HIRTENTÄSCHEL

Capsella bursa-pastoris (L.) Medik. 

WESEN: Bewahren, Einschränken, Umfassen der Lebenskraft

Wesen und Signatur

Signatur

«Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich Signatur und Wesen des Hirtentäschels verstanden habe. Während Jahren habe ich sie immer wieder intensiv studiert, um ihr Geheimnis zu ergründen. Die Signaturenlehre ist nichts Schematisches, bei dem man nach bestimmten Regeln vorgehen kann. Es gibt keinen Katalog mit Angaben über die Bedeutungen verschiedener Pflanzenformen. Der erste Schritt ist immer die seelische Verbindung mit einer Pflanze, indem man sich ihrer Ausstrahlung öffnet. Das Hirtentäschel hat mich aber völlig irritiert, weil es die einzige Pflanze war, bei der ich einfach keine Ausstrahlung wahrnehmen konnte. Ich habe die Pflanze stundenlang betrachtet und auch mit dem Mikroskop in allen Varianten untersucht, konnte aber nichts Bedeutsames finden. Bis ich eines Tages erkannte: Das Hirtentäschel hat gar keine Ausstrahlung, sondern es strahlt nach innen. Und dann verstand ich seine Signatur und sein Wesen. In der Elektrotechnik kennen wir Antennen. Sie können elektromagnetische Strahlung empfangen oder ausstrahlen. Dies ist in der belebten Natur genauso. Auch hier gibt es «Antennen», lange Dornen oder Haare zum Beispiel. Sie sind in der Lage und haben die Aufgabe, Strahlung – in diesem Fall Lebensenergie – aufzunehmen oder abzustrahlen. Um eine zielgerichtete Bewegung grafisch zum Ausdruck zu bringen, zeichnen wir einen Pfeil. Die Spitze eines Pfeils zeigt immer in die Richtung der Bewegung oder Strahlung. Auch in der Natur gibt es Pfeile, allerdings viel seltener als Antennen. Ein solches Beispiel ist nun das Hirtentäschel. Betrachten wir einmal die Form der Fruchtschoten. Es sind Pfeile, die nach innen, zur Pflanze hin gerichtet sind. Nach innen gerichtete Pfeile sind eine sehr grosse Ausnahme. Diese Pfeile deuten an, in welche Richtung die Lebenskräfte des Hirtentäschels strömen. Beim Hirtentäschel haben wir also keine Ausstrahlung wie bei allen anderen Pflanzen, die mit ihren ausstrahlenden Kräften nach aussen hin kommunizieren, sondern der Fluss der Kräfte strömt in der Gegenrichtung. Das heisst, das tiefste Wesen dieser Pflanze besteht darin, auch nur den geringsten Verlust an Lebenskraft möglichst zu vermeiden. Aus dieser Wesensart lässt sich die blutstillende Wirkung bestens verstehen, denn Blut ist pure Lebenskraft.» 

Wesen

«Hirtentäschel ist eine Pflanze von intensiv vibrierender innerer Lebendigkeit, die sie jedoch nach außen hin weder durch Farbe noch durch Ausstrahlung zum Ausdruck bringen kann. Es gehört zum Wesen des Hirtentäschels, seine Lebenskräfte zu umfassen und im Innern festzuhalten, um dadurch einen Verlust zu verhindern. Das Wesen dieser Pflanze könnte man als das Gegenteil von charismatisch bezeichnen. Es ist konservativ, also bewahrend und fällt mit ihren Lebensäußerungen nie aus dem Rahmen. Hirtentäschel ist eine Pflanze für Menschen, die sich oft zu stark verausgaben, indem sie aus ihrem persönlichen Rahmen fallen. Den dadurch hervorgerufenen Verlust an Lebensenergie kann man auch mit einer Blutung vergleichen. Capsella bursa-pastoris (L.) Medik. ist also eine Pflanze, die äußerst spezifisch gegen körperliche und seelische Arten des Blutverlustes wirksam ist.»

Botanik

Capsella bursa-pastoris (L.) Medik., das Hirtentäschel, ist eine Pflanze die zu den Kreuzblütengewächsen (Brassicaceae) gehört und etwa 10 bis 70 cm hoch wird. Ihre grundständigen Blätter, die in einer Rosette angeordnet sind, können sehr vielgestaltig hinsichtlich ihrer Grösse und Form sein. Die Stängelblätter hingegen sind deutlich kleiner und lanzettlich geformt. Die Pflanze kann über das ganze Jahr blühen. Ihre langgestielten weissen Blüten stehen zunächst als Knospen gedrängt zusammen und strecken sich dann während des Erblühens und Fruchtens in die Länge. Die Blüten sind weiss gefärbt und nur 2 bis 3 mm lang, sie bestäuben sich vorwiegend selbst. Die charakteristischen Früchte der Pflanze sind verkehrt-herzförmig, sie sind mit der Spitze zum Stängel hin angeordnet. Ihre typische Form, die an die Taschen von Hirten erinnert, hat der Pflanze ihren Namen gegeben. Voller Vitalität kann das Hirtentäschel bis zu 4 Generationen im Jahr hervorbringen. Die Samen bewahren diese Vitalität, sie bleiben bis zu 30 Jahre im Boden keimfähig. Das Hirtentäschel besiedelt vor allem Äcker, Brachen und Gärten, man findet es aber auch an Wegrändern.

Verwendung

Bereits Paracelsus kannte das Hirtentäschel und stufte es als «Constrictivum» ein. Dieser Begriff ist lateinischen Ursprungs und bedeutet frei übersetzt, dass es sich um ein «zusammenziehendes Mittel» handelt. Die blutstillende Wirkung von Capsella bursa-pastoris (L.) Medik.ist folglich schon seit Jahrhunderten bekannt und wird in der einschlägigen, naturheilkundlichen Fachliteratur ausführlich beschrieben. Traditionell haben sich vor allem die Zubereitung als Kräuterteeaufguss und die Verwendung von alkoholischen Tinkturen durchgesetzt. Gerade in der Frauenheilkunde kommt das Hirtentäschel regelmäßig zum Einsatz. Insbesondere bei zu starker und zu langer Menstruationsblutung, die in manchen Fällen die Begleiterscheinung von Uterus-Myomen sind. Auch nach der Geburt, nach operativen Eingriffen und bei Nasenbluten kann diese Heilpflanze bei anhaltender Blutungsneigung eingesetzt werden. Je nach Lokalisation der Blutungsbeschwerden wird die innerliche Anwendung (oral) oder die äußerliche Anwendung (topisch) gewählt. Eine weitere traditionelle Form der Anwendung von arzneilichen Zubereitungen aus Hirtentäschel sind Nierenbeschwerden, insbesondere wenn diese mit der Bildung von Konkrementen (Sand, Griess und Steinen) im Urogenitaltrakt einhergehen. 

Inhaltsstoffe

Capsella bursa-pastoris L. enthält Acetylcholin, Cholin, Diosmin, Tyramin, Histamin, Gerbstoffe und ein wenig ätherisches Öl. Weitere Inhaltsstoffe sind Saponine, Flavonoide, Vitamin C und Mineral-salze, darunter vor allem ein hoher Gehalt an Kalium.

Referenzen

  • Madaus, G. MADAUS LEHRBUCH DER BIOLOGISCHEN HEILMITTEL BAND 1-11. (mediamed Verlag, Ravensburg, 1990).
  • Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). Assessment report on Capsella bursa-pastoris ( L .) Medikus , herba (EMA/HMPC/262767/2010). (2011).
  • Kalbermatten, R. & Kalbermatten, H. Pflanzliche Urtinkturen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2014).
  • Kalbermatten, R. Wesen und Signatur der Heilpflanzen. (AT Verlag, Aarau, Schweiz, 2016).

Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil

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