschen liebevoll an die Hand und führt ihn über Hindernisse und durch Schwierigkeiten hindurch. Das Vertrauen in die umsichtige Führung ermöglicht es, in schwierigen Situationen zu bestehen und sich neuen Aufgaben und Herausforderungen zu öffnen.»
Botanik
Wer kennt ihn nicht, den Echten Lavendel, Lavandula angustifolia MILL.? Er gehört zur Familie der Lippenblütler (Lamiaceae) und stammt eigentlich aus dem Mediterrangebiet. Heute ist Lavendel jedoch in weiten Teilen Europas verbreitet, weil er vielerorts angepflanzt wurde. Der Lavendel ist ein aromatisch riechender Halbstrauch, der bis 60 cm hoch werden kann. Er bildet eine tiefgehende und starke Pfahlwurzel, die 3 bis 4 Meter in den Boden vordringen kann. Seine aufsteigenden und aufrechten Stängel sind vierkantig, wie es typisch für einen Lippenblütler ist. Sie verholzen im unteren Bereich, sind stark verästelt und reich beblättert. Die Blätter sind linealisch geformt, ganzrandig und am Rande leicht nach unten umgerollt. Blatt und Stängel weisen nur einen schwachen Geruch auf. Der intensive und so bekannte Lavendelduft entstammt den oberen Bereichen der Pflanze, aus dem Blühhorizont. Im Gegensatz zu anderen Mitgliedern der Familie sind die blauvioletten Blüten des Lavendels nicht in den Blattachseln angelegt, sie stehen stattdessen in Scheinähren zusammen. Diese erheben sich weit aus dem Blattbereich der Pflanze, erscheinen regelrecht getrennt von diesem. Lediglich ein einzelnes Hochblattpaar steht direkt unterhalb des Blütenstandes. Die Blüten stehen in einzelnen Wirteln an den Scheinähren zusammen, auffallend ist, dass der unterste Wirtel immer weit abgesetzt steht. Die Blüten haben einen intensiven aromatischen Geruch und bitteren Geschmack. Ihre 10 bis 12 mm lange Blumenkrone entfaltet sich mit der tief zweilappigen Oberlippe und einer weniger stark eingeschnittenen dreilappigen Unterlippe aus dem Kelch. Die Vollblüte dauert beim Lavendel nur wenige Tage, bereits nach kurzer Zeit zeigen sich erste verblühte Blüten. Für Bienen stellt der Lavendel eine sehr gute Nährpflanze dar, er wird daher zur Blütezeit intensiv von ihnen besucht. Das Öl, welches in der Parfümerie intensiv eingesetzt wird, stammt im Übrigen nicht aus der Blüte, sondern aus den Drüsenhaaren des Kelches.
Verwendung
Die Lavendelblüten, Lavandulae Flos, wurden schon von Paracelsus als bewährtes nervenstärkendes Mittel genannt. Die Verwendung des reinen ätherischen Öls von Lavandula angustifolia MILL. ist in der Kosmetik und der therapeutischen Praxis gleichermassen weit verbreitet. Wenn wir an die beruhigende Duftwirkung der Lavendelkissen denken, verwundert es nicht, dass Ein- und Durchschlafstörungen zu den wichtigsten Indikationsgebieten gehören. Als mild wirkendes Sedativum helfen arzneiliche Zubereitungen des Lavendels, die Unruhe des Tages zu überwinden. Neben Schlafstörungen sind pflanzenheilkundlich funktionelle Oberbauchbeschwerden als weiteres Anwendungsgebiet bekannt. Insbesondere, wenn es sich um nervös bedingte Störungen handelt, wie zum Beispiel Reizmagen und Reizdarm. In Kombination mit anderen Heilpflanzen ist aufgrund der entblähenden Wirkung von Lavendel auch ein Einsatz bei Meteorismus möglich. Somit ist Lavendel von der Anwendung ähnlich wie die Melisse ein geeignetes Magen- und Nervenmittel.
Inhaltsstoffe
Die Aromapflanze, Lavandula angustifolia MILL., ist reich an ätherischem Öl. Die Hauptbestandteile des ätherischen Öls sind: Linalylacetat, Linalool, Cineol und Campher. Des Weiteren findet man Cumarine und die für diese Pflanzenfamilie typischen Lamiaceengerbstoffe.
Referenzen
- Wichtl M, Czygan F-C, Frohne D, et al. Teedrogen Und Phytopharmaka. 3rd ed. Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland; 1997.
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Lavandula angustifolia Miller , aetheroleum and Lavandula angustifolia Miller , flos. EMA/HMPC/143183/2010. EMA/HMPC/143183/2010. Published online 2012.
- Madaus G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. Nachdruck. mediamed Verlag, Ravensburg; 1990.
- BGA/BfArM (Kommission E). Lavandulae flos ( Lavendelblüten ). Bundesanzeiger. 1984;228.
- Kalbermatten R, Kalbermatten H. Pflanzliche Urtinkturen. 9th ed. AT Verlag, Aarau, Schweiz; 2018.
- Kalbermatten R. Wesen Und Signatur Der Heilpflanzen. 9th ed. AT Verlag, Aarau, Schweiz; 2016.
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




BÄRLAUCH
Allium ursinum L.
WESEN: Expansionskraft, Dynamik, Macht, Einfachheit
Wesen und Signatur
Signatur
«Der Bärlauch ist ein einfacher Geselle. Man kann die Pflanze lange betrachten und nach irgendwelchen Besonderheiten in der Signatur suchen, man wird vorerst wohl kaum fündig. Die Pflanze hat einfache, lanzettliche Blätter, etwa 12 bis 20 cm lang und 3 bis 5 cm breit. Von oben betrachtet sind die Blätter sattgrün, von unten hellgrün. Die 4 bis 20 Blüten pro Pflanze sind zu einem doldenartigen Blütenstand zusammengefasst und sehen aus wie helle weisse Sterne mit sechs Zacken.
Beeindruckend am Bärlauch ist seine dichte und grossflächige Ausbreitung. Die Massenbestände bedecken im Frühling oft gewaltige Flächen von Laubwaldböden beinahe lückenlos und verbreiten einen intensiv durchdringenden, knoblauchartigen Geruch. Sein Geschmack ist sehr würzig, und die jungen Blätter ergeben eine beliebte Zugabe für Frühlingssalate. Wo der Bärlauch Fuss gefasst hat, bleibt für andere Frühlingspflanzen kaum mehr Raum. Kein anderes Kraut unserer Wälder hat eine dermassen flächendeckende vegetative Ausbreitungskraft, und kein anderer Duft ist dermassen dominierend wie der Bärlauchduft. Der Bärlauch hat also ein Erfolgsrezept. Worin besteht dies? Man könnte biochemische Erklärungen heranziehen wie diejenige, dass er bestimmte Substanzen ausscheidet, die das Wachstum anderer Pflanzen hemmen. Doch solche Antworten betreffen nur die Aussenseite der Dinge und werden dem Wesen nicht gerecht.
Immer wieder habe ich beobachtet, wie um Burgen und Ruinen der Bärlauch besonders prächtig gedeiht. Schon bevor ich es begründen konnte, spürte ich, dass das Wesen des Bärlauchs und das, was die Burgen einst verkörperten, etwas Gemeinsames haben. Worin mag die grosse Expansionskraft wohl begründet sein? Tauchen wir noch tiefer in die Signatur der Pflanze ein und betrachten wir ganz genau die Stelle nahe am Boden, wo die Blattstiele angewachsen sind. Wir bemerken, dass etwas mit der Pflanzengeometrie nicht ganz stimmt. Was uns als Blattoberseite erscheint, ist in Wirklichkeit die Unterseite. Der Bärlauch hat die Blattseiten verkehrt. Das kommt so: Die jungen Blätter streben steil nach oben. Ab einer gewissen Grösse kommt das schwerer werdende Blatt in eine überhängende Lage und wölbt sich nach hinten, so dass nun die Unterseite zur Aussenseite des Blattgewölbes wird. Im Bärlauch finden wir also eine Umkehr von Verhältnissen, es werden nicht die richtigen Seiten beachtet. Der Bärlauch breitet sich aus, indem seine Blätter in Wirklichkeit rückwärts gerichtet sind.
Wir fragten nach dem Erfolgsrezept, nun sind wir in der Lage, darauf eine Antwort zu geben. Beobachten wir Menschen, die zu grosser Macht gelangen, werden wir bei vielen feststellen, dass sie ihr Umfeld selektiv wahrnehmen. Sie schöpfen ihre Energie aus Vereinfachungen, indem sie gewisse Aspekte der Realität ausblenden. Das Gegenbeispiel dazu ist ein echter Philosoph, der nach der Wahrheit sucht. Sein Weltbild ist differenziert. Doch daraus würde er niemals die Kraft schöpfen können (abgesehen davon, dass er es gar nicht wollte), um zu Macht zu gelangen. Macht im äusserlichen Sinne (es gibt auch geistige Macht, die nichts damit zu tun hat) kann nur derjenige erlangen, der es mit der Wahrheit nicht immer genau nimmt, die Tatsachen (unbewusst oder bewusst) vereinfacht und damit oft umdeutet. Die ganze Energie wird zur Ausbreitung aufgewendet und nicht zur differenzierten Betrachtung der Realität. Es werden wechselnde Bündnisse geschlossen, je nach dem augenblicklichen Nutzen, ohne Rücksicht auf Gerechtigkeit und die Interessen anderer. Dass viele, die im Weg stehen, verdrängt und ungerecht behandelt werden, kümmert den Eroberer wenig, denn seine Expansionskraft und seine Erfolge geben ihm Recht und lassen ihn glauben, dass sie der Lohn für gerechte Taten seien. Obwohl vorwärts schreitend, ist seine Ausrichtung rückwärts gerichtet. An seinem breiten Rücken prallt alles ab. Und so fehlt ihm die Wahrnehmung für die Opfer, die er auf seinem Feldzug überrennt.
Trotzdem hat diese Wesensart auch positive Auswirkungen, denn sie ist ein Teilaspekt des praktischen Lebens, ohne den wir nicht auskommen. Die Vereinfachung und selektive Wahrnehmung ist in vielen Situationen angebracht. Wer immer nur eine absolut philosophische, differenzierte Betrachtungsweise anwendet, kommt bei vielen Aufgaben des praktischen Lebens nicht vom Fleck, weil alles ein Dafür und Dawider hat. Deshalb kann uns die Wesensart des Bärlauchs hilfreich sein, ohne dass wir darum befürchten müssen, zum Machtmenschen zu werden.»
Wesen
«Wenn der Bärlauch sich mit seinem intensiven Geruch im Frühling in den Wäldern ausbreitet, setzt er durch seine kraftvolle Gegenwart Siegeskräfte frei. Der Bärlauch ist ein äußerst machtvoller, durchdringender Frühlingsbote. Er besitzt eine ungeteilte Expansionskraft. Das Wesen dieser Pflanze symbolisiert einen Menschen, dessen Lebenskraft ganz in den Dienst der Ausbreitung und Machtentfaltung gestellt ist. Das Denken ist klar und einfach und primär auf das einmal gesetzte Ziel gerichtet. Was zur Erreichung dieses Ziels nützlich und praktisch ist, wird auch als richtig und wahr betrachtet. Obwohl der Wahrheit dabei manchmal Gewalt angetan wird und man einer komplexen Situation oft nicht gerecht wird, hat dies den Vorteil, dass die ganze Lebenskraft in eine fruchtbare Tatkraft umgesetzt werden kann und nicht durch ein zu stark differenzierendes Denken geschwächt wird. Das strukturierende Denken wird also der Lebenskraft untergeordnet. Es beschäftigt sich nicht mit der Frage nach dem, was an sich richtig ist, sondern mit dem, was nützlich und vorteilhaft ist.
Aus dieser Wesenskraft ergibt sich die große Heilkraft dieser Frühlingspflanze. Häufig dominieren beim modernen Menschen die strukturierenden Kräfte, und es kommt in der Folge davon zu sklerotischen Tendenzen im Gefäßsystem, zu Verhärtungen und Erstarrung von Gewebe und Gelenken. Der Bärlauch löst diese Tendenzen mit seiner durchdringenden Frühlingslebenskraft. Er versorgt die Blutzirkulation mit neuer Energie, regt die Willenskraft und den Tatendrang an. Bärlauch überwindet die durch Winter und Kälte symbolisierten Stauungs- und Verhärtungstendenzen in Körper und Seele.»
Botanik
Wer kennt ihn nicht, den Bärlauch (Allium ursinum L.), der zu den Liliengewächsen (Liliaceae) gehört? Er ist in Mitteleuropa heimisch und wächst gerne auf nährstoffreichen und mässig feuchten Böden in Laubwäldern. Dort tritt er flächendeckend und in großen Gruppen auf. Im Frühjahr treibt er aus einer Zwiebel seine 2 bis 3 elliptisch-lanzettlichen Laubblätter aus. Diese werden bis zu 20 cm lang. Die Blätter riechen stark und intensiv nach Knoblauch, so kann man einen Bärlauch-Bestand im Wald bereits aus der Ferne riechen. Bei seinen Blättern zeigt uns der Bärlauch etwas Besonderes: Das, was wir als Blattoberseite sehen, ist in Wahrheit die Blattunterseite und umgekehrt. Die Blätter des Bärlauches sind also gewendet! Ende April bis Mai schiebt sich dann ein unbeblätterter Stängel aus der Zwiebel, an dessen Spitze die weissen, sternförmigen Blüten erscheinen. Nach der Blühphase sterben die oberirdischen Teile der Pflanze rasch ab und treiben erst im nächsten Frühjahr aus der Zwiebel wieder aus.
Verwendung
Bärlauch, ist wahrscheinlich bereits seit Jahrtausenden als Lebensmittel und Medizin bekannt. Hinweise über die Verwendung des Bärlauchs findet man aus der Steinzeit, bei den alten Römern, beim griechischen Arzt Dioscorides, im Mittelalter und weiteren bekannten Kräuterkundigen wie Lonicerus. Seit langer Zeit wird der Bärlauch als magen- und blutreinigendes Mittel geschätzt. Ein typisches Anwendungsgebiet des Bärlauchs sowohl in der Homöopathie als auch in der Pflanzenheilkunde ist die Verdauungsschwäche. Des Weiteren findet der Bärlauch Gebrauch bei Erkrankungen der Atemwege und wird auch äußerlich unterstützend zur Wundheilung und Hautleiden eingesetzt. Die Verwendung des Bärlauchs in der Küche als Pesto und insbesondere als Frischpflanzensaft für Frühjahrskuren hat sich in der alpenländischen Volksmedizin bis heute durchgehend erhalten. Auch als Nahrungsergänzungsmittel ist der Bärlauch in heutiger Zeit erhältlich. Aus Sicht des Schweizer Kräuterpfarrers Johann Künzle ist der Bärlauch eine «der stärksten Medizinen». Lonicerus schreibt dem Bärlauch die gleichen Eigenschaften und Wirkungen wie dem Knoblauch zu, stufte den Bärlauch jedoch übergeordnet ein. Diese Sichtweise wird bis in die heutige Zeit hinein vertreten. Heute haben sich hauptsächlich zwei Anwendungsgebiete durchgesetzt. Zum einen dient Bärlauch als wertvolles Blutreinigungsmittel, was auch die begleitende Anwendung von Allium ursinum L. zur Vorbeugung von kardiovaskulären Erkrankungen und damit in Verbindung stehenden Beschwerden erklärt. Zum anderen wird Bärlauch als Reinigungsmittel für Magen und Darm genutzt.
Inhaltsstoffe
Bärlauch ist im Geruch dem Knoblauch sehr ähnlich. Hauptverantwortlich dafür sind die schwefelhaltigen Stoffe (z.B. Vinylsuflid). Des Weiteren findet man typischerweise phenolische Stoffe und Steroidglycoside.
Referenzen
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Sobolewska, D., Podolak, I. & Makowska-Wąs, J. Allium ursinum: botanical, phytochemical and pharmacological overview. Phytochem. Rev. 14, 81–97 (2015).
- BGA/BfArM (Kommission D). Allium ursinum. Bundesanzeiger 22a, (1988).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.




BIRKE
Betula pendula
WESEN: Qualität, Ästhetik, Polarität von Leben und Tod
Wesen und Signatur
Signatur
«Welches Kind kennt sie nicht, die Birke, den einzigen Baum mit weisser Rinde? Weiss ist die Farbe der Reinheit, der Unberührtheit, des Brautkleids. Es ist die Farbe der Verheissung, denn das weisse Licht kann sich teilen in die fundamentalen Farben des Regenbogens. Weiss ist keine seltene Farbe im Pflanzenreich, es gibt zahlreiche schöne weisse Blüten. Der Begriff blütenweiss gilt als Synonym für höchste Reinheit. In der weissen Blüte begegnet uns ein Bild verheissungsvollen jungen Lebens. Ansonsten finden wir die weisse Farbe vor allem in der unbelebten Natur, wie zum Beispiel im Schnee. Der Anblick einer frisch verschneiten Landschaft berührt uns feierlich. Wir spüren die Reinheit, Frische und Erneuerung, die von der sanften, im Sonnenschein glitzernden Schneedecke ausgehen. Doch es wäre ein voreiliger Schluss, das Wesen der Birke – wegen ihrer weissen Rinde – mit Reinheit zu bezeichnen. Bevor wir die Bedeutung der weissen Birkenrinde deuten können, müssen wir das Wesen der üblicherweise braunen Rinde verstehen. Wenn wir einen Apfel aufschneiden und an der Luft stehen lassen, verfärbt er sich braun; die lebensabbauenden Oxidationsprozesse ergreifen die verletzten Zellen an der Schnittstelle des Apfels. Braun begleitet im Pflanzenreich immer den Abbau. Die Rinde ist braun wie die Erde, der Humus und besteht aus abgebautem Pflanzenmaterial, das nicht mehr von den Lebenssäften durchströmt wird. Die Rinde hat also eine wesenhafte Verwandtschaft mit der Erde. Beide befinden sich auf dem Weg von lebendiger Substanz zu mineralischer Substanz. Heisst dies nun, dass die weisse Birkenrinde noch blütenhaft und nicht erdhaft abgebaut ist? Nein, im Gegenteil. Denn schreitet der Abbauprozess weiter, entsteht als letzte Stufe das Mineral, die reine weisse Asche. In der Birke sehen wir einen Baum, dessen Rinde die vollständige Auflösung des Lebendigen symbolisiert, den Tod. Damit kommen wir zu der anderen Bedeutung von Weiss, wie sie vor allem in östlichen Kulturen erkannt wird, als Farbe der Trauer und des Todes. Jetzt erst haben wir ein vollständiges Bild dieser Farbe, denn in ihr liegt die Polarität des Anfangs und des Endes des Lebenskreises, der Verheissung des Lebens und des Todes. Scheinbar ferne Gegensätze liegen in Wirklichkeit nahe beieinander, denn sie werden durch die immerwährende Bewegung des Lebens zum Kreis geschlossen. Zwischen diesen Polen – beide symbolisiert durch Weiss – spannt sich die Lebenskraft, die uns bewegt. Das Wesen der lebendig kreisenden Bewegung ist es also, was uns in der Birkenrinde symbolhaft begegnet. Leben heisst Bewegung, Veränderung, Flexibilität. Die Birke ist ein äusserst beweglicher Baum. Besonders bei der Hängebirke – welche die arzneilich verwendeten Blätter liefert – sehen wir eine tänzerische Anmut der Bewegung, wenn der Wind durch ihre Zweige fährt. Die Zweige sind fein und elastisch, deshalb bedient man sich ihrer auch zur Herstellung von Reisbesen und Ruten. Im Frühling sind die Birken reich durchströmt von einem Überfluss an lebenserweckendem Saft, der oft zur Entschlackungskur getrunken wird. (Das zu diesem Zweck erforderliche Anzapfen der Birken sollte nur von Fachleuten vorgenommen werden, um den Baum nicht zu schädigen.) Die Birkenblätter verbreiten einen besonders lieblichen, süsslichen Duft, der unsere Seele mit Verjüngungskräften durchströmt.»
Wesen
«Die Birke vereint in sich die Gegensätze von Leben und Tod. Sie trägt Zeichen jung strömenden Lebens ebenso wie solche des Abbaus und der Mineralisierung. Wie ist es der Birke möglich, eine solch große Spannweite zu umfassen? Sie wurde in den Mythen oft als anmutig tanzende Jungfrau mit goldenem Haar dargestellt (Betula bedeutet hebräisch junges Mädchen). In der geschmeidigen Bewegung der Zweige im Wind, im goldgelben Frühlings- und Herbstkleid und in der reinweißen Rinde können wir diesen Vergleich nachempfinden. Tanz ist Rhythmus, Schwingung, Vibration. Anmutiger Tanz, ästhetische Gestalt, Ausstrahlung ist ein Bildnis von reiner Qualität, von Seelenkraft, die alle Gegensätze vereint. Es ist das seelische Prinzip, welches das Geistige mit der Materie verbindet, das Tote zum Leben erweckt und zwischen den größten Polaritäten vermittelt. Das Wesen der Birke ist Qualität. Unter dem Einfluss dieses Baumes empfindet die Seele Farben leuchtender, Töne klangvoller, Düfte aromatischer. In seinem Wirkungsbereich erscheinen Gestalten lebendiger, unsere Sinne werden befähigt, Ästhetik und Harmonie zu erschauen. Birkenblättertinktur ist das angezeigte Mittel, wenn die Welt als matt und grau empfunden wird, wenn man von Kräften der Erstarrung und Kälte zu sehr umklammert wird. Lässt der jugendliche Schwung in den Gedanken und Gefühlen nach, geht die Freude an der körperlichen Bewegung verloren, dient die Birke als reich fließender Quell neuer Kräfte. Die Birke erreicht aber auch den gegensätzlichen Menschentyp, der zu leichtfüßig, zu tänzerisch durchs Leben geht. Den Menschen, dem das Leben eine Bühne zur Selbstdarstellung ist, der tiefe Bindungen scheut, der wie ein Schmetterling nach der Süße des Lebens hascht und dessen herbe Seiten verdrängt. Durch sein unverbindliches Verhalten hat er keinen tiefen Anteil am gemeinschaftlichen Band der Freundschaft und des Interesses, das die Menschen verbindet. Verbindung und Freundschaft wird im Organsystem von den Nieren repräsentiert. In der Aktivierung der Nierentätigkeit durch Betula erhalten solche Menschen die Möglichkeit, sich tiefer mit dem Leben und den Menschen zu verbinden.»
Botanik
Die Hängebirke (Betula pendula Roth) (Familie: Betulaceae Birkengewächse) ist ein Baum, der bis zu 30 m hoch werden kann. Birken sind sehr raschwüchsig und stellen oft die ersten Bäume die einen Landstrich besiedeln. So hat die Birke als einer der ersten Bäume nach den Eiszeiten Mitteleuropa wieder besiedelt. Heute kommt sie bevorzugt an Ufern von Gewässern, in Mooren und als Bestandteil von feuchten Wäldern vor. Ihr Stamm wird im Frühjahr intensiv von Säften durchströmt. Die Rinde junger Bäume ist schneeweiß und schält sich in horizontalen Streifen ab. Bei den älteren Bäumen weist vor allem der untere Stammteil eine rissige und wulstige Rinde auf, weiter oben ist sie hingegen glatt und weiß oder gelblichweiß. Die Äste der Birke stehen spitz winklig ab und sind stark überhängend. Die jüngsten Triebe weisen oft zahlreiche Harzdrüsen auf. Ihre Blätter sind im Umriss 3-eckig mit lang ausgezogener Spitze. Anfangs sind die Blätter sehr weich, dicht drüsig punktiert und klebrig. Hängebirken blühen in den Monaten April bis Mai mit kätzchenartigen Blütenständen, jedes Kätzchen kann mehrere Millionen Pollenkörner produzieren, die sehr weit verbreitet werden können. Eine Altbirke produziert auch mehrere Millionen Samen, die aber nur sehr kurzlebig sind. Die Birke vereint so überquellendes Leben und den Tod.
Verwendung
Die Blätter der Birke werden in der Pharmazie frisch oder getrocknet in Form von Kräutertees, pulverisiert oder zur Herstellung von Trocken- oder Fluidextrakten verwendet. Der Schwerpunkt der Wirkung der Birkenblätter liegt vorrangig auf einer Steigerung der Diurese bzw. Aquarese. Deshalb eignen sie sich auch für die Durchspülungstherapie bei bakteriellen und entzündlichen Erkrankungen der ableitenden Harnwege. Die Steigerung der Nierenleistung in Kombination mit ausreichender Flüssigkeitszufuhr kann auch dabei helfen, die Bildung von Nierengriess zu vermeiden. In der naturheilkundlichen Fachliteratur werden Arzneizubereitungen aus Hängebirke „Folia Betulae“ auch zur begleitenden Behandlung von rheumatischen Beschwerden und Hauterkrankungen empfohlen. Dies verwundert nicht, da gerade eine Ausscheidungsschwäche der Niere bei den vorgenannten Krankheitsbildern vielfach eine Mitursache darstellt.
Inhaltsstoffe
Typische Inhaltsstoffe von Betula pendula Roth sind Flavonoide, wie Hyperosid oder Glykoside des Quercetins. Darüber hinaus sind Triterpenester, Phenolcarbonsäure und Ascorbinsäure enthalten. Auch Mineralien sind nachweisbar, darunter vor allem Kaliumtartrat. In den Birkenblättern finden sich auch kleine Mengen ätherischen Öls.
Referenzen
- Hänsel, R. & Steinegger, E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. (Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland, 2015).
- Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Betula pendula Roth and/or Betula pubescens Ehrh. as well as hybrids of both species, folium. EMA/HMPC/5, (2014).
- BGA/BfArM (Kommission E). Betulae folium ( Birkenblätter ). Bundesanzeiger 50, (1986).
- Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
- Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil