



SALBEI
Salvia officinalis L.
WESEN: Aufnahmefähigkeit, Empfänglichkeit, Yin
Wesen und Signatur
Signatur
«Es gibt Pflanzen mit einem relativ einfachen, klaren Aufbau, die von der Gestalt her keine grossen Besonderheiten erkennen lassen. Dafür haben sie ein Aroma, das sehr tiefgründig ist und einem das Tor zu ihrem Wesen öffnet. Dazu gehört der Salbei, für dessen Aroma das reichlich enthaltene ätherische Öl verantwortlich ist. Der Geruch von Salbei gehört zu den eher seltenen Aromen, deren Wärmecharakter nicht eindeutig festzulegen ist. Ist er nun wärmend oder kühlend? Er passt sich den verschiedenen Situationen an und kann sowohl wärmen als auch kühlen, was ihm die Kraft verleiht, zwischen zwei Welten zu vermitteln. Der Geruch des Salbeis trägt uns wie durch einen Kanal, der die äusseren Schichten des Seins durchdringt, nach innen. Salbei ist keine Pflanze des Lichts. Er steht ganz im Gegensatz zu den Pflanzen, die eine ausgeprägte Beziehung zum Licht haben, wie zum Beispiel Johanniskraut, Ringelblume, Rosskastanie, Augentrost. Wer den Salbei auf die Zunge nimmt, spürt das Wirken einer Wesenskraft, die nach innen, ins Dunkle zieht. Auf diese Weise schafft der Salbei eine Verbindung zwischen aussen und innen, Licht und Dunkel, oben und unten; er stellt ein Gelichgewicht zwischen den Himmels- und Erdenkräften her. Auf der körperlichen Ebene hat die Pflanze einen Bezug zu den Organen, die Substanzen aufnehmen: zum Rachen und zu den weiblichen Geschlechtsorganen. In der Gestalt des Salbeis sehen wir eine Signatur, die der Geruchswahrnehmung völlig entspricht. Wir finden sehr weiche Blätter, die auf der Unterseite graufilzig behaart sind. Sie haben einen sanften, ruhigen, eher kühlen Farbton, der zwischen Blau- und Graugrün liegt. Die Blätter sind wie in einer empfangenden Geste steil nach oben gerichtet. Das neu gebildete, jeweils oberste Blatt jedes Stängels ist zu Beginn ganz eingerollt und bildet so ein senkrecht stehendes Rohr. Später öffnet sich das Blatt, bleibt aber über die ganze Vegetationszeit halbrohrförmig leicht oben eingerollt. Die Blüten der Salbeiarten haben ein charakteristisches Merkmal. Die Staubblätter sind in der Blütenkrone über einen «Schlagbaummechanismus» beweglich befestigt. Wenn eine Biene oder Hummel die Salbeiblüte aufsucht, bewegen sich die oberen Staubfäden nach unten, die Staubbeutel senken sich auf den Körper des Insekts, und der Pollen wird abgestreift. In diesem Mechanismus erkennen wir eine wesenhafte Verbindung zwischen Aufnehmen und Abgeben. Zum Abschluss sei noch erwähnt, dass der botanische Name Salvia vom lateinischen salvare, retten, kommt. Salbei genoss also schon in alten Zeiten eine hohe Wertschätzung als Heil bringende Arzneipflanze.»
Wesen
«Das Wesen des Salbeis unterstützt die Aufnahmefähigkeit und Empfänglichkeit in seelischer und körperlicher Hinsicht. Es besteht ein Zusammenhang zwischen beiden: Eine Halsentzündung und damit verbundene Schluckbeschwerden können auch der körperliche Ausdruck einer psychischen Verfassung sein, in der man bis oben genug hat und nichts mehr schlucken kann. Die menschliche Entwicklung erfordert immer wieder Offenheit gegenüber neuen Impulsen; Wandlungen, Metamorphosen sollen sich vollziehen. Die Angst vor einer Veränderung des Vertrauten, Sicheren wirkt blockierend. Es entsteht eine starke Abwehr gegenüber neuen Impulsen, der Mensch will unbewusst Neuem keinen Einlass mehr gewähren; Entzündungen des Rachens können die Folge sein. Für die Frau beginnt mit dem Eintritt ins Klimakterium eine Lebensphase, in der eine Neuorientierung stattfindet. Ihre Persönlichkeit will erweitert, neue Interessen und Aufgaben müssen gesucht werden. Dabei ist es wichtig, die Empfänglichkeit für Impulse von innen und außen zu fördern. In dieser Situation verstärkt Salbei durch seine Wesenskräfte die Empfänglichkeit auf der seelischen Ebene, welche die nachlassende körperliche Empfängnisfähigkeit zu kompensieren vermag. Frauen in den Wechseljahren schätzen die schweisshemmende Wirkung des Salbeis bei Hitzewallungen. Während der gebärfähigen Lebensphase wird das Gleichgewicht von Yin und Yang durch die Hormonproduktion aufrechterhalten. Aufgrund der verlangsamten Hormonproduktion verändert sich im Klimakterium das Gleichgewicht von Yin und Yang. So kommt es zeitweilig zu einem Wärme- oder Yang-Überschuss. Salbei kann hier kühlend und ausgleichend einwirken.»
Botanik
Salvia officinalis gehört zur Familie der Lippenblütler und ist ein Halbstrauch der zwischen 20 und 100 cm gross werden kann. Er ist ursprünglich eine typisch mediterrane Pflanze, die in Südeuropa, besonders an dürren Kalkhängen beheimatet ist. Der Salbei verholzt in den unteren Teilen, an seinen aufsteigenden, im oberen Bereich mattgrünen und krautigen Stängeln, sitzen seine länglich-eiförmigen Blätter, die bis 7 cm lang und 2 cm breit werden können. Bisweilen tragen diese ein oder zwei Öhrchen am Grund. Seine Blattfläche erscheint oberseits, durch die stark eingesenkte Nervatur, runzelig, unterseits tritt die Nervatur stark hervor. Beim Zerreiben der Blätter sind diese bitter würzig. Der Salbei blüht von Mai bis Juli mit blauen, violetten, manchmal auch weissen Blüten, die intensiv von Insekten besucht werden Die Pflanze überdauert mit im Sommer gebildeten Erneuerungstrieben den Winter.
Verwendung
Schon im frühen Altertum spielte der Salbei eine bedeutende Rolle als Heilpflanze. Salbei wurde unter anderem von Hippokrates, Paracelsus und Hildegard von Bingen beschrieben und fand schon früh Anwendung bei Fieber und akuten Krankheiten, Koliken und bei übermässigem Schweiss. Der Salbei wird heute noch zur Herstellung von Tinkturen und unterschiedlichen Extrakten verwendet. Basierend auf dem langjährigen Gebrauch wird Salbei in der traditionellen Pflanzenheilkunde für die innerliche und äusserliche Anwendung bei entzündlichen Beschwerden im Mund- und Rachenraum, bei dyspeptischen Beschwerden, sowie vermehrter Schweisssekretion eingesetzt. Entsprechende Zubereitungen aus Salbei werden auch nach dem homöopathischen Arzneibild bei Störungen der Schweissbildung eingesetzt. Salbeiblätter werden auch als Lebensmittel zum Würzen von Speisen oder für Teezubereitungen verwendet. Des Weiteren wird über Wasserdampfdestillation aus Blättern des Salbeis das ätherische Öl gewonnen. Dieses wird zur Herstellung von Parfüms und Mundwässern verwendet.
Inhaltsstoffe
Ein typischer Inhaltsstoff des Salbeis ist das ätherische Öl, welches sich aus Thujon, Campher, Cineol, Pinen, Borneol und einer grossen Zahl von weiteren Nebenstoffen zusammensetzt. Des Weiteren findet man Diterpene, Triterpene, aromatische Verbindungen und Polysaccharide.
Referenzen
- Info Flora. Salvia officinalis L. https://www.infoflora.ch/de/flora/salvia-officinalis.html. Accessed March 25, 2020.
- Hänsel R, Steinegger E. Hänsel / Sticher Pharmakognosie Phytopharmazie. 10th ed. (Sticher O, Heilmann J, Zünddorf I, eds.). Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft GmbH, Stuttgart, Deutschland; 2015.
- Madaus G. Madaus Lehrbuch Der Biologischen Heilmittel. mediamed verlag, Ravensburg; 1987.
- Committee on Herbal Medicinal Products (HMPC). European Union herbal monograph on Salvia officinalis L., folium. EMA/HMPC/277152/2015. 2016.
- BGA/BfArM (Kommission D). Salvia officinalis L. Bundesanzeiger. 1986;108 a. https://buecher.heilpflanzen-welt.de/BGA-Kommission-D-Monographien/salvia-officinalis.htm. Accessed March 24, 2020.
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- Kalbermatten R. Wesen Und Signatur Der Heilpflanzen. 9th ed. AT Verlag, Aarau, Schweiz; 2016.
Bilder: Ceres Heilmittel AG, Kesswil.